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Passersatzpapiere für die Abschiebung von Flüchtlingen in die Republik Guinea

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.10.2009; Fragestunde


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (GRÜNE) ; Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Der Landkreis Cuxhaven hat unter Mitarbeit der Ausländerbehörde Hamburg und der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde Braunschweig im März 2009 Passersatzpapiere für die Abschiebung von Flüchtlingen in die Republik Guinea gekauft. Dafür hat der Landkreis nach einer Auszahlungsanordnung 2 500 Euro bezahlt, ohne dafür zumindest zunächst eine Quittung zu erhalten.

Weder die Europäische Union noch die UNO erkennen die seit Dezember 2008 in Guinea an der Macht befindliche Militärregierung an. Die Menschenrechtslage in Guinea ist nach Einschätzung Sachverständiger extrem schlecht. Guinea steht auf dem Korruptionsindex von Transparency International für 2008 auf einem der hinteren Plätze (Platz 173 von 180). Auch die neue Militärregierung wird von Fachleuten als korrupt angesehen.

Seit Jahren besuchen Delegationen dieses Staates Deutschland, die Abschiebungspapiere bzw. Passersatzpapiere gegen Bargeld anbieten. In diesem Zusammenhang kam es auch immer wieder zu Vorführungen und Anhörungen von Flüchtlingen zwecks Identifizierung als Staatsangehörige von Guinea. Gegen einen Delegationsleiter wurde durch deutsche Behörden strafrechtlich wegen Schleusertätigkeiten ermittelt.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie ist der Kauf der Papiere im März abgelaufen (Beteiligte, Anzahl und Art der Papiere, Zahlungsweise)?
  2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die gekauften Papiere authentisch sind und das dafür gezahlte Geld nicht Gegenstand von Korruption wird?
  3. Wie sieht die deutsche Aufenthaltshistorie der Personen, für die die Papiere gekauft wurden, jeweils in groben Zügen aus?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Die Vorführung ausreisepflichtiger Ausländerinnen und Ausländer, deren Identität nicht geklärt ist, im Rahmen von Sammelanhörungen vor Expertenkommissionen bzw. besonders ermächtigte Bedienstete des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die ausreisepflichtigen Personen vermutlich besitzen, ist eine vom Aufenthaltsgesetz vorgesehene Form der Identitätsklärung, zu der die Ausländerbehörden gem. § 82 Abs. 4 AufenthG ermächtigt sind.

Die Festsetzung der Gebühren und Auslagen die von den Herkunftsstaaten für Anhörungen, Identitätsprüfungen und Ausstellung von Passersatzpapieren für eigene Staatsangehörige erhoben werden, obliegt ausschließlich den jeweiligen Herkunftsstaaten. Die Höhe der Gebühren ist dabei u.a. auch davon abhängig, welche weiteren Ermittlungen und Nachforschungen bei den inländischen Behörden des Herkunftsstaates (Register- bzw. Meldebehörden) erforderlich werden. Weder die niedersächsische Landesregierung noch die Ausländerbehörden haben Einfluss auf die Höhe und Form der Erhebung von Gebühren und Auslagen der Herkunftsstaaten.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Nach dem der guineische Staatsangehörige Alfa D. sich im Jahr 2007 einer geplanten Vorfühung zur Identitätsklärung entzogen hatte, wurde die Ausländerbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg von der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) Niedersachsen, die in Niedersachsen zentral für die Passersatzpapierbeschaffung u.a. für Guinea zuständig ist, im Rahmen eines Amtshilfeersuchens um Unterstützung bei der Beschaffung eines Passersatzpapieres für den genannten guineischen Staatsangehörigen gebeten. Nach Abschluss der erforderlichen Identitätsprüfung im Heimatland wurde von der guineischen Seite für den Aus-länder ein Passeratzpapier ausgestellt und über die Ausländerbehörde Hamburg dem Landkreis Cuxhaven ausgehändigt.

Zu 2.:

In Niedersachsen ist sichergestellt, dass Passersatzpapieranträge, soweit in Rückübernahmeabkommen keine andere Zuständigkeit festgelegt ist, nur der Botschaft oder den Konsulaten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der ausreisepflichtige Ausländer vermutlich besitzt, zugeleitet werden. Ebenso ist gewährleistet, dass Anhörungen zum Zweck der Identitätsklärung nur bei den Auslandsvertretungen der in Frage kommenden Herkunftsstaaten oder vor Expertenkommissionen, die zum Zweck der Identitätsklärung durch ein Rückübernahmeabkommen von den Behörden des Staates, deren Staatsangehörigen hier identifiziert werden sollen, für diese Aufgabe autorisiert sind und mit Zustimmung des Auswärtigen Amtes nach Deutschland ein-reisen, durchgeführt werden.

Zu 3.:

Der guineische Staatsangehörige Alfa D. reiste am 17.11.1998 in die Bundesrepublik Deutschland und stellte als angeblich sierra-leonischer Staatsangehöriger am 23.11.1998 einen Asylantrag, der am 02.12.1999 endgültig rechtskräftig abgelehnt wurde. Während seines Aufenthalts verwendete er insgesamt vier Aliasidentitäten. Am 25.11.2004 wurde abschließend festgestellt, dass der Ausländer nicht aus Sierra Leone stammt und auch nicht die sierra-leonische Staatsangehörigkeit besitzt.

Am 16.01.2006 wurde auf Grund der vermuteten guineischen Staatsangehörigkeit die Passersatzpapierbeschaffung bei der guineischen Auslandsvertretung eingeleitet und am 17.03.2009 mit Erhalt der Passersatzpapiere abgeschlossen.

Während seines Aufenthalts in Deutschland ist der Ausländer mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und verurteilt wurde. Am 03.04.2008 wurde er auf Grund seiner strafrechtlichen Verfehlungen aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen.

Zuletzt wurde der Ausländer am 28.09.2009 aus der Strafhaft entlassen. Eine Abschiebung konnte bisher noch nicht erfolgen, weil auf Grund eines weiteren laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens die erforderliche Zustimmung zur Abschiebung der Staatsanwaltschaft gem. § 72 Abs. 4 AufenthG noch nicht erteilt wurde.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.10.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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