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Asylrecht bei Roma aus dem Kosovo

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2010; TOP 21


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zu den Anträgen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

für eine umfassende Bleiberechtsregelung für Roma aus der Republik Kosovo besteht keine Notwendigkeit. Bereits in den letzten drei Jahren bestand nach der im Jahre 2006 von der IMK beschlossenen Bleiberechtsregelung die Möglichkeit einer Legalisierung des Aufenthalts aufgrund der großzügigsten gesetzlichen Altfallregelung, die es jemals gegeben hat. Natürlich mussten einige Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss und kann auch erwartet werden, dass Personen, die hier bei uns langjährig leben, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit eigenständig sicher stellen. Die gesetzliche Altfallregelung bot auch die Möglichkeit für diejenigen, die in der Vergangenheit noch keine Arbeit gefunden hatten, dies in dem Zeitraum von rund drei Jahren nachzuholen.

Wenn nun viele Volkszugehörige der Roma aus der Republik Kosovo diese Voraussetzungen nicht erfüllen, zeigt dies bedauerlicherweise, dass sie sich während ihres langjährigen Aufenthalts zumindest wirtschaftlich in Deutschland nicht integriert haben.

Eine großzügige Bleiberechtsregelung - wie sie von der Opposition gefordert wird - also die Gewährung eines Aufenthaltsrechts ohne Erbringung von Integrationsleistungen wäre auch zutiefst ungerecht gegenüber denjenigen Ausländerinnen und Ausländern, die sich in Deutschland integriert haben oder auch denjenigen, die ihrer Ausreisepflicht selbst nachgekommen sind oder abgeschoben wurden.

Ihre Forderung nach einem Abschiebungsstopp und einer Bleiberechtsregelung für Roma-Volkszugehörige aus der Republik Kosovo wird auch mit der Schutzwürdigkeit dieser Personengruppe und ungünstiger Lebensbedingungen im Kosovo begründet. Natürlich wissen Sie, dass mit dieser Begründung weder eine Bleiberechtsregelung noch ein Abschiebungsstopp erlassen werden kann.

Wie Sie wissen, gibt es die Möglichkeit, in Deutschland Asyl, Schutz vor politischer Verfolgung oder Abschiebungsschutz wegen drohender Gefahren im Herkunftsstaat zu erlangen. Diese Anerkennung ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übertragen worden. Wer schutzbedürftig ist, erhält eine Anerkennung und ein Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Es gibt deshalb keinen Grund und auch keine Notwendigkeit, wegen drohender Gefahren im Kosovo Angehörigen von Minderheiten ein Bleiberecht zu gewähren, wenn das Bundesamt zuvor schon festgestellt hat, dass eine Schutzgewährung nicht geboten ist. Genauso verhält es sich mit einem Abschiebungsstopp. Wie ich bereits mehrfach in diesem Haus erläutert habe, ist der Abschiebungsstopp lediglich ein Instrument der aktuellen Krisenintervention, mit welchem auf neuere Konfliktsituationen im Herkunftsland zunächst generell reagiert werden kann. Diese Voraussetzungen sind für einen Abschiebungsstopp für Roma-Volkszugehörige aus der Republik Kosovo nicht erkennbar.

Ich möchte noch kurz erläutern, wie es dazu gekommen ist, dass inzwischen auch Rückführungen von Roma in die Republik Kosovo möglich sind. Die Bundesregierung hat im Juli 2009 die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommmen mit der kosovarischen Regierung abgeschlossen. Zuvor hatte die kosovarische Regierung bereits im April 2009 im Rahmen der Verhandlungen ihre Bereitschaft erklärt, alle Personen mit vermuteter kosovarischer Herkunft zurückzunehmen und zwar unabhängig von deren Volkszugehörigkeit. Dies entspricht der Intention der Regierung der Republik Kosovo eine multi-ethnische Gesellschaft aufzubauen. Niedersachsen wird deshalb genauso wie alle anderen Länder einen Abschiebungsstopp für Volkszugehörige der Roma aus der Republik Kosovo nicht erlassen.

Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo am 17. Februar 2008 hat die Regie-rung der Republik Kosovo in ihrer Verfassung die Europäische Menschenrechtskonvention für direkt anwendbar erklärt und im Rahmen der Verhandlungen zum Rückübernahmeabkommen dargelegt, ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rücknahme eigener Staatsangehöriger auch nachkommen zu wollen.

Rückführungen in die Republik Kosovo werden direkt mit dem kosovarischen Innenministerium koordiniert. Die Rückführungsverfahren für diejenigen, die ihrer Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen, gestalten sich auch moderat. So liegt mir ein Bericht der Deutschen Botschaft in Pristina über eine aus Deutschland abgeschobene Roma-Familie vor, der dies eindrucksvoll belegt. Bei Ankunft in Pristina waren nicht nur Mitarbeiter des monitoring teams des UNHCR anwesend. Es stand auch eine Mitarbeiterin des kosovarischen Ministeriums für Arbeit und Soziale Wohlfahrt zur Verfügung, die Auskunft über Fragen der Beantragung von sozialhilfeähnlichen Leistungen und von Personaldokumenten geben konnte. Ein Diplom-Psychologe sowie ein Sozialarbeiter, die sich im Rahmen des von den Ländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mitfinanzierten Rückkehrprojektes URA 2 des Bundesamtes im Kosovo aufhalten, waren ebenfalls vor Ort, um den Rückkehrern ihre Hilfsangebote zu unterbreiten. Diese umfassen neben temporärer Unterkunft, Verpflegung, sozialer Beratung insbesondere auch Hilfestellung beim Umgang mit den kosovarischen Behörden. Diese Unter-stützung erhalten alle Rückkehrer und zwar völlig unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit.

Damit wird deutlich, dass die immer wieder aufgestellte Behauptung, Rückkehrer stünden allein und vor dem nichts, nicht haltbar ist. Die Anlaufschwierigkeiten, die es bei der Reintegration sicherlich geben wird, können aber mit eben diesen Integrations-, Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen erleichtert werden, auch wenn diese bekanntermaßen um einiges umfangreicher ausfallen, wenn die Betreffenden freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren.

Eine Delegation meines Hauses, unter Leitung des zuständigen Abteilungsleiters, ist im November im Kosovo gewesen. In vielen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern des kosovarischen Innenministeriums und verschiedenen Kommunen, mit dem Repräsentanten des UNHCR in Pristina, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Nichtregierungsorganisationen, mit kommu-nalen Beauftragten der Minderheitenangehörigen und Vertretern der Roma-Volkszugehörigen aus dem Camp Osterode hat sich die Delegation einen unmittelbaren Eindruck von den tatsäch-lichen Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse, insbesondere der Roma-Volkszugehörigen, verschafft. Ein ausführlicher Bericht über diese Reise liegt Ihnen inzwischen vor.

Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Reise ist, dass die bestehenden Hilfsangebote, an denen sich auch Niedersachsen finanziell beteiligt, wirksame Instrumente zur Wiedereingliederung der Rückkehrerinnen und Rückkehrer in ihrer kosovarischen Heimat sind.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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