Kooperative Regionalleitstellen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 21.01.2010; Fragestunde Nr. 13
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ursula Helmhold und Helge Limburg (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Seit Jahren verfolgt der niedersächsische Innenminister die Fusion von Rettungsleitstellen. Seit dem Jahre 2004 gab es Planungen einer Arbeitsgruppe aus den Landkreisen Nienburg/Weser, Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Holzminden sowie der Stadt Hameln, die verschiedene Optionen prüfte.
Im Vorgriff auf die weiteren Planungen haben sich die Stadt Hameln sowie die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden im Jahr 2006 entschieden, eine neue gemeinsame Leitstelle mit der Polizeiinspektion Hameln als sogenannte Kooperative Regionalleitstelle in Hameln zu erreichten. Der Betrieb wurde zum 1. August 2008 aufgenommen. Der Landkreis Hameln-Pyrmont hat den Landkreisen Nienburg/Weser und Schaumburg eine Beteiligung angeboten.Die Berechnungen der Arbeitsgruppe hatten jedoch gezeigt, dass die Lösung Schaumburg/Nienburg vergleichbare Einsparpotenziale wie die Zusammenfassung aller fünf Kommunen bietet.
Im Mai 2007 wurden die Kostenträger und das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport über die Fortführung der gemeinsamen Planungen der Landkreise Schaumburg und Nienburg informiert. Zum damaligen Zeitpunkt soll das Innenministerium die Zusammenlegung der beiden Leitstellen begrüßt haben, auch wenn er sich eine größere Fusion gewünscht habe. Die Kostenträger wiederum wollten eine Fusion nur unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit beurteilen.
Nach Vorliegen eines Gutachtens, das die Wirtschaftlichkeit der Zusammenarbeit von Schaumburg und Nienburg belegte, beschlossen die jeweiligen Kreisausschüsse im März bzw. Mai 2009, die Verhandlungen über die Fusion der Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitstellen fortzuführen mit dem Ziel der Errichtung einer gemeinsamen Rettungsleitstelle in Stadthagen. Im Juni 2009 drängte Innenminister Schünemann jedoch darauf, erst noch ein weiteres Gutachten über die Zusammenlegung der Leitstellen in Auftrag zu geben, das nach Zeitungsberichten von Ministerium und Kostenträgern bezahlt werden soll.
Wir fragen die Landesregierung:
- Warum wollte der Innenminister trotz seiner im Jahre 2007 für die Pläne der Landkreise Nienburg und Schaumburg geäußerten Unterstützung eines bereits vorliegenden Gutachtens und bereits erfolgter Beschlüsse der Landkreise Schaumburg und Nienburg unbedingt ein weiteres Gutachten in Auftrag geben?
- Welche Kosten entstehen dem Land durch das Gutachten?
- Wie verträgt sich das Eingreifen des Innenministers mit dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Fachliche und wirtschaftliche Aspekte haben in den vergangenen Jahren in Niedersachsen bei den kommunalen Gebietskörperschaften und der Polizei zu konzeptionellen Überlegungen hinsichtlich einer Reduzierung der Anzahl von Leitstellen geführt.
Die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden haben gemeinsam mit der Polizeidirektion Göttingen sehr frühzeitig Maßnahmen zur Fusion ihrer Leitstellen durchgeführt und als Ergebnis im August 2008 mit der Kooperative Regionalleitstelle Weserbergland in Hameln die erste Leitstelle ihrer Art in der Bundesrepublik in Betrieb genommen. Der polizeiliche Zuständigkeitsbereich der Leitstelle erstreckt sich zurzeit auf den Bereich der Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden und wird nach Einführung des Digitalfunks um die Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg erweitert.
Die Landkreise Nienburg und Schaumburg haben sich von Beginn an gegen die so genannte "große Lösung" in Form eines Beitritts zur Kooperative Regionalleitstelle in Hameln gewandt und stattdessen eine eigene Integrierte Leitstelle "Nienburg/Schaumburg" - die so genannte "Kleine Lösung" - favorisiert, da diese nach ihren Aussagen wirtschaftlicher sei.
In mehreren Gesprächen wurden die Landkreise durch die Kostenträger aufgefordert, in einem unabhängigen Gutachten die größere Wirtschaftlichkeit der angestrebten Lösung nachzuweisen. Die Erstellung des entsprechenden Gutachtens wurde seitens der kommunalen Gebietskörperschaften zugesagt.
An den genannten Gesprächen haben bis Mitte 2007 auch Mitarbeiter des Innenministeriums teilgenommen, die eine Unterstützung auch der "kleinen Lösung" zugesagt haben, sofern sich diese auf der Basis des Gutachtens als die wirtschaftlichere Variante erweisen sollte.
Das durch die beiden Landkreise anschließend in Auftrag gegebene Gutachten konnte im Ergebnis aufgrund unterschiedlicher Erhebungs- und Bewertungsparameter nicht zu einer vergleichenden Betrachtung der beiden Modelle herangezogen werden.
Vor diesem Hintergrund hat der niedersächsische Innenminister die Landräte der Landkreise Schaumburg, Nienburg, Hameln-Pyrmont und Holzminden sowie die Leiter der beiden größten Verbände der gesetzlichen Krankenkassen zu einem gemeinsamen Koordinierungsgespräch eingeladen, das am 29. Juni 2009 im Innenministerium stattfand und Aufschluss über die weitere Vorgehensweise geben sollte.
Im Ergebnis wurde festgestellt, dass alle Beteiligten in der Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen haben, die wirtschaftlichste Lösung in der Frage der Leitstellenstruktur erarbeiten zu lassen, mangels ausreichender Abstimmung die notwendige vergleichende Betrachtung - auch aus der Sicht der Kostenträger - allerdings nicht möglich ist.
Um den Prozess der Entscheidungsfindung zu beschleunigen, wurde durch den Innenminister das Angebot unterbreitet, ein verfahrensübergreifendes Gutachten über Personal- und Sachkosten auf der Basis gemeinsam abgestimmter Parameter erstellen zu lassen.
In dieses Gutachten sollen auf der Basis der mittlerweile vorliegenden maßgeblichen Zahlen und Daten des Jahres 2008 die bisher erarbeiteten Ergebnisse einfließen. Darüber hinaus liegen nunmehr konkretere Erkenntnisse über die erforderlichen Investitionen im Zusammenhang mit der Einführung des Digitalfunks vor, die Bestandteil der Begutachtung sein könnten.
Einigkeit konnte in dem Gespräch auch dahingehend erzielt werden, dass auf Grundlage der wirtschaftlichsten Lösung eine Entscheidung zwischen beiden Modellen getroffen werden soll.
In Abstimmung mit den Leitern der beiden vertretenen Krankenkassenverbände wurde seitens des Innenministers angeboten, die Kosten des Gutachtens je zur Hälfte vom Land Niedersachsen sowie den gesetzlichen Krankenkassen tragen zu lassen.
Mit Schreiben v. 28. September 2009 teilte Herr Landrat Eggers (LK Nienburg/Weser) dem Innenministerium mit, dass die Kreisausschüsse der Landkreise Nienburg/Weser und Schaumburg die Erstellung eines verfahrensübergreifenden Gutachtens unter Einbeziehung der bisherigen Arbeitsergebnisse einvernehmlich beschlossen hätten.
Im Antwortschreiben des Innenministers v. 10. November 2009 hat dieser die Beschlüsse begrüßt und gleichzeitig angeregt, möglichst schnell eine gemeinsame Arbeitsgruppe unter Federführung des Landkreises Nienburg/Weser zur Vorbereitung des Gutachtens einzusetzen.
Eine konstituierende Sitzung der Arbeitsgruppe, die sich mit der Definition der Analyse- und Bewertungsparameter sowie der Auswahl des Gutachters befassen wird, hat bisher nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund können zurzeit noch keine Aussagen zu Umfang und Kosten des ausstehenden Gutachtens getroffen werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1. und 2.:
Siehe Vorbemerkungen.
Zu 3.:
Es handelt sich bei dem Vorgang - wie geschildert - um Maßnahmen im Rahmen der Neuordnung der Leitstellenstruktur der niedersächsischen Gefahrenabwehrbehörden, die aufgrund ihres Abstimmungs- und Koordinierungscharakters das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung nicht tangieren.
Artikel-Informationen
erstellt am:
21.01.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010