Übergriff auf Bahnhof Weddel am 07.11.2009
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26.11.2009; Fragestunde Nr. 16
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE); es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Schwerbewaffnete Braunschweiger Hooligans haben am Samstag, den 7. November 2009, auf dem Bahnhof Weddel, östlich von Braunschweig, einen mit Fußballfans von "Hannover 96" besetzten Regionalzug attackiert. Nach Angaben der Polizei gingen 20 bis 30 vermummte Gewalttäter mit Eisenstangen und Baseballschlägern auf den Zug los, in dem etwa 130 Fans aus Hannover saßen. Dabei richteten die noch unbekannten Angreifer nach Angaben der Bahn mehrere Zehntausend Euro Sachschaden an. Die Angreifer hinterließen am Tatort antisemitische Schmierereien. Bereits im Februar dieses Jahres wurde ein Fan-Lokal in Hannover von Personen aus dem Braunschweiger Umfeld überfallen.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung der Tathergang am 7. November 2009 auf dem Bahnhof Weddel dar, und wie bewertet sie diesen?
- Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass es sich in diesem Zusammenhang um eine neue Qualität der Gewalt handelt, und, wenn ja, welche Maßnahmen wird sie dagegen einleiten?
- Gibt es aus Sicht der Landesregierung Zusammenhänge zwischen dem Überfall im Februar dieses Jahres und dem Überfall auf dem Bahnhof Weddel?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Zu der vorliegenden Anfrage hat mir die örtlich zuständige Polizeidirektion Braunschweig berichtet. Danach sind die polizeilichen Feststellungen und ersten Einsatzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Sachverhalt am 7.11.2009 am Bahn-Haltepunkt Weddel ausschließlich durch die Bundespolizei getroffen worden.
Kräfte der Landespolizei sind ca. zehn Minuten nach dem Vorfall aufgrund einer Information der Bundespolizei nach Weddel verlegt worden, trafen allerdings erst vor Ort ein, als die Täter bereits geflüchtet waren. Eine anschließende Fahndung sowie weitere Maßnahmen am Bahnhof Braunschweig führten nicht zum Ergreifen von Tatverdächtigen.
Zum Geschäftsbereich der Bundespolizei nimmt die Landesregierung grundsätzlich nicht Stellung. Zudem sind die Ereignisse in Weddel derzeit Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Schweren Landfriedensbruchs, so dass eine abschließende Stellungnahme der Landesregierung derzeit nicht möglich ist.
Da sich in dem nahe der Stadt Braunschweig angegriffenen Zug ca. 130 Anhänger von Hannover 96 auf der Rückfahrt von einem Fußballspiel befanden, kommt der bestehenden Rivalität bzw. Feindschaft gewaltbereiter Fußballfans der Vereine Hannover 96 und Eintracht Braunschweig selbstverständlich eine besondere Bedeutung bei der Ermittlung von Identität und Motivation der Angreifer zu. Die Ermittlungen werden daher in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe der Bundespolizeiinspektion Hannover und der Landespolizei in Braunschweig geführt.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Siehe Vorbemerkung.
Zu 2.:
Die Landesregierung stellt aktuell fest, dass die Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen zunimmt. Auch in den Problemfanszenen ist derzeit eine strukturelle Wandlung festzustellen, die genau beobachtet wird.
Offensichtlich aufgrund des mittlerweile in den Stadien erreichten Sicherheitsstandards, der im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Vereinen/Verbänden und Polizei immer weiter verbessert worden ist, werden mittlerweile vermehrt Auseinandersetzungen auf den Reisewegen der Fans festgestellt. Dieses sind zum Teil Aktionen im Rahmen eines zufälligen Aufeinandertreffens, zum Teil aber auch vorbereitete Treffen, so genannte Drittortauseinandersetzungen.
Auf der Grundlage bestehender und bewährter Konzepte hat die Polizei Niedersachsen die Voraussetzungen verbessert, solche Drittortauseinandersetzungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern, zuletzt u. a. durch die Ausweitung und die Qualifizierung des Einsatzes von szenenkundigen Beamtinnen und Beamten.
Darüber hinaus werden im Zusammenwirken aller Beteiligten, insbesondere der Länder- und Bundespolizeien, derzeit Konzepte entwickelt, die eine noch effektivere Bekämpfung derartiger Aktionen gewaltbereiter Fans auf den Reisewegen gewährleisten werden.
Ein besonderes Gewicht wird die Landesregierung darüber hinaus auf eine Intensivierung der Gewaltprävention im Zusammenhang mit Fußball legen. Um die hierzu erforderlichen gemeinsamen Anstrengungen zwischen Sicherheitsbehörden und Verbänden zu initiieren, hat Niedersachsen bereits erste Gespräche mit dem Deutschen Fußballbund geführt und diese Thematik zur Erörterung in der nächsten Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder angemeldet.
Weitere Ausführungen zu den in Niedersachsen ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen sind den Ausführungen in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage "Fußball und Gewalt - Situation in Niedersachsen" aus dem August 2009 (LT-Drucksache 16/1625, Mdl. Anfrage Nr. 7) zu entnehmen.
Zu 3.:
Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen schließen lassen.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
Artikel-Informationen
erstellt am:
02.12.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
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