Katastrophenschutzplan für das Atommüll-zwischenlager Gorleben
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.09.09; Fragestunde Nr. 17
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Schröder-Ehlers (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordnete hatte gefragt:
In der oberirdischen Betonhalle des Transportbehälterlagers Gorleben lagern inzwischen 91 Castoren mit hoch radioaktivem Atommüll. Weitere, schwach wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle befinden sich in dem Zwischenlager. Angesichts dieses Gefahrenpotenzials besteht seit Jahren die Forderung, den nuklearen Störfall in die Katastrophenschutzplanung des Landkreises Lüchow-Dannenberg einzubeziehen.
Ich frage die Landesregierung:
- Warum gibt es keinen Katastrophenschutzplan für die kerntechnische Anlage südlich von Gorleben?
- Welche konkreten Schutzvorkehrungen für die Bevölkerung wurden angesichts des angestiegenen Gefahrenpotenzials bisher getroffen?
- Bestehen Absprachen mit anderen Bundesländern darüber, inwieweit eine gesonderte Katastrophenschutzplanung in der Umgebung kerntechnischer Anlagen zum Zuge kommen soll, und welche Kriterien wurden dazu aufgestellt?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle wird in Niedersachsen u. a. als zentrales Zwischenlager für hochradioaktiven Abfall das Transportbehälterlager Gorleben (TBL-G) sowie für schwach und mittelradioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung das Abfalllager Gorleben (ALG) betrieben.
Ausgehend von den Schutzvorschriften des Atomgesetzes (AtG) und des § 51 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) ist der Betreiber einer kerntechnischen Einrichtung in der anlageninternen Notfallplanung dafür verantwortlich, bei Stör- und Unfällen dafür zu sorgen, dass die Gefahren für Mensch und Umwelt so gering wie möglich gehalten werden.
Der Betreiber muss daher zur Beherrschung von Notfallsituationen geschultes Personal und möglicherweise erforderliche Hilfsmittel bereit halten und die für den Notfallschutz zuständigen Behörden mit den für die Beseitigung eines Störfalls notwendigen Informationen versorgen. Er hat die zuständigen Behörden bei der Planung von Notfallmaßnahmen zu unterstützen.
Umfangreiche Maßnahmen der anlagenexternen Notfallplanung, (z. B. Erstellung eines externen Notfallplans (Katastrophenschutzsonderplan)) sind gesetzlich nicht vorgesehen, wenn für Auslegungsstörfälle sowie für Ereignisse mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit die rechnerischen effektiven Dosen in der Umgebung der Anlage unterhalb der Grenzwerte der Strahlenexposition nach Störfällen gemäß §§ 49 und 50 StrlSchV liegen.
Dies wurde seinerzeit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das ALG und das TBL-G entsprechend begutachtet. Notwendige Maßnahmen, u. a. auch für den Fall einer Brandbekämpfung, wurden vom Betreiber mit den zuständigen Landesbehörden abgestimmt und im Rahmen des allgemeinen Katastrophenschutzes alarmplanmäßig sichergestellt.
Das Atommüll-Zwischenlager Gorleben ist damit aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zur eigenen Notfallplanung und im beschriebenen Umfang zur Abstimmung mit anderen Behörden verpflichtet. Die technische Sicherheit der dort lagernden Behälter ist auch in jedweder Hinsicht durch die zuständigen Fachbehörden geprüft und genehmigt und damit gewährleistet. Nach Einschätzung des Nds. Umweltministeriums unter Zugrundelegung der Gutachten der Fachbehörden geht von den eingelagerten Abfällen keine Gefährdung aus, die die Erstellung eines Sonderplanes erforderlich machen.
Gleichwohl hat der Landkreis Lüchow-Dannenberg als zuständige Katastrophenschutzbehörde im allgemeinen Katastrophenschutzplan (K-Plan) aufgrund der o. a. Abstimmung und eigener Vorkehrungen den Fall einer Freisetzung von Radioaktivität berücksichtigt, insbes. durch Verweise auf die zuständigen Behörden mit Erreichbarkeitslisten, eine geografische Darstellung des Lagers, Festlegungen von Zentral-, Mittel- und Außenzonen und der dazu gehörigen Zoneneinteilung für evtl. notwendig werdende Evakuierungsmaßnahmen. Im K-Plan sind auch die zur Schadensbewältigung zur Verfügung stehenden kommunalen Gefahrgutzüge, ggf. mit Unterstützung durch die ergänzende Zivilschutzausstattung des Bundes für CBRN - Gefahren in Zusammenarbeit mit den besonderen Gefahrenabwehrbehörden des Bundes – z. B. Bundesamt für Strahlenschutz – aufgeführt.
Insgesamt wird deutlich, dass sowohl der Betreiber als auch die zuständigen Behörden ihre Pflichten erfüllt haben.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1 und 2:
Ein Anstieg des Gefahrenpotentials durch die Einlagerung ist nicht bekannt. Die Schutz-vorkehrungen sind durch den Betreiber für den inneren Betriebsbereich sowie durch die Regelungen im allgemeinen Katastrophenschutzplan für den Fall einer Freisetzung von Radioaktivität enthalten. Sie werden durch ständige Aktualisierungen des K-Planes und Übungen der Katastrophenschutzbehörde sichergestellt.
Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
Zu 3:
Zum Schutz der Bevölkerung wurde ein Konzept der nuklearen Notfallvorsorge eingerichtet, das im Ereignisfall sehr frühzeitig, d.h. bereits bei einer Überschreitung der Grenzwerte der Ableitungen des bestimmungsgemäßen Betriebes oder bei einem Störfall Anwendung findet.
Insbesondere zur Harmonisierung des Katastrophenschutzes hat der Bund zusammen mit den Ländern eine "Rahmenempfehlung für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen" (RE) unter Beteiligung der Innenbehörden erarbeitet. Diese wurden aktuell überarbeitet und in diesem Jahr in Niedersachsen für verbindlich erklärt. Die RE enthalten insbesondere auch Umsetzungshinweise zur Anpassung der Katastrophenschutzplanungen, wozu die Nds. Katastrophenschutz-Behörden aufgefordert wurden.
Die Rahmenempfehlungen bilden die Grundlage für die Erstellung der besonderen K-Pläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen (Sonderplan).
Insbesondere sind von den Betreiberlandkreisen sog. Sonderpläne zu erstellen bzw. anzupassen. Da es jedoch Auswirkungen auch für benachbarte Landkreise geben kann, haben diese aus dem Sonderplan Anschlusspläne zu erstellen. Dies gilt länderübergreifend.
Die RE regeln die Planungen für länderübergreifende Katastrophenfälle:
Können mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein, so ist die länderübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation zu planen, zu vereinbaren und zu beschreiben. Zudem ist ein Radiologisches Lagezentrum einzurichten.
Artikel-Informationen
erstellt am:
25.09.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010