Aktivitäten von sog. Rockergruppen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26.11.2009; Fragestunde Nr. 14
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE); es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Ende Oktober dieses Jahres kam es in Duisburg zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Rockergruppen Hell’s Angels und Bandidos, welche deutlich machen, dass diese Gruppierungen eine Gefahr für die Sicherheit in unserem Land darstellen. Auch im Land Niedersachsen treten diese Gruppierungen immer offensiver auf. Das wurde kürzlich auch von der Landesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage in der Fragestunde im August 2009 bestätigt. In Niedersachsen sind laut dieser Antwort u. a. die großen vier Klubs Hell’s Angels MC, Bandidos MC, Outlaws MC und Gremium MC vertreten. Die Mitglieder entfalten ihre Aktivitäten u. a. in den Bereichen Rotlichtmilieu, Eventgastronomie sowie dem Sicherheitsgewerbe. Die Zahl der Mitglieder in diesen Gruppierungen liegt laut Landesregierung derzeit bei ca. 300 Personen. Über etwa die Hälfte dieser Personen liegen kriminalpolizeiliche Erkenntnisse vor. Der niedersächsischen Polizei seien im vergangenen Jahr insgesamt 49 Straftaten, begangen durch Mitglieder dieser Gruppen, bekannt geworden, denen 56 Tatverdächtige zugeordnet werden können. Dabei handelt es sich im We-sentlichen um Gewaltdelikte (Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Erpressung und Sachbeschädigung), Eigentumsdelikte, Verstöße gegen das Waffengesetz und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegen die kriminellen Aktivitäten sogenannter Rockergruppen angesichts der jüngsten schweren Auseinandersetzungen?
- Prüft die Landesregierung in diesem Zusammenhang ein Verbot solcher Gruppierungen und wenn ja, wann ist damit zu rechnen?
- Wenn nein, aus welchen Gründen ist eine solche Prüfung nicht vorgesehen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Mit Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 29.07.2005 die "Rahmenkonzeption zur Intensivierung der Bekämpfung der schweren und Organisierten Kriminalität im Umfeld von Motorradclubs (Rockerkriminalität) in Niedersachsen" in Kraft getreten. Damit einhergehend ist im Landeskriminalamt Niedersachsen in der Zentralstelle Organisierte Kriminalität (Dez. 35) eine Ermittlungsgruppe eingerichtet worden.
Die Ermittlungsgruppe gewährleistet als Zentralstelle das Informationsmanagement in diesem Phänomenbereich in Niedersachsen. Neben der Erstellung und Fortschreibung eines Lagebildes werden dort auch schwerpunktmäßig Ermittlungen in straf- und gefahrenabwehrrechtlichen Einzelverfahren geführt.
Zudem ist sie Ansprechstelle im Rahmen des bundesweiten und internationalen Informationsaustausches. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden – ggf. mit einer strategischen Ergänzung oder Bewertung – anlassbezogen den Polizeidienststellen für deren Aufgabenbewältigung zur Verfügung gestellt.
Die allgemeine Informationsgewinnung zu Motorradclubs und die gezielte Informationsbeschaffung im Deliktsbereich "Rockerkriminalität" werden vorrangig in den Polizeidienststellen in der Fläche wahrgenommen. Hierzu sind in jeder Polizeiinspektion Ansprechpartner "Rockerkriminalität" eingesetzt, die Gefahrensituationen im Vorfeld erkennen und minimieren sollen.
Die Maßnahmen einer darüber hinaus vor wenigen Wochen zwischen den Ländern und dem Bund abgestimmten Bekämpfungsstrategie werden in Niedersachsen konsequent umgesetzt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Biallas (CDU) zur Fragestunde des Nds. Landtages am 28.08.2009 verwiesen.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Auch im Hinblick auf die jüngsten Auseinandersetzungen in Nordrhein-Westfalen wird der Informations- und Erfahrungsaustausch durch eine zielgerichtete Informationserhebung, Informationssteuerung und -verarbeitung zur nachhaltigen Bekämpfung des Phänomens innerhalb der einzelnen Länder und dem BKA gewährleistet.
Sowohl das Landeskriminalamt Niedersachsen als auch die Ansprechpartner "Rockerkriminalität" der Polizeiinspektionen sind direkt in den Informations- und Erfahrungsaustausch eingebunden.
Hinsichtlich des Aspektes der Verdachtsgewinnung werden sämtliche Informationsquellen genutzt. Das Instrumentarium polizeilicher Ermittlungsmaßnahmen zur Bekämpfung Organisierter Kriminalität wird dabei vollständig eingesetzt.
Die Ausschöpfung aller rechtlichen und taktischen Möglichkeiten, einschließlich aller verkehrs-, gaststätten-, gewerbe-, vereins- und baurechtlichen Maßnahmen bis hin zu Zeugen- /Opferschutzmaßnahmen, stellt sich für die Polizeibehörden bei der Ermittlungsführung als handlungsleitend dar.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
Zu 2. und 3.:
Das Landeskriminalamt Niedersachsen bearbeitet herausragende Ermittlungsverfahren im Umfeld der Rockergruppierungen in Niedersachsen. Fälle, in denen den Ermittlungskomplexen Straftaten zu Grunde liegen, die Verbindungen zwischen den Tätern und der Gruppenstruktur erkennen lassen, werden auch unter vereinsrechtlichen Gesichtspunkten bewertet.
Um die Wirksamkeit möglicher vereinsrechtlicher Maßnahmen nicht zu gefährden, können keine Auskünfte darüber erteilt werden, ob und gegebenenfalls gegen welche Rockergruppierungen Verbotsverfahren geplant sind.
Artikel-Informationen
erstellt am:
27.11.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
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