Entschuldungshilfe für die Samtgemeinde Beverstedt
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.06.2009; Fragestunde
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniela Behrens (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Die Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Beverstedt im Landkreis Cuxhaven diskutieren seit Monaten die Möglichkeit, eine Entschuldung des defizitären Samtgemeindehaushaltes durch die Umwandlung in eine Einheitsgemeinde zu erreichen. Die Umwandlung soll im Zuge der Kommunalwahl im September 2011 erfolgen. Voraussetzung für die Umwandlung ist die Zustimmung aller neun Mitgliedsgemeinden.
Die Mitgliedsgemeinden befinden sich derzeit im Abstimmungsprozess. Insgesamt ist überall ein positives Votum zu erwarten. Abschließend berät der Samtgemeinderat am 23. Juni. Die Zustimmung beruht in erster Linie auf der Erwartung einer Gewährung einer kapitalisierten Bedarfszuweisung. Laut Beschlussfassung der Räte wird die Zustimmung zur Auflösung der Samtgemeinde Beverstedt vorbehaltlich des Vorliegens einer verbindlichen Vereinbarung mit dem Ministerium für Inneres, Sport und Integration des Landes Niedersachsen bis zum 31. Dezember 2010 über die Zahlung einer Entschuldungshilfe durch das Land in Höhe von 75 % der aufgelaufenen Liquiditätskredite der Samtgemeinde erteilt. Erwartet werden vom Land also ca. 10 Millionen Euro.
Die Samtgemeinde hat diese kapitalisierte Bedarfszuweisung beantragt. In ausführlichen Gesprächen mit dem Innenminister sowie mit Schreiben des Ministers vom 26. Mai ist diese Zahlung auch in Aussicht gestellt worden. Nun erreichte ein weiteres Schreiben des Innenministeriums die Samtgemeinde. In dem Brief vom 3. Juni heißt es auf einmal, es werde der neu gebildeten Einheitsgemeinde Beverstedt nur eine Entschuldungshilfe von bis zu 75 % des zum Fusionszeitpunkt aufgelaufenen Gesamtfehlbetrages gewährt. Und weiter: "Diese soll als Übernahme der Zins- und Tilgungsschulden durch das Land im Rahmen eines landesweiten Fonds erfolgen. Es erfolgt somit keine Auszahlung eines Gesamtbetrages in Höhe der Zins- und Tilgungsschulden zum 01.01.2012." Damit wäre der Fusionsprozess der Mitgliedsgemeinden zur Bildung einer Einheitsgemeinde Beverstedt hinfällig.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie hoch ist nun die Entschuldungshilfe, die die Samtgemeinde Beverstedt zu erwarten hat, um den eingeleiteten Prozess zur Auflösung der Samtgemeinde und Bildung einer Einheitsgemeinde abzuschließen, und wie wird diese vom Land ausgezahlt?
- Wann kann die Samtgemeinde Beverstedt die Zahlung der beantragten kapitalisierten Bedarfszuweisung erwarten, bzw. wann wird über ihre Gewährung eine verbindliche schriftliche Aussage der Landesregierung vorliegen?
- Welche Gründe haben den Innenminister bewogen, von der ursprünglich beabsichtigten Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe der Zins- und Tilgungsschulden abzusehen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Die niedersächsische Landesregierung will die Leistungsfähigkeit der Kommunen weiter stärken und baut derzeit das hierzu erforderliche Instrumentarium aus. In diesem Rahmen sollen auch freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden und Landkreisen gezielt unterstützt werden. Bisher wurden Bestrebungen auf kommunaler Ebene mit der Finanzierung von begleitenden Gutachten und die Moderation der Prozesse durch die Regierungsvertretungen unterstützt. Das Ministerium für Inneres, Sport und Integration verhandelt derzeit mit den kommunalen Spitzenverbänden einen "Zukunftsvertrag für starke Kommunen" mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für freiwillige Gemeinde- und Kreiszusammenschlüsse zu verbessern. Zentraler Bestandteil der verbesserten Rahmenbedingungen soll - insbesondere zur Unterstützung von kommunalen Fusionsvorhaben - das Instrument einer Entschuldungshilfe für Kommunen sein. Hierfür stellt das Land ab 2012 jährlich bis zu 35 Mio. Euro zur Verfügung, wobei angestrebt wird, dass auch die kommunale Seite den gleichen Betrag in einen gemeinsamen Entschuldungsfonds einzahlt. Ziel ist es, Gemeinden und Kreise im Rahmen freiwilliger Zusammenschlüsse zu leistungs- und zukunftsfähigeren Einheiten zu entwickeln. Zugleich sollen Kommunen unterstützt werden, die ihre nachhaltige Leistungsfähigkeit trotz extremer Kassenkreditverschuldung auch ohne Fusion wiederherstellen können. Die Entschuldungsangebote richten sich aber vorrangig an fusions-willige Kommunen mit besonderen strukturellen Problemen.
Die Landesregierung begrüßt es in diesem Zusammenhang nachdrücklich, dass die Samtgemeinde Beverstedt Anstrengungen unternimmt, um das Angebot der Landesregierung annehmen zu können. Das Instrument der Bewilligung einer kapitalisierten Bedarfszuweisung kann dabei aber schon aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen, da Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen.
In einem Gespräch am 22. April im Innenministerium ist den Vertretern der Samtgemeinde mitgeteilt worden, dass eine Entschuldung nur im Rahmen des neuen Entschuldungsfonds ab 2012 in Betracht kommen könne. Dementsprechend ist in dem an die Samtgemeinde ergangenen Ministerschreiben ausdrücklich von einer Entschuldungshilfe die Rede. Des Weiteren heißt es in dem Schreiben, dass diese Mittel "im Rahmen eines noch abzuschließendes Vertrages" bereitgestellt werden. Die Modalitäten der Bereitstellung der Entschuldungshilfe sind insoweit noch zu klären und können nicht einseitig vorab festgelegt werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Die Landesregierung beabsichtigt, der neugebildeten Einheitsgemeinde Beverstedt bis zu 75% des zum Fusionszeitpunkt aufgelaufenen Gesamtfehlbetrages bzw. der aufgelaufenen Liquiditätskredite als Entschuldungshilfe im Rahmen eines noch abzuschließendes Vertrages bereitzustellen. Modalitäten der Auszahlung sind mit einem Vertrag zu klären. Beabsichtigt ist die Übernahme von Zins- und Tilgungszahlungen ab 2012. In einem Gespräch am 15. Juni mit der Samtgemeinde Beverstedt ist hierzu Einvernehmen erzielt werden.
Zu 2.:
Konkrete Verhandlungen zum Abschluss eines Vertrages mit der Samtgemeinde Beverstedt werden unmittelbar nach den Gremienbeschlüssen zur beabsichtigten Umwandlung in eine neue Einheitsgemeinde aufgenommen. Auf der Grundlage des Ministerschreibens vom 23.6.2009 kann die neue Gemeinde ab 2012 mit einer Übernahme von bis zu 75% der bis zum Fusionszeitpunkt aufgelaufenen Kassenkredite rechnen.
Zu 3.:
Es ist nicht beabsichtigt, die Entschuldungshilfe als Einmalzahlung zu leisten. Die Entschuldungshilfe soll aus einem Entschuldungsfonds geleistet werden und fällige Zins- und Tilgungsleistungen in entsprechendem Umfang abdecken. Eine Auszahlung der Entschuldungshilfen als Einmalzahlungen würde zu einer Überzeichnung des Fonds in den ersten Jahren führen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ergibt sich für die Gemeinde kein Unterschied zwischen einer Fondslösung oder einer Einmalzahlung.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010