Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Kostenübernahme bei Gemeindefusionen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.12.2009; Fragestunde Nr. 33


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kurt Herzog (LINKE); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Innenminister Schünemann beantwortete im November-Plenum Anfragen zum Entschuldungsfonds von Kommunen, die durch Fusionen zur Haushaltkonsolidierung beitragen. Durch die Antworten sind neue Fragen entstanden. Bezüglich Höhe und Modalitäten der Auszahlungen führte er laut Protokoll folgendes aus: "Das heißt, es ist klar, dass wir nicht in einer Summe bis zu 1,5 Milliarden Euro als Landesschulden übernehmen. Es ist aber ganz sicher, dass Zins und Tilgung bis zur 100-prozentigen Tilgung der Kredite der kommunalen Ebene übernommen werden." Und weiter: "Außerdem ist über diesen Entschuldungsfonds sichergestellt, dass bis zur 100-prozentigen Tilgung Zins und Tilgung übernommen werden." Und weiter: "Ich kann Ihnen nur darlegen, dass von Anfang an klar war, dass die Kommunen Planungssicherheit haben müssen und dass ihnen zugesichert werden muss, dass sie dann, wenn sie die Strukturen verändern und unter Inanspruchnahme der genannten Unterstützungsmaßnahmen mittelfristig ordentliche Haushalte ausweisen können, sicher sein können, dass Zins und Tilgung bis zur 100-prozentigen Tilgung übernommen werden."

Bezüglich der Projekt- und Lenkungsgruppe, die für Lüchow-Dannenberg noch mögliches Einsparpotenzial eruieren sollten, führte er aus: "Wir haben außerdem angeboten, eine Lenkungsgruppe einzusetzen. Dann ist gesagt worden: Nein, das Innenministerium wollen wir als Moderatoren nicht haben. Wir wollen die Rechtsanwälte nehmen, die die Gemeinden vor dem Staatsgerichtshof vertreten haben, weil wir denen mehr vertrauen. - Dann ist mit denen geredet worden. Plötzlich hat man aber auch kein Interesse daran gehabt, dass dieses umgesetzt wird. Leider Gottes warte ich leider mittlerweile wohl schon seit zwei Jahren darauf, dass es jetzt konstruktive Vorschläge gibt und wir wenigstens die Maßnahme mit den 20 Millionen an Bedarfszuweisungen umsetzen."

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen frage ich die Landesregierung:

  1. Bedeuten die Ausführungen des Innenministers zu Höhe und Auszahlungsmodalitäten, dass nicht auf einen Schlag bis zu 75 % der Kassenkredite ausgezahlt werden, sondern nur Zins und Tilgung der Kassenkredite, aber dann 100 % der zu tilgenden Kassenkredite?
  2. Waren an der eingesetzten Lenkungsgruppe zur "Verwaltungsmodernisierung Lüchow-Dannenberg" ein Vertreter des Innenministeriums und an der zuarbeitenden Projektgruppe ein Vertreter der Regierungsvertretung Lüneburg beteiligt, die gemeinsam mit den kommu-nalen Vertretern ein maximales Einsparpotenzial für die Samtgemeinden Elbtalaue, Lüchow und Gartow und den Landkreis Lüchow-Dannenberg von 1,664 Millionen Euro ermittelten und dies im Bericht vom 25. September 2009 festhielten?
  3. Welche Funktionen sind gemeint, wenn Ministerpräsident Wulff z. B. in der Allgemeinen Zeitung Uelzen am 28. November 2009 wie folgt zitiert wird: "Im Moment erkenne ich nicht, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg schlüssig darlegen kann, seine Funktionen allesamt zu erfüllen"?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Nach dem Zukunftsvertrag können die Kommunen von ihrer finanziellen Belastung durch Zins und Tilgung der aufgelaufenen Liquiditätskredite in Höhe von bis zu 75% freigestellt werden. Die abzulösenden Verbindlichkeiten werden durch eine individuelle vertragliche Regelung zwischen dem Land und der jeweiligen Kommune in der Weise vollständig übernommen, dass die Kommunen zu 100% von der vereinbarten Entlastung in Höhe von bis zu 75% der Liquiditätskredite freigestellt werden. Genau dieser Sachverhalt ist mehrfach beschrieben worden. Insoweit liegt auch kein Widerspruch vor.

Nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 06.12.2007 zum Lüchow-Dannenberg-Gesetz haben die Verfahrensvertreter der klageführenden Kommunen dem Innenministerium vorgeschlagen, die Untersuchungen der Kommunalhaushalte nach Konsolidierungspotentialen und die weitere Optimierung der Verwaltungsabläufe innerhalb einer Projektstruktur ergebnisoffen fortzusetzen. Eine Projektbeschreibung wurde im Dezember 2007 vorgelegt. Nach diesem Vorschlag sollte die Durchführung des Projekts durch die Verfahrensvertreter der klageführenden Kommunen begleitet und moderiert werden. Der Projektvorschlag wurde von den Kommunen in Lüchow-Dannenberg, insbesondere von denen, die nicht zum Kreis der klageführenden Kommunen zählten, kontrovers diskutiert. Auch im Innenministerium bestanden zunächst Bedenken, ob der weitere Konsolidierungsprozess in Lüchow-Dannenberg in einer Projektstruktur mit ergebnisoffener Diskussion tatsächlich zielführend fortgesetzt werden könne. Diese Bedenken wurden allerdings zu Gunsten der beteiligten Kommunen, die sich mehrheitlich für die Projektkonstruktion ausgesprochen hatten, zurückgestellt.

Es folgte ein Abstimmungsprozess zunächst auf kommunaler Ebene, dann zwischen Kommunen und Land; der Projektablauf wurde in diesem Prozess wiederholt angepasst. Im Ergebnis führte der Abstimmungsprozess auch dazu, dass die Verfahrensvertreter ihr Angebot zur Moderation und Projektbegleitung zurückzogen.

Anfang 2009 wurde daraufhin auf Initiative des Landrates eine Lenkungsgruppe gebildet. Neben den Hauptverwaltungsbeamten des Landkreises und der Samtgemeinden wurden in die Lenkungsgruppe als Vertreter des Landes der Leiter der Regierungsvertretung Lüneburg und der Leiter der Kommunalaufsicht im Niedersächsischen Innenministeriums entsandt. Die Lenkungsgruppe hat einen Projektauftrag formuliert und Mitglieder für eine Projektgruppe benannt; die Projektgruppe war aus verschiedenen Führungsverantwortlichen der beteiligten Kommunen und der dortigen Personalvertretungen zusammengesetzt. Die Projektleitung wurde einvernehmlich einem weiteren Vertreter der Regierungsvertretung Lüneburg übertragen.

Die eingerichtete Lenkungsgruppe sollte die Einhaltung des Projektauftrages und dessen Abarbeitung in der Projektgruppe überwachen und den Projektverlauf steuern. Es bestand stets Einvernehmen darin, dass es sich um ein kommunales Projekt handelt, das von der Regierungsvertretung lediglich begleitet und moderiert wird.

Die Projektgruppe hat seit Gründung mehrfach getagt und verschiedene Themenfelder diskutiert. Die Ergebnisse sollten in einen Projektbericht münden. Dieser liegt bisher ausschließlich im Entwurfsstadium vor.

Dem Berichtsentwurf mit den vorgesehenen Projektergebnissen konnte seitens des Landes bisher nicht zugestimmt werden, da große Bereiche des kommunalen Wirkens von den Überprüfungen ausgenommen worden sind. So finden sich beispielsweise in dem Berichtsentwurf weder Ausführungen zum Bereich Brand- und Katastrophenschutz noch zur Sozialverwaltung.

Eine fachliche Auswertung des Projektberichts durch die Kommunalaufsicht konnte schon vor dem Hintergrund des fehlenden einheitlichen Votums der Lenkungsgruppe nicht erfolgen. Ebenso wenig konnte bisher festgestellt werden, ob die Ergebnisse die Auszahlung weiterer Bedarfszuweisungen rechtfertigen werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die gemeinsame Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens und der Niedersächsischen Landesregierung zur Zukunftsfähigkeit der Nieder-sächsischen Kommunen sieht vor, dass die betroffenen Kommunen zur nachhaltigen Verbesserung der Haushalte "dauerhaft von ihrer finanziellen Belastung durch Zins und Tilgung der aufgelaufenen Liquiditätskredite in Höhe von bis zu 75% freigestellt" werden. Diese Zins- und Tilgungshilfen werden den betroffenen Kommunen aus einem Entschuldungsfonds gewährt, der als Sondervermögen vom Land durch einen jährlich festgelegten Betrag von bis zu 35 Mio. Euro und von den Kommunen in gleicher Höhe durch Inanspruchnahme des kommunalen Finanzausgleichs gefüllt wird. Damit bleiben die Kommunen zwar Schuldner der Liquiditätskredite, die Kommunen erhalten jedoch gleichzeitig durch eine individuelle vertragliche Vereinbarung mit dem Land einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung von Zins und Tilgung bis zur vollständigen Ablösung der Kredite in der vereinbarten Höhe. Darüber hinaus ist im Rahmen einer Änderung des niedersächsischen Finanzausgleichsgesetzes eine kommunalhaushaltsrechtliche Regelung beabsichtigt, mit der die Kommunen rechtlich so gestellt werden, als ob diese ihre Liquiditätskredite in der vertraglich festgelegten Höhe bereits getilgt hätten.

Zu 2.:

Mitglieder der Lenkungsgruppe waren und sind u.a. der Leiter der Regierungsvertretung Lüneburg und der Leiter der Kommunalaufsicht im Niedersächsischen Ministerium für Inneres, Sport und Integration. Insoweit gehören dem Lenkungsausschuss zwei Bedienstete des Innenministeriums an. Diese haben allerdings nicht an der Erstellung des Projektberichts bzw. an den vorangegangenen Untersuchungen mitgewirkt.

Ein weiterer Vertreter der Regierungsvertretung Lüneburg war mit der Leitung der Projektgruppe betraut, diese besteht im Übrigen aus verschiedenen Führungsverantwortlichen der beteiligten Kommunen und Vertretern der dortigen Personalvertretungen.

In der Sitzung der Lenkungsgruppe am 25.09.2009 wurde der von der Projektgruppe erarbeitete Berichtsentwurf diskutiert. Dieser beinhaltet Konsolidierungsvorschläge mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund 1,6 Mio. Euro. Da die Lenkungsgruppe diesen Berichtsentwurf bislang nicht beschlossen hat, kann weder die Rede von einem festgestellten "maximalen Einsparpotential" noch von einem festgestellten Einsparpotential in Höhe von 1,6 Mio. EUR die Rede sein. Die Vertreter der Landesregierung haben bei der Beratung des Berichtsentwurfs erhebliche Zweifel an der vollständigen Ermittlung des Einsparpotentials geäußert, woraufhin die Lenkungsgruppe die Projektgruppe aufgefordert hat, weitere Aufgabenbereiche einer intensiven Überprüfung zu unterziehen.

Zu 3.:

Aufgrund der hohen Verschuldung und seiner Finanzschwäche kann der Landkreis Lüchow-Dannenberg viele seiner Aufgaben nur auf niedrigem Niveau wahrnehmen.

Hierzu zählt insbesondere auch die Pflicht zum Haushaltsausgleich und zur Wiedererlangung der dauernden Leistungsfähigkeit. Dies ist insbesondere durch die Aufstellung und konsequente Abarbeitung von Haushaltssicherungskonzepten sicherzustellen. Vor dem Hintergrund der auch weiterhin zu erwartenden erheblichen Fehlbedarfe in den kommunalen Haushalten in Lüchow-Dannenberg und der in den vergangenen Jahren bereits geflossenen erheblichen Bedarfszuweisungen zeigt sich jedoch, dass der Landkreis diese Funktionen gegenwärtig nicht ausreichend wahrnehmen kann. Neben einem Rekorddefizit von inzwischen mehr als 110 Mio. EUR prognostiziert der Kreis auch für die kommenden Haushaltsjahre erhebliche Fehlbedarfe, die das Defizit weiter stark ansteigen lassen werden.

Aus den in der Anfrage erwähnten Ergebnissen der Projektgruppenarbeit verfestigt sich für die Landesregierung der Eindruck, dass der Bereich der Haushaltskonsolidierung vielfach nicht mit dem notwendigen Nachdruck in Angriff genommen wird. Neben den Zwischenergebnissen der Projektarbeit bildet das jüngste Beispiel die Verweigerung des Lüchow-Dannenberger Kreistages, mögliche Synergien einer verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit bzw. einer Fusion mit Nachbarlandkreisen gutachterlich untersuchen zu lassen. Auch hier ging es in erster Linie darum, Konsolidierungspotentiale aufzuzeigen, um diese in den weiteren Diskussionsprozess einbringen zu können.

Allein schon an diesen Beispielen wird deutlich, dass Herr Ministerpräsident Wulff in dem zitierten Zeitungsinterview am 28.11.2009 zutreffend feststellt: "Im Moment erkenne ich nicht, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg schlüssig darlegen kann, seine Funktionen allesamt zu erfüllen."

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.12.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln