Artikel-Informationen
erstellt am:
18.02.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Heinen-Kljaji? und Hans-Jürgen Klein (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Grundsätzlich ist es laut Artikel 105 Abs. 2 a GG Städten und Gemeinden möglich, kommunale Aufwandssteuern zu erheben. Angesichts leerer Haushaltskassen hat sich der Rat der Stadt Köln daher dafür ausgesprochen, eine 5-prozentige Kulturförderabgabe auf Hotelübernachtungen zu erheben. Auch in niedersächsischen Städten wie Osnabrück und Lüneburg werden Überlegungen in diese Richtung angestellt.
Da fast die Hälfte der öffentlichen Kulturfinanzierung von den Kommunen geleistet wird, wirken sich fehlende Steuereinnahmen direkt auf die Kulturförderung aus. Die kommunale Kulturförderabgabe soll hier zur Kompensation dienen. Im Rahmen des sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetzes der schwarz-gelben Bundesregierung wurde u. a. die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen von 19 % auf 7 % verabschiedet. Ein großer Teil der damit verbundenen Einnahmeausfälle muss von den Kommunen getragen werden, weshalb Befürworter argumentieren, dass das dadurch entstehende Finanzloch durch die kommunale Aufwandssteuer zumindest teilweise wieder gestopft werden könne. Dies solle speziell im Bereich der Kulturförderung geschehen, schließlich käme eine Kulturförderabgabe dem Tourismus und somit auch wieder den Hotels zugute. Außerdem hätten Gäste keine Preissteigerungen zu befürchten, sofern die Steuersenkung an die Hotelgäste weitergegeben würde.
Das Bekanntwerden einer Millionenspende aus der Hotelbranche und nicht zuletzt die oben geschilderte Hotelpreisentwicklung hatten insbesondere der FDP den Vorwurf der Klientelpolitik eingebracht. Einige FDP-Politiker waren laut Financial Times Deutschland vom 1. Februar 2010 daher bereits auf Distanz zum Steuergeschenk für das Hotelgewerbe gegangen.
Wir fragen die Landesregierung:
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Nach Artikel 58 der Niedersächsischen Verfassung ist das Land verpflichtet, den Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel u. a. durch Erschließung eigener Steuerquellen zur Verfügung zu stellen. Dieser Anspruch auf Erschließung eigener Steuerquellen wurde mit § 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) verwirklicht. Die Gemeinden erhalten hiermit die Befugnis, Steuern zu erheben. Damit steht ihnen das "Steuerfindungsrecht" zu, das ihnen die Möglichkeit eröffnet, gemäß Artikel 105 Abs. 2 a GG örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das Steuerfindungsrecht umfasst zum einen die Befugnis, bekannte und anderorts eingeführte Steuern in der Gemeinde einzuführen, zum anderen neue Steuerquellen zu erschließen, soweit die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Somit können die niedersächsischen Gemeinden in eigener Verantwortung entscheiden, ob sie für ihr Gemeindegebiet eine örtliche Aufwandsteuer nach Artikel 105 Abs. 2 a GG einführen wollen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Landesregierung hat – auch in jüngster Vergangenheit – den Kommunen in ihrer schwierigen finanziellen Lage beigestanden. So hat sich Niedersachsen bereits vor sechs Jahren auf Bundesebene erfolgreich für eine Senkung der Gewerbesteuerumlage eingesetzt, die den Kommunen seit 2004 Jahr für Jahr zugute kommt. Auch das Konjunkturpaket II des Bundes wurde sehr schnell und pragmatisch umgesetzt und durch zusätzliche Landesmittel aufgestockt. Des Weiteren wurden durch Maßnahmen der Verwaltungsreform und andere Rechtsänderungen wie z. B. das Modellkommunengesetz die kommunalen Handlungsspielräume gestärkt, indem Standards verringert und Genehmigungsvorbehalte abgebaut wurden. Darüber hinaus wurde mit den kommunalen Spitzenverbänden Ende letzten Jahres der Zukunftsvertrag für starke Kommunen abgeschlossen. Neben einer weiteren Förderung der interkommunalen Zusammen-arbeit, der Erweiterung gesetzlicher Handlungsspielräume für unsere Kommunen und der Prüfung weiterer Aufgabenverlagerungen auf die Gemeinden und Landkreise im Rahmen der strikten Konnexität stehen hier im Mittelpunkt auch Hilfen für Kommunen mit besonderen strukturellen Problemen und in der Regel dadurch bedingter extremer Kassenkreditverschuldung. Dabei werden insbesondere diejenigen Kommunen unterstützt, die zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung freiwillige Gemeinde- und Kreiszusammenschlüsse oder die Umwandlung von einer Samt- in eine Einheitsgemeinde anstreben. Zugleich werden aber auch diejenigen Kommunen gefördert, die mit einer Landesunterstützung in der Lage sind, ihre dauernde Leistungsfähigkeit trotz einer extremen Kassenkreditverschuldung auch ohne Fusion wiederherzustellen. Aktuell wird in Ergänzung der auf Bundesebene beabsichtigten Gemeinde-finanzkommission in Niedersachsen ein Beraterkreis zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine Kommunalfinanzreform eingerichtet. Ziel ist es, die Finanzsituation zu verfestigen und den Kommunen dadurch Planungssicherheit zu geben.
So wie in der Vergangenheit werden auch zukünftig Gemeinden und Landkreise unterstützt, ihre Einnahmen zu verstetigen. Unter diesem Gesichtpunkt werden auch die Kommunalaufsichtsbehörden im Rahmen ihres kommunalaufsichtsrechtlichen Auftrags den Gemeinden bei der Erschließung neuer Steuerquellen beratend zur Seite stehen, sofern dies gewünscht wird. Das entbindet die Gemeinden aber nicht von ihrer eigenen Verantwortung satzungsrechtliche Vorschriften aufzustellen, die konkret vorgesehenen Regelungen anhand der verfassungsrechtlich vorgegebenen Kriterien zu prüfen.
Zu 2.:
Die Einführung einer örtlichen Aufwandsteuer "Kulturförderabgabe" hat nach den durch Artikel 105 Abs. 2 a GG vorgegebenen verfassungsrechtlichen Kriterien zu erfolgen. Zur Erhebung einer Kulturförderabgabe durch die Stadt Weimar wird sich die Landesregierung nicht äußern. Es sind die rechtlichen Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes des Landes Thüringen maßgebend.
Zu 3.:
Die Förderung von Kunst und Kultur ist nach Art. 6 Niedersächsischen Verfassung eine Aufgabe des Landes, der Landkreise und der Gemeinden. Die Kommunen entscheiden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung im Kulturbereich eigenständig über die Wahrnehmung dieses Verfassungsauftrags.
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erstellt am:
18.02.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010