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Gemeindefusion Holzminden/Northeim

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26.11.2009; Fragestunde Nr. 37


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Aufgrund von Gesprächen mit dem niedersächsischen Innenministerium haben die Landräte der Landkreise Holzminden und Northeim in den letzten Wochen eine Fusion zu einem Großkreis im Solling vorgeschlagen. Dies hat Streit und Diskussionen in der Region ausgelöst.

Innenminister Schünemann, der auch Kreistagsmitglied in Holzminden und Ratsvorsitzender in der Kreisstadt Holzminden ist, "steht dem Projekt positiv gegenüber" (Neue Presse vom 5. November 2009), obwohl der Kreistag und der Stadtrat mit seiner Stimme noch vor 15 Monaten jeweils einstimmig Resolutionen für den Erhalt des Landkreises Holzminden verabschiedet haben.

Laut Täglichem Anzeiger Holzminden (TAH) vom 10. November 2009 hat Innenminister Schünemann eine Auflösung des Landkreises Holzminden als "riesige Chance" bezeichnet und betont, dass er froh sei, dass Holzmindens Landrat Walter Waske die Diskussion angeschoben hat: "Wir als Land wollen das unterstützen". Zusätzlich habe Schünemann zugesagt, "als Modellregion Aufgaben des Landes auf Landkreis und Kommunen zu übertragen" (TAH vom 10. November 2009).

In der Deister-Weser-Zeitung vom 5.11.2009 wird über ein Gespräch des Northeimer Landrats Michael Wickmann mit Innenminister Schünemann über eine Fusion berichtet:

"Ziel einer Fusion sei es einerseits, bei den Personalkosten zu sparen, sagte Wickmann. Die Verwaltung solle jedoch auch neu organisiert werden. Ihm schwebe ein landesweiter Modellkreis mit einer bürgerfreundlichen, dezentralen Verwaltung vor. Städte und Gemeinden sollten möglichst viele Aufgaben vor Ort erledigen und Ansprechpartner für die Bürger sein. Der neue Großkreis solle nur zentrale Aufgaben übernehmen. Innenminister Schünemann (CDU), mit dem die Landräte die mögliche Fusion besprochen haben, steht dem Projekt nach Wickmanns Worten positiv gegenüber. Innenminister Schünemann sitzt als Abgeordneter auch im Kreistag seines Heimatkreises Holzminden" (DEWEZET vom 5. November 2009).

Noch im Februar 2009 hatten sich aufgrund eines ähnlichen Vorstoßes von Innenminister Schünemann für einen "Weserberglandkreis" (siehe Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung "Will Innenminister Schünemann die Landkreise Holzminden. Hameln-Pyrmont und Schaumburg auflösen?" vom 10. Februar 2009) der FDP-Umweltminister und Kreisvorsitzende Hans-Heinrich Sander sowie die Kreistagsfraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen noch einmütig und "ohne wenn und aber" für den Erhalt eines eigenständigen Landkreises Holzminden ausgesprochen (TAH vom 26. Februar 2009). Weder in Holzminden noch in Northeim gibt es bislang einen Kreistags- oder Kreisausschussbeschluss zur Aufnahme von Verhand-lungen mit den Nachbarkreisen und dem Land. Im Gegenteil gibt es viele negative Äußerungen aus allen Fraktionen gegen Verhandlungen und die Aufgabe der Selbständigkeit (siehe DEWEZET vom 6. November 2009, 10. November 2009 oder 14.1 November 2009).

Die Landräte aus Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Göttingen und Osterode kritisierten den aktuellen Alleingang der zwei Landräte aus Holzminden und Northeim mit dem Land. Osterodes Landrat Bernhard Reuter sagte: "Ich bedauere, dass hier zwei Landräte vorangehen und dass man sich nicht zu viert in Südniedersachsen zusammensetzt" (HNA vom 10. November 2009). Seinen Hauptvorwurf richtete Reuter aber an die Landesregierung: "Weil diese keine verbindlichen Strukturen vorgebe, auf deren Basis sich eine Kreisreform vollziehen soll, sei nun ein Wildwuchs bei Fusionen möglich. Das wird chaotisch enden." (HNA vom 10. November 2009). Für Göttingens Landrat Reinhard Schermann ist ein Zusammenschluss mit einem oder mehreren Landkreise kein Thema: "Die Braut wäre teurer als die Hochzeitsprämie" (HNA vom 10. November 2009). Stattdessen erwarte er von der Landesregierung finanzielle Hilfe.

Als Grund für Fusionen wird immer wieder die desolate Finanzlage kleiner Landkreise angegeben. Laut DEWEZET vom 26. Februar 2009 betragen die langfristigen Schulden in Hameln-Pyrmont 57,4 Millionen Euro, im Landkreis Holzminden jedoch nur 2,8 Millionen Euro, also weniger als ein Zwanzigstel. Pro Einwohner betragen die Schulden im deutlich größeren Kreis Hameln-Pyrmont 365,13 Euro, im von der Einwohnerzahl her zweitkleinsten Landkreis Holzminden nur 37,33 Euro pro Kopf. Der Landkreis Holzminden hat ausgeglichene Haushalte ohne Haushaltskonsolidierungszwang und konnte erst kürzlich wieder eine Million Euro für die Vorplanung einer Bundesstraße ("Ith-Tunnel") ausgeben.

Klaus Wallbaum schrieb in der HAZ vom 15. April 2009: "Das Lockmittel der Landesregierung wirkt in Holzminden nicht. Das Kabinett hatte großzügig angeboten, im Fall der Fusionsbereitschaft einen Großteil der Altschulden zu übernehmen. Landrat Waske aber hat gar keine klamme Kasse, denn als Spätfolge aus dem Verkauf der Anteile an der Energieversorgung Wesertal konnte der Kreis einen zweistelligen Millionenbetrag auf die hohe Kante legen." Eine Leserin wird zitiert: "Vielleicht sollten wir uns unattraktiver machen. Wenn wir auch so viele Schulden hätten, wie die Hamelner, würden die uns womöglich gar nicht wollen..." (DEWEZET vom 26. Februar 2009).

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie hoch sind jeweils die langfristigen Verbindlichkeiten, Kassenkredite, Rücklagen und sonstigen Schulden der Landkreise Holzminden, Hameln-Pyrmont, Northeim und Hildesheim?
  2. Stimmt die Aussage der Landräte aus Holzminden und Northeim, dass Innenminister Schünemann eine Fusion der beiden Landkreise befürwortet, wenn ja, warum?
  3. Welche Zusagen des Landes hat Innenminister Schünemann den beiden Landräten im Fall einer Kreisfusion konkret gemacht oder in Aussicht gestellt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Auf der Grundlage eines Kabinettsbeschlusses vom 03.03.2009 hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration mit den kommunalen Spitzenverbänden eine gemeinsamen Erklärung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Kommunen (Zukunftsvertrag) verhandelt. Nach der grundsätzlichen Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände im September/Oktober 2009 wird die endgültige Zustimmung auf der Basis des Kabinettsbeschlusses vom 24.11.09 demnächst erwartet. Die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände verabreden mit diesem Vertrag den Ausbau eines Instrumentariums zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften und damit auch einen Beitrag zur Entspannung der strukturellen Finanzprobleme einzelner Kommunen. Im Mittelpunkt stehen dabei das Prinzip der bürgernahen Durchführung öffentlicher Aufgaben die Möglichkeit einer kommunalen Entschuldung als zentraler Baustein für eine zukunftsfähige Ausrichtung zahlreicher strukturschwacher Gemeinden und Landkreise sowie eine ressortübergreifende Strukturpolitik mit den Kommunen des Landes.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration führte bisher mit über 60 niedersächsischen Kommunen Gespräche über die Inanspruchnahme einer Entschuldungshilfe auf der Basis des Zukunftsvertrages. In diesem Zusammenhang fand am 27. Oktober 2009 auf Wunsch der Landräte der Landkreise Holzminden und Northeim ein Gespräch im Ministerium für Inneres, Sport und Integration im Beisein des Ministers statt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Hameln-Pyrmont

Hildesheim

Holzminden

Northeim

investive (langfristige) Verschuldung inkl. Haushaltseinnahmereste voraussichtlicher Stand zum 31.12.2009

57.376.233 €

52.751.100 €

8.589.738 €

50.917.598 €

investive (langfristige) Verschuldung pro Einwohner; voraussichtlicher Stand zum 31.12.2009 (Landesdurchschnitt Pro-Kopf-Verschuldung am 31.12.2008: 337,50 €)

364,97 €

183,46 €

113,49 €

355,50 €

Liquiditätskredite (kurzfristige Verschuldung); Stand zum 30.06.2009

40.277.704 €

82.000.000 €

30.900.000 €

45.500.000 €

Liquiditätskredite (kurzfristige Verschuldung) pro Einwohner; Stand zum 30.06.2009

256,21 €

285,18 €

408,27 €

317,68 €

noch abzudeckender Fehlbetrag aus Vorjahren (kameral und doppisch insgesamt); voraussichtlicher Stand zum 31.12.2009

45.127.256 €

96.692.000 €

29.349.041 €

50.192.327 €

Rücklagen bzw. Finanzvermögensanlagen; voraussichtlicher Stand zum 31.12.2009

51.489.300 €

5.152.641€

11.854.904 €

0 €

Zu 2.:

Der Minister für Inneres, Sport und Integration befürwortet grundsätzlich alle Bemühungen um eine freiwillige Fusion von Kommunen. Dies gilt auch für die Bemühungen um eine mögliche Fusion der Landkreise Holzminden und Northeim.

Zu 3.:

Der Minister für Inneres, Sport und Integration hat den Landräten bei ihren Bemühungen um eine Fusion die in seinen Möglichkeiten liegende Unterstützung zugesagt, wie dieses in allen anderen Fällen auch erfolgt ist. Insbesondere ist den Vertretern der Landkreise die finanzielle Förderung eines etwaigen Fusionsgutachtens in Aussicht gestellt worden, wie dieses generell bei konkreten Fusionsabsichten üblich ist.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
02.12.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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