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Zusammenarbeit zwischen Landespolizei und privaten Sicherheitsunternehmen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 28.04.2010; Dringl. Anfr. 14 c


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Dringliche Anfrage der Fraktion der SPD; es gilt das gesprochene Wort!

Die Fraktion hatte gefragt:

Am 16. April 2010 verkündete Innenminister Schünemann den Abschluss eines Vertrages zur Zusammenarbeit zwischen Niedersachsens Polizei und privaten Sicherheitsdiensten in Form der Landesgruppe Niedersachsen im Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen, welche rund 70 % der Unternehmen der Branche vereinigt. Mittels dieser Kooperation soll nach Vorstellung des Innenministers die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen erhöht werden (Hamburger Abendblatt vom 17. April 2010). Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte den Vertragsschluss als "Ausverkauf der Polizei" und betrachtet diesen als "weiteren Baustein der Aushöhlung der hoheitlichen Befugnisse des Staates" (Pressemitteilung der GdP vom 16. April 2010).

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Kooperationsvertrag einerseits für die Polizei und andererseits für die Sicherheitsunternehmen?
  2. Unter Berücksichtigung, dass die privaten Sicherheitsdienste sowohl mit dem Kooperationsvertrag als auch ohne diesen lediglich die sogenannten Jedermannrechte wie Notwehr und Nothilfe ausüben dürfen und zudem - wie jede Bürgerin und jeder Bürger auch - ohnehin gehalten sind, Straftaten der Polizei zur Kenntnis zu geben, worin liegt der konkrete Zuwachs an innerer Sicherheit für Niedersachsen durch den Kooperationsvertrag, und welche konkreten Defizite werden durch welche neuen Rechte und Pflichten hiermit aufgearbeitet?
  3. In welcher Form hat das Innenministerium Vertreter der Polizei sowohl aus deren Führungsebene als auch aus den Gewerkschaften vor Abschluss des Vertrages in den Prozess eingebunden, und wie lautete, soweit dies geschehen ist, die jeweilige Stellungnahme, und wie ist diese in die Entscheidung eingeflossen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Dringliche Anfrage wie folgt:

Im Zuge der Fortschreibung des Programms Innere Sicherheit durch die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder haben die Länder betont, dass im Rahmen von polizeitaktischen und rechtlichen Möglichkeiten Kooperationen mit privaten Sicherheitsdiensten angestrebt werden sollen. Nachdem bereits mehrere Vereinbarungen auf Länderebene mit dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) geschlossen wurden, hat in Niedersachsen das Landespräsidium für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz mit dem BDWS - Landesgruppe Niedersachsen - am 16. April 2010 eine Rahmenvereinbarung über eine gemeinsame Zusammenarbeit getroffen. Sie gibt den Rahmen für Kooperationen zwischen den Polizeidirektionen und dem BDWS bzw. den im Verband organisierten Sicherheitsunternehmen vor.

Mit der Vereinbarung werden ausdrücklich keine hoheitlichen Rechte auf die Mitgliedsunternehmen des BDWS übertragen. Es steht nicht zur Disposition, die Erfüllung staatlicher Aufgaben im Bereich der öffentlichen Sicherheit für Private Sicherheitsunternehmen zu öffnen, da es Kernaufgabe des Staates ist, die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Die privaten Sicherheitsunternehmen können und sollen polizeiliche Arbeit nicht ersetzen, sondern die Polizei auf Grundlage der so genannten Jedermannrechte zusätzlich unterstützen. Das Leitmotiv der Vereinbarung lautet dementsprechend "Erkennen - Beobachten - Melden". In der Vereinbarung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste keine Eigenschaften und Befugnisse von Polizeibeamten, von Hilfspolizeibeamten oder sonstiger Bedienstete einer Behörde haben. Der rechtliche Rahmen für die Zusammenarbeit ist damit klar definiert. Die privaten Sicherheitsunternehmen unterstützen die Polizei durch die Weiterleitung von Hinweisen auf sicherheitsrelevante Vorkommnisse, so zum Beispiel über beobachtete Straftaten, Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder Personen, die im Verdacht stehen, Objekte zur Begehung von Straftaten aufzuklären.

Die Polizei geht ihrerseits keinerlei Verpflichtungen gegenüber den in dem BDWS organisierten Mitgliedsunternehmen ein. Dies gilt auch für aus dieser Rahmenvereinbarung resultierende Kooperationen der Polizeidirektionen mit privaten Sicherheitsunternehmen.

Die Polizei übermittelt den kooperierenden Sicherheitsunternehmen ein Sicherheitslagebild über aktuelle Entwicklungen und Ereignisse und dies auch nur dann, wenn die Übermittlung entweder im öffentlichen Interesse ist oder im berechtigten Interesse der privaten Sicherheitsunternehmen liegt. Dies können beispielsweise Hinweise auf Großveranstaltungen sein, die auch die Sicherheitsunternehmen in ihrer eigenen Aufgabenerfüllung betreffen. Informationen, die als Verschlusssache eingestuft werden, dürfen nicht weitergegeben werden.

Ein Kernstück der Vereinbarung ist die Gewährleistung von Qualitätsstandards für die beteiligten Unternehmen, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit der Polizei ist. Unternehmen und Beschäftigte müssen zuverlässig sein, die fachlichen Qualifizierungen erfüllen und das Unternehmen muss über ausreichende Ressourcen verfügen. Zudem haben die beteiligten Sicherheitsunternehmen die Beachtung der gültigen tarifrechtlichen Regelungen zugesichert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Siehe Vorbemerkung.

Zu 2.:

Durch die Rahmenvereinbarung wird in Niedersachsen die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen qualitativ weiterentwickelt und auf eine vertragliche Basis gestellt. Es werden formale Regelungen für die Zusammenarbeit und für die beteiligten Unternehmen definierte Qualifikationsstandards festgelegt.

Die kooperierenden Sicherheitsunternehmen müssen zertifiziert sein. Die Zertifizierung erfordert, dass die beteiligten Unternehmen unter anderem in den Bereichen Qualifikation des Personals, Gewerbepraxis und in Bezug auf die Erbringung eines Liquiditätsnachweises hohe Standards erfüllen. Auch müssen die privaten Sicherheitsunternehmen - sofern sie Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen durchführen - eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und Handelskammer abgelegt haben.

Aufgrund dieser Qualitätsnachweise ist davon auszugehen, dass auch die Qualität der Meldungen von privaten Sicherheitsunternehmen an die Polizei hoch ist. Die Mitarbeiter dieser Unternehmen haben auf Grund ihrer Ausbildung und Erfahrung ein geschultes Auge, ihre Meldungen sind für die Polizei belastbar. Dadurch wird das Entdeckungsrisiko von Straftaten erhöht und die Polizei in die Lage versetzt, auf Grundlage der Hinweise der privaten Sicherheitsunternehmen zügig zu agieren.

Die mit der Polizei kooperierenden Unternehmen müssen über eine zertifizierte Notruf- und Serviceleitstelle verfügen. Hierdurch kann eine Brand- bzw. Einbruchmeldeanlage auf ein Sicherheitsunternehmen aufgeschaltet werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine direkte Aufschaltung der Anlage zur Polizei nicht möglich sein sollte. Sobald Mitarbeiter ein Alarmsignal der Anlagen aufnehmen, teilen sie dies umgehend der Polizei mit, die dadurch schnell die entsprechenden Maßnahmen treffen kann. Gleiches gilt für Beobachtungen der Mitarbeiter, die auf festgelegten kurzen Meldewegen an die Polizei weitergegeben werden. Mitarbeiter der kooperierenden privaten Sicherheitsunternehmen stehen gegenüber der Polizei und falls erforderlich vor Gericht als Zeugen zur Verfügung.

Insofern ist - wie auch mit der Möglichkeit der Abstimmung des Vorgehens bei Großveranstaltungen - ein deutlicher Mehrwert für die Polizei verbunden. Es wird daher anerkannt, dass die privaten Sicherheitsunternehmen einen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten. Defizite waren nicht aufzuarbeiten.

Zu 3.:

Die Polizeidirektion Hannover hatte bereits am 05. Februar 2007 eine Vereinbarung über eine Zusammenarbeit mit der Landesgruppe Niedersachsen des BDWS geschlossen. Im Vorfeld der landesweiten Rahmenvereinbarung wurden die Polizeidirektionen beteiligt. Die Stellungnahmen der Polizeidirektionen sind in den Vereinbarungstext eingeflossen. Die Polizeigewerkschaften waren nicht zu beteiligen, da sie von der Vereinbarung nicht betroffen sind."

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.04.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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