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Gesetzliche Altfallregelung

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.02.2010; Fragestunde Nr. 19


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Die Innenminister des Bundes und der Länder haben sich auf ihrer letzten Konferenz am 4. Dezember 2009 auf die Verlängerung der gesetzlichen Altfallregelung durch einen Beschluss geeinigt. Hiermit soll es den Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe dieser gesetzlichen Altfallregelung ermöglicht werden, durch eine erneute Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse um zwei Jahre die Sicherung ihres Lebensunterhaltes zu erreichen. Das niedersächsische Innenministerium hat am 11. Dezember 2009 einen Begleiterlass zu der Anordnung der Innenminister und -senatoren der Länder vom 4. Dezember 2009 nach § 23 Abs. 1 AufenthG herausgegeben. Das Innenministerium weist in seinem Erlass insbesondere darauf hin, dass eine Prognoseentscheidung darüber, ob den potenziell Bleibeberechtigten die Deckung des Lebensunterhalts ohne Bezug öffentlicher Gelder zukünftig möglich sei, bereits vor der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach

§ 104 a AufenthG von den Behörden zu prüfen gewesen sei. In der Konsequenz dürfe also "nur in sehr wenigen Fällen" die Erteilung einer Aufenthalterlaubnis auf Probe gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zur Verlängerung der bestehenden Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG "nicht in Betracht kommen".

Der Landkreis Stade hat entgegen diesem Begleiterlass in allen potenziellen Bleiberechtsfällen erneut eine Prüfung jedes Einzelfalls vorgenommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine positive Prognose in einer Vielzahl von Fällen nicht möglich sei. Somit wurde diesen Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG hatten, nur noch eine Duldung erteilt bzw. Grenzübertrittsbescheinigung ausgestellt und Abschiebung angedroht. Der Landkreis Stade beabsichtigt anscheinend, seine Bescheide aufrechtzuerhalten und juristisch durchzufechten, obwohl eigentlich so gut wie alle Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnisse nach § 104 a AufenthG eine Überleitung nach § 23 Abs. 1 AufenthG erhalten müssten.

Ich frage die Landesregierung:

  1. In wie vielen Fällen sind welche niedersächsischen Ausländerbehörden ebenso entgegen dem Begleiterlass verfahren wie die Stader Behörde?
  2. Worauf führt die Landesregierung die Diskrepanz zwischen Erlass und diesbezüglicher Umsetzungspraxis zurück?
  3. In welcher Weise ist eine Korrektur dieser Entscheidungen - z. B. durch Aufhebung und Neubescheidung - möglich und beabsichtigt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Die Innenminister und -senatoren der Länder haben auf ihrer gemeinsamen Konferenz am 04.12.2009 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) angeordnet, Inhabern einer "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" nach § 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG, die die gesetzlichen Verlängerungsvoraussetzungen der Altfallregelung nicht erfüllen, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu eröffnen, eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis als "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG zu erhalten.

Diese Anordnung sieht unter anderem vor, dass im Anschluss an die bestehende "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" nach § 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG für weitere zwei Jahre eine "Aufenthaltserlaubnis auf Probe" nach § 23 Absatz 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden kann, wenn der Antragsteller nachweist, dass er sich um die Sicherung des Lebensunterhalts für sich und etwaige Familienangehörige durch eigene Erwerbstätigkeit bemüht hat, und wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Lebensunterhalt nach diesen zwei Jahren eigenständig durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesichert sein wird.

Die IMK-Anordnung wurde den niedersächsischen Ausländerbehörden am 11.12.2009 bekanntgegeben. Mit Erlass vom selben Tag wurden Hinweise zur Anwendung dieser Anordnung übersandt. In den Vorbemerkungen dieser Hinweise wurde erläuternd dargelegt, dass schon im Rahmen der erstmaligen Erteilung der Probe-Aufenthaltserlaubnisse eine Prognoseentscheidung zu treffen war, so dass davon auszugehen sei, dass nur in wenigen Fällen die Verlängerung versagt werden müsse. Dieser verfahrenserleichternde Hinweis an die Ausländerbehörden kann und soll die jeweilige eigenverantwortliche Prüfung durch die Ausländerbehörden nicht ersetzen. Insoweit ist es nicht ausgeschlossen, bei Prüfung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Anordnung der Innenminister und -senatoren der Länder vom 04.12.2009 eine erneute Prognoseentscheidung hinsichtlich der künftigen eigenen Unterhaltsfähigkeit zu treffen. Denn die Anordnung selbst sieht vor, dass nur demjenigen eine weitere Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach der IMK-Anordnung erteilt werden darf, der voraussichtlich nach Ablauf von zwei Jahren in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt vollständig aus eigener Erwerbstätigkeit sicherzustellen. Diese in der IMK-Anordnung ausdrücklich enthaltene Prognoseentscheidung ist den Ausländerbehörden in den Anwendungshinweisen dahingehend erläutert worden, dass bei dieser Prognose neben bislang erbrachten wirtschaftlichen Integrationsleistungen auch die schulische und berufliche Qualifikation von Bedeutung seien.

Von den 66 Personen die vom Landkreis Stade nach § 104a Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhielten, haben inzwischen 30 Personen (45, 4 %) eine Verlängerung nach § 104 Abs. 5 AufenthG und 23 Personen (34,9 %) nach der IMK-Anordnung erhalten, für 13 Personen (19,7 %) kam eine Verlängerung nicht in Betracht. Die Gründe, die den Landkreis Stade dazu bewogen haben, die Verlängerungsanträge abzulehnen, geben keinen Anlass zu einer fachaufsichtlichen Beanstandung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:

Die Entscheidungen der Ausländerbehörde Stade bewegen sich innerhalb des vorgegebenen Entscheidungsrahmens der Anwendungshinweise zur IMK-Anordnung, so dass sich eine weitergehende Beantwortung der Fragen unter Hinweis auf die Vorbemerkungen erübrigt.

Zu 3.:

Eine Korrektur der von der Ausländerbehörde Stade getroffenen Entscheidungen ist unter fachaufsichtlichen Aspekten nicht geboten. Insoweit wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Es steht den betroffenen Ausländerinnen und Ausländern jedoch wie bei allen anderen behördlichen Entscheidungen offen, gegen die Ablehnungsbescheide Klage zu erheben und eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.02.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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