Konferenz der Integrationsminister und –senatoren in Niedersachsen
Erfolgreiche Integrationspolitik braucht verlässliche Datenbasis
HANNOVER. Zur weiteren Verstetigung der Zusammenarbeit der Länder auf dem Gebiet der Integration hat der Vorsitzende der Integrationsministerkonferenz, der Niedersächsische Integrationsminister Uwe Schünemann seine Länderkolleginnen und -kollegen nach Hannover eingeladen.
"Integrationspolitik braucht verlässliche und differenzierte Daten darüber, wie sich die Integration der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte vollzieht", so Schünemann. "Hieraus lassen sich wichtige Erkenntnisse zu Erfolgen sowie Fortschritten bei der Integration und weiteren Handlungsbedarfen für Politik und Verwaltung gewinnen", so der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet. Auf ihrem Treffen in Hannover haben die für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister / Senatorinnen und Senatoren der Länder daher einen gemeinsamen praxis- und anwendungsorientierten Indikatorensatz zum Integrationsmonitoring erarbeitet, der sich gezielt auf Kernbereiche der Integration konzentriert. Dieser wird regelmäßige Berichte zu Integrationsprozessen ermöglichen sowie Grundlage für sich daraus ergebende notwendige Änderungen im Bereich öffentlicher Statistiken sein. Der Indikatorensatz umfasst rund 28 Faktoren. Darunter fallen unter anderem frühkindliche Bildung und Sprachförderung.
Einbürgerung soll attraktiver gestaltet werden, auch darin sind sich die Integrationsminister einig. "In der Einbürgerung komme gelingende Integration zum Ausdruck. Wir brauchen eine neue Willkommenskultur, die zur Einbürgerung ermutigt." Eine von den Integrationsministern beauftragte Länderarbeitsgruppe hat nunmehr in einem ersten Schritt eine Bestandsaufnahme zur Entwicklung der Einbürgerungen seit Mitte der 90er Jahre vorgelegt. Der Bericht beleuchtet die Einbürgerungszahlen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und "weiche Faktoren". "Schon diese Bestandsaufnahme zeigt, dass eine sehr differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema geboten ist", so der stellvertretende Staatssekretär des Schleswig-Holsteinischen Innenministeriums Norbert Scharbach. Die Integrationsministerkonferenz strebt zur Versachlichung der Diskussion eine abschließende Analyse der bisherigen Entwicklung und Vorschläge für die Aufwertung von Einbürgerungen bis zum Frühjahr 2010 an.
Zwangsheirat und Zwangsehe sind Menschenrechtsverletzungen, die in unserer Gesellschaft nicht toleriert werden. Einigkeit besteht unter den Integrationsministern, dass hiergegen entschlossen und energisch vorgegangen werden muss. Sie werden gemeinsam mit der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und Minister eine Konzeption erarbeiten, in der auch weiterführende Lösungsansätze insbesondere für niedrigschwellige Beratungsangebote und wohnortferne Krisenplätze aufgearbeitet werden.
Integrationsminister Uwe Schünemann berichtete seinen Länderkollegen zur Zusammenarbeit mit islamischen Verbänden/Organisationen und zur integrationspolitischen Berücksichtigung der nichtorganisierten Muslime. "Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem liberalen Islam sehe ich darin, eine universitäre Ausbildung von Imamen in Deutschland vorzubereiten", so Schünemann. "Wir brauchen in Deutschland einen grundständigen Studiengang für zukünftige Imame und für die hier bereits tätigen Imame benötigen wir einen Weiterbildungsstudiengang." Auch mit dem Projekt "Imame und Moscheen in niedersächsischen Kommunen" stehe das Land in engem Kontakt zu muslimischen Verbänden, ergänzt der niedersächsische Integrationsminister.
"Aktuelle Untersuchungen weisen daraufhin, dass auch unter Zugewanderten in Deutschland antisemitische und rassistische Einstellungen zu erkennen sind", so Schünemann. Die Integrationsminister beschließen vor diesem Hintergrund eine systematische Untersuchung der Thematik des Antisemitismus und Rassismus auch bei Migrantinnen und Migranten unter dem Aspekt der Integration. Sie beauftragen eine länderoffene Arbeitsgruppe, hierzu einen ersten Zwischenbericht, insbesondere eine Bestandsaufnahme bis zur nächsten Sitzung der Integrationsminister vorzulegen.
Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer, sieht ungeahntes Potential in zugewanderten Akademikern. "Wer sein Können nicht zeigen kann, fühlt sich zurückgesetzt. Das gilt auch für eine halbe Million zugewanderte Akademiker, deren im Ausland erworbene Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt werden. Das ist eine Ressourcen-Verschwendung ersten Grades. Um dies zu ändern, habe ich gemeinsam mit der Bildungsministerin, dem Innen- und dem Wirtschaftsminister Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung erarbeitet. Ziel ist, dass Zuwanderer einen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren erhalten, damit sie bei uns in ihren erlernten Berufen arbeiten können. Wir sind dabei, einen Schatz zu heben, denn die Fähigkeiten der qualifizierten Zuwanderer kommen letztendlich uns allen zu Gute."
"Potenziale nutzen - Chancen schaffen: Das ist Kern der Integrationspolitik von Bund, Ländern und Kommunen. Besonders erfolgreich gelingt dies, wenn alle an einem Strang ziehen. Die Bund-Länder-Kooperation bei der Entwicklung von Integrations-Indikatoren ist nur ein Beispiel für eine vielfältige Zusammenarbeit", so Böhmer.
Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier, berichtete über die am Vortag stattgefundene 4. Plenarsitzung der Deutschen Islamkonferenz (DIK). "Mit der DIK wurde erstmals ein gesamtstaatlicher Rahmen für den Dialog mit Vertretern der deutschen Muslime geschaffen. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr ermutigend und können einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Zusammenlebens zwischen Muslimen und der Mehrheitsgesellschaften leisten. Es gibt einen großen Konsens, dass die Arbeit der DIK unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl fortgesetzt werden soll."
Die Integrationsbeauftragten der Länder sprachen sich in Hannover für mehr Vorsorge und einen verbesserter Zugang zum Gesundheitswesen für Migranten aus. Die Integrations-, Migrations- und Ausländerbeauftragten der Bundesländer forderten dies auf ihrer parallel in Hannover stattfindenden Frühjahrskonferenz. "Bei einem immer größer werdenden Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund müssten sich die Einrichtungen des Gesundheitswesens verstärkt durch den Ausbau ihrer interkulturellen Kompetenz auf diese veränderte Situation einstellen", erläuterte die niedersächsische Landesintegrationsbeauftragte Honey Deihimi als derzeitige Vorsitzende der Beauftragtenkonferenz die Empfehlungen an die Länderintegrationsminister. Dazu sei es hilfreich, die jeweiligen kulturell geprägten Besonderheiten zu berücksichtigen und das medizinische Personal hierfür zu qualifizieren. Die Aufnahme von interkulturellen Aspekten in die Aus- und Fortbildung für Mediziner und Pflegepersonal, verbesserte spezifische Informationsangebote für einzelne Zuwanderergruppen und die Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen seien hierfür wichtige Schritte, die von den Ländern weiter voran gebracht werden sollten.
Zum 01.10.2009 wird der Vorsitz der Integrationsministerkonferenz auf Nordrhein-Westfalen übergehen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
26.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010