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Einbürgerungsverfahren von Jannine Menger-Hamilton

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2010; TOP 15


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion DIE LINKE; es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich habe im Jahr 2003 entschieden, dass die Partei DIE LINKE vom Nds. Verfassungsschutz gemäß seines Auftrages beobachtet wird. An dieser Entscheidung halte ich nach wie vor fest.

Ihre inhaltliche Richtigkeit wird nicht zuletzt durch das eindrucksvolle Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom Februar 2009 belegt. Ich zitiere aus dem Urteil: "Die Auswertung der dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt … bei einer Gesamtschau …, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgen, die mit den entscheidenden Merkmalen eines freiheitlichen-demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes unvereinbar ist."

Und insgesamt schlussfolgert das Gericht mit Blick auf die Gesamtpartei - ich zitiere: "Eine weitere Aufklärung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erscheint deshalb erforderlich."

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm (SPD), hat ganz aktuell die Einschätzung des Gerichts bekräftigt und hält die Beobachtung der Partei DIE LINKE weiterhin für begründet.

Daraus folgt notwendigerweise, dass in diesem Zusammenhang erworbene Erkenntnisse auch anderen Behörden im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten mitzuteilen sind. Dies gilt auch in jedem Einbürgerungsverfahren.

Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz ist bundesgesetzlich vorgeschrieben.

Die Einbürgerung verleiht die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Betreffende wird mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten deutscher Staatsbürger. Deshalb sieht das Einbürgerungsrecht klare gesetzliche Vorgaben vor.

  1. Es entscheidet die Einbürgerungsbehörde.
  2. Der Verfassungsschutz gibt im Rahmen der Regelanfrage eine Stellungnahme ab.
  3. Dem Bekenntnis des Antragstellers zur freiheitlichen-demokratischen Grundordnung kommt bei der Einbürgerung eine maßgebliche Bedeutung zu.

Letztlich zu entscheiden hat die Einbürgerungsbehörde, im Fall von Frau Menger-Hamilton ist das die Region Hannover. Die geäußerten Bedenken des Verfassungsschutzes muss die Einbürgerungsbehörde (in diesem Fall die Region Hannover) selbst bewerten und prüfen.

Das heißt ganz klar: Sie muss entscheiden, ob die Einbürgerungsvoraussetzungen vorliegen. Dabei sind neben der Stellungnahme des Verfassungsschutzes auch weitere eigene Erkenntnisse mit einzubeziehen.

Wie war nun der Ablauf im konkreten Fall des Einbürgerungsverfahrens von Frau Menger-Hamilton?

  • Der damalige Verfassungsschutzpräsident hat im Dezember 2007 entschieden, bei der Regelanfrage im Einbürgerungsfall von Frau Menger-Hamilton Bedenken gegenüber der Region Hannover zu erheben.
  • Die erste Stellungnahme des Verfassungsschutzes erfolgte im Februar 2008.
  • Im Mai 2008 informierte mich der damalige Verfassungsschutzpräsident über diesen Vorgang.
  • Im September 2008 haben der damalige Verfassungsschutzpräsident und der Leiter der Ausländerabteilung Verfahrensabsprachen getroffen und mich darüber informiert.

Ich fasse zusammen:

Ich habe nicht entschieden, dass der Verfassungsschutz Bedenken mitteilt. Und schon gar nicht habe ich Weisungen erteilt, ob Frau Menger-Hamilton einzubürgern ist oder nicht.

Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen:

Es ist folgerichtig und Aufgabe des Verfassungsschutzes, dass die Erkenntnisse, die gegen eine Einbürgerung sprechen können, auch mitgeteilt werden. Ob konkret ein Mitglied der Partei DIE LINKE persönlich verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder sich hiervon glaubhaft distanziert, dass kann nur in der Gesamtschau von der Einbürgerungsbehörde selbst entschieden werden. Sie hat den Betroffenen genau hierzu anzuhören. Wie ich den Medien entnehmen musste, soll sich Frau Menger-Hamilton allerdings einer Anhörung verweigert haben.

Die Fachaufsicht im Nds. Innenministerium hat sich gegenüber der Region Hannover rechtlich einwandfrei verhalten. Wegen der zu erwartenden öffentlichen Aufmerksamkeit bei einer Regelanfrage zu einem Einbürgerungsantrag eines Mitglieds der Partei DIE LINKE, hat die Fachaufsicht in meinem Haus die Region Hannover gebeten, dass ihr die Entscheidung der Region vorab zur Kenntnis gegeben werde.

Hieraus kann der Regionspräsident aber nicht ableiten, dass es hierdurch zu einer Verzögerung des Verfahrens gekommen ist. Ebenso kann er nicht behaupten, die Region habe als Einbür-gerungsbehörde nicht entscheiden können. Die Bitte, die getroffene Entscheidung vorab zur Kenntnis zu geben ist aber keine Weisung in dem Sinne, eine Entscheidung nicht zu treffen und die Sache liegen zu lassen. Sie ist schlicht die Aufforderung, die beabsichtigte Entscheidung mitzuteilen.

Die Fakten im Fall Menger-Hamilton liegen lange auf dem Tisch, die Region kann und muss entscheiden. Und natürlich habe ich mir, nachdem der Fall öffentlich wurde genauso, wie es sicherlich der Regionspräsident getan hat, berichten lassen.

Der danach offenbar auf Ebene einzelner Mitarbeiter intern und wohl auch gegenüber der Region Hannover wiedergegebene Eindruck, diesem Verfahren liege eine Weisung und inhaltliche Entscheidung von mir zugrunde, ist falsch.

Im konkreten Fall Menger-Hamilton hatte der damalige Verfassungsschutzpräsident bereits im Dezember 2007 entschieden. Ich habe ihn dafür nicht zu kritisieren. Er hat völlig korrekt gehandelt.

Im Sinne einer wehrhaften Demokratie werde ich weiterhin an der Beobachtung durch den Verfassungsschutz festhalten.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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