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Gewalt gegen Polizeibeamte

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.06.2010; Aktuelle Stunde 14b


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion der CDU; Es gilt das gesprochene Wort!

das Phänomen „Gewalt gegen Polizei“ ist ein drängendes innen- und gesellschaftspolitisches Thema. Um mehr Klarheit zu erhalten, hat Niedersachsen bereits vor gut einem Jahr eine eingehende Untersuchung initiiert.

Anlass dafür waren u. a.

- die steigenden Fallzahlen von Widerstandsdelikten gegen Polizeivollzugsbeamte,

- die massiven Übergriffe im Zusammenhang mit den Mai-Krawallen 2009,

- aber auch eine Vielzahl von Erfahrungsberichten zu Gewaltdelikten gegen Polizisten in verschiedenen Bereichen.

Anfang 2010 haben zehn Bundesländer – neben Niedersachsen die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen – das KFN mit einer repräsentativen Polizeibefragung beauftragt.

An der online durchgeführten Befragung haben 22.579 Polizeibeamtinnen und -beamte teilgenommen, 20.938 Fragebögen können wir für die Untersuchung verwerten.

Das KFN hat in einem Zwischenbericht eine erste alle Teilnehmerländer übergreifende Auswertung vorgenommen. Damit haben wir jetzt eine validere Erkenntnisbasis, um mit Maßnahmen gezielt anzusetzen, die dem verbesserten Schutz der Polizei dienen sollen.

Das ist für die Analyse der Sicherheitsbehörden, die kriminologische Forschung, die öffentliche Debatte und die sicherheitspolitische Gestaltung ein wichtiger Schritt nach vorne.

Die Befragung besagt für das Jahr 2009 klar, dass ein erschreckend hoher Anteil der befragten Polizisten in ihrem Dienst schon mehrfach Aggressionen ausgesetzt war. Das reicht von Beschimpfungen (81,9 Prozent) über körperliche Attacken (26,5 Prozent) bis hin zu Angriffen mit Waffen (8,6 Prozent). Im Streifendienst liegen diese Werte sogar noch höher.

Dieses Ausmaß an genereller Aggression spiegelt eine zunehmende Respektlosigkeit gegenüber staatlichen Amtsträgern wider. Die Politik ist daher gefordert, staatlichen Amtsträgern, insbesondere Polizeibeamten in ihrem Dienst, demonstrativ den Rücken zu stärken. Dies gilt in besonderem Maß, wenn die Aggressionsbereitschaft in Teilen der Gesellschaft gegenüber Staatsbediensteten zunimmt.

Besorgniserregend ist, dass schwere Verletzungen (mind. sieben Tage Dienstunfähigkeit) bei Polizeibeamten um 60,1 Prozent im Vergleich von 2005 und 2009 zugenommen haben. Die Übergriffe zeigen in aller Deutlichkeit, welche Risiken Polizisten, gerade in ihrem alltäglichen Dienst, tragen müssen. Das ist für die staatliche Fürsorgepflicht eine besondere Herausforderung.

Die Befunde dokumentieren aber auch, dass unsere Polizisten ihren gesetzlichen Schutzauftrag aktiv wahrnehmen. Das betrifft beispielsweise Einsätze bei häuslicher Gewalt; ein konsequentes Vorgehen gegen randalierende Betrunkene in der Öffentlichkeit; die Schlichtung von Streitfällen in der Öffentlichkeit. Die Risiken gerade in diesen Bereichen sind für Polizisten erheblich.

Bemerkenswert ist, dass für den Zeitraum seit 2007 die besonders schweren Gewalttaten um 28,8 Prozent zurück gegangen sind. Das könnte dafür sprechen, dass die Beamten in den letzten Jahren durch verbesserte Ausrüstung, Schutzkleidung und Ausbildung effektiver als früher vor schweren Verletzungsfolgen geschützt sind.

Die geschilderten Befunde aus der KFN-Befragung zeigen deutlich, dass es einen klaren politischen und operativen Handlungsbedarf gibt, um der Gewalt gegen Polizei konsequent entge-genzutreten.

Kriminalpolitik:

Die Gewaltentwicklung unterstreicht die Notwendigkeit, den strafrechtlichen Schutz von Polizeibeamten, aber auch von anderen staatlichen Amtsträgern nachhaltig zu verbessern. Die Befunde der KFN-Befragung sind eindeutig und erlauben keine weiteren Verzögerungen. Wir müssen jetzt - und nicht irgendwann - ein klares Signal der Abschreckung gegen potenzielle Gewalttäter setzen.

Eine strafrechtliche Novellierung, wie sie die CDU/CSU Bundestagsfraktion anstrebt, ist sichereits- und rechtspolitisch notwendig und begründet.

Der jüngste von der Bundesjustizministerin vorgelegte Gesetzentwurf wird von der Landesregierung im Grundsatz begrüßt.

Leider nicht enthalten sind in dem Gesetzesentwurf der Schutz auch von „normalen“ Dienstverrichtungen, insbesondere von Polizeibeamtinnen und -beamten sowie von Feuerwehrleuten und Rettungskräften im Einsatz.

Auch die Innenministerkonferenz hat sich in der Sitzung am 27./28. Mai 2010 für entsprechende Regelungen ausgesprochen.

Prävention:

Es zeigt sich, auch belegt durch andere Untersuchungen, dass bei Gewaltübergriffen gegen Polizisten Alkoholismus eine ganz erhebliche Rolle spielt. Deshalb müssen wir unsere Präventionsmaßnahmen gegen Alkoholmissbrauch, insbesondere bei Jugendlichen fortführen. Die KFN-Befragung hat außerdem ergeben, dass vor allem von Linksextremisten während Demonstrationen ein erhebliches Gewaltpotenzial gegen Amtsträger ausgeht. Daher muss eine moderne Präventionsarbeit auch die klare Ächtung politisch motivierter Gewalt gegen Polizeibeamte zum Thema machen. Hier gibt es aus meiner Sicht erheblichen Nachholbedarf.

Ich möchte an dieser Stelle Herr Prof. Dr. Pfeiffer (KFN) zitieren, der über die Täter sagte: „Immer jünger, immer betrunkener und – bei politischen Dingen – immer linker.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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erstellt am:
09.06.2010

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