Abschiebungsstopp für Roma aus der Republik Kosovo
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26.08.09; TOP 10 + 11
Rede von Innenminister Uwe Schünemann zu den Anträgen der Fraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen; es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
die in den vorliegenden Entschließungsanträgen erhobenen Forderungen der Fraktionen DIE LINKEN und Bündnis 90/ Die Grünen nach einem Abschiebungsstopp für Roma aus der Republik Kosovo und einer umfassenden Bleiberechtsregelung waren schon mehrfach Gegenstand der politischen Diskussion.
Ich sehe nach wie vor keine Veranlassung, diesen Forderungen nachzukommen. Für eine umfassende Bleiberechtsregelung nur für Roma aus der Republik Kosovo besteht weder die Notwendigkeit noch ist eine derartige Regelung geboten. Die im Anschluss an die IMK-Bleiberechtsregelung erlassene gesetzliche Altfallregelung ist die mit Abstand großzügigste bundesweite Bleiberechtsregelung, die es jemals gegeben hat.
Diese Regelung gilt in vollem Maße auch für Volkszugehörige der Roma.
Sie werden gleichermaßen begünstigt, wenn sie die Erteilungsvoraussetzungen erfüllen. Es muss und kann erwartet werden, dass Personen, die hier bei uns bereits seit einigen Jahren leben, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit eigenständig sicher stellen, zumindest aber eine entsprechende Perspektive für die Zukunft besteht. Die Altfallregelung bot noch die Möglichkeit, in einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so dass die Voraussetzungen für die Legalisierung des Aufenthalts erfüllt werden konnten. Wenn nun viele Volkszugehörige der Roma aus der Republik Kosovo die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts nach der Altfallregelung nicht erfüllen, zeigt dies bedauerlicherweise, dass sie sich während ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland nicht ausreichend integrieren konnten.
Die Forderung nach einer Bleiberechtsregelung, die "um jeden Preis" alle langjährig in Deutschland lebenden geduldeten Ausländer begünstigen würde, lehne ich ab.
Wenn auch diejenigen begünstigt werden würden, die keine oder nur sehr geringfügige Integrationsleistungen erbracht haben, wäre dies auch zutiefst ungerecht gegenüber den Ausländern, die sich in Deutschland eingebracht haben, die deutsche Sprache beherrschen, ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sichern und Beiträge und Steuern zahlen.
Die Forderung nach einem Abschiebungsstopp und einer besonderen Bleiberechtsregelung für Roma aus dem Kosovo wird auch mit der Schutzwürdigkeit dieser Personengruppe und ungünstiger Lebensbedingungen im Kosovo begründet. Schutzbedürftige Ausländer haben die Möglichkeit, in Deutschland Asylrecht, Schutz vor politischer Verfolgung oder Abschiebungsschutz wegen bestimmter Gefahren im Herkunftsstaat zu erlangen. Über die Anerkennung der Schutzbedürftigkeit hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entscheiden. Das Bundesamt hat auch die erforderlichen Kenntnisse über die Herkunftsländer, um in den jeweiligen Einzelfällen sachgerecht entscheiden zu können.
Genauso verhält es sich mit einem Abschiebungsstopp. Der Abschiebungsstopp dient lediglich als ein Instrument zur aktuellen Krisenintervention, mit welchem auf neuere Konfliktsituationen im Herkunftsland zunächst generell reagiert wird. Diese Voraussetzungen sind für einen Abschiebungsstopp für Roma – Volkszugehörige aus der Republik Kosovo nicht erkennbar.
Ich möchte auch kurz Stellung dazu nehmen, wie es dazu gekommen ist, dass nun auch Rückführungen von Roma in die Republik Kosovo möglich sind. Die Bundesregierung hat im Juli 2009 die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommmen mit der kosovarischen Regierung abgeschlossen. Zuvor hatte die kosovarische Seite ab April 2009 schon im Rahmen der Verhandlungen ihre Bereitschaft erklärt, alle Personen mit vermuteter kosovarischer Herkunft zurückzunehmen und zwar unabhängig von der Volkszugehörigkeit. Dies entspricht der Intention der Regierung der Republik Kosovo, eine multi – ethnische Gesellschaft aufzubauen.
Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo am 17. Februar 2008 hat die Regierung der Republik Kosovo kraft Verfassung die Europäische Menschenrechtskonvention für direkt anwendbar erklärt und im Rahmen der Verhandlungen zum Rückübernahmeabkommen dargelegt, ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rücknahme eigener Staatsangehöriger nachkommen zu wollen. Dementsprechend werden Rückführungen in die Republik Kosovo direkt mit dem kosovarischen Innenministerium koordiniert.
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen machen zum Fall einer aus Niedersachsen in die Republik Kosovo abgeschobenen jungen Frau und deren zwei Kinder machen, deren Wiedereinreise von der Fraktion DIE LINKE gefordert wird:
Bei der betreffenden Frau handelt es sich um eine Angehörige der Volksgruppe der Ashkali. Obwohl sie im Kindesalter mit ihren Eltern in die Bundesrepublik eingereist war und nach negativ durchlaufenen Asylverfahren ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, ist es ihr nicht gelungen, sich während ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland zu integrieren. Deshalb konnte sie nicht von der gesetzlichen Altfallregelung begünstigt werden. Sie hat die Förderschule mit Schwerpunkt Lernen und Sprache ohne Abschluss verlassen und verfügt über keinerlei berufliche Qualifikation. Sie war vollziehbar zur Ausreise verpflichtet, hat sich aber geweigert, dieser Verpflichtung nachzukommen. Die Ausländerbehörde war gesetzlich verpflichtet, ihren Aufenthalt durch Abschiebung zu beenden. Ein Ermessen besteht nicht.
Die Vorgehensweise der Ausländerbehörde war also rechtmäßig und ist in keiner Weise zu beanstanden. Einer Wiedereinreise steht zunächst die gesetzlich angeordnete Sperrwirkung der Abschiebung entgegen, die auf Antrag befristet werden kann. Nach Ablauf der Sperrfrist könnte zur Einreise ein Visum unter Benennung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks beantragt werden. Da aber keine Anhaltspunkte erkennbar sind, dass einer der gesetzlich vorgesehenen Aufenthaltszwecke erfüllt sein könnte, sehe ich derzeit rechtlich keine Möglichkeit für eine Wiedereinreise.
Artikel-Informationen
erstellt am:
27.08.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
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