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Verbot der neonazistischen Kameradschaft 73 Celle

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.06.2009; Fragestunde


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Ende Mai 2009 hat der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern die neonazistische Kameradschaft "Mecklenburgische Aktionsfront" verboten. Begründet wurde es damit, dass die "Mecklenburgische Aktionsfront" den Nationalsozialismus verherrliche, sie sich antisemitisch und rassistisch äußere. Auch in Niedersachsen gibt es neonazistische Kameradschaften. Eine der Aktivsten ist in diesem Zusammenhang die Kameradschaft 73 Celle. Diese ist militant, verbreitet neonazistisches Gedankengut und ist Koordinationspunkt für die Neonaziszene in Niedersachsen und darüber hinaus. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2008 wird zu dieser Kameradschaft auf Seite 90 Folgendes vermerkt: "Die bereits in den Jahren 2000 und 2001 aktive Kameradschaft 73 Celle tritt seit ihrer Reaktivierung im Jahr 2006 regelmäßig in Erscheinung. Den anfänglichen Schwerpunkt der Aktivitäten bildete die unter der Bezeichnung ‚Bürgerinitiative zur Schließung des Bunten Hauses e. V.‘ geführte politische Agitation gegen das ebenfalls in Celle ansässige, selbstverwaltete sozio-kulturelle Veranstaltungszentrum ‚Buntes Haus‘, das auch von der örtlichen Antifa-Szene genutzt wird. Neben regelmäßigen Teilnahmen an Demonstrationen, szenerelevanten Veranstaltungen oder Skinheadkonzerten beteiligt sich die Kameradschaft 73 Celle maßgeblich an der Organisation von völkisch-nationalistischen Brauchtumsveranstaltungen, die seit 2007 auf dem landwirtschaftlichen Anwesen von Nahtz in Eschede stattfinden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Aktivitäten der neonazistischen Kameradschaft 73 Celle?
  2. Plant die Landesregierung ein Verbot der Kameradschaft 73 Celle bzw. weiterer und, wenn ja, welcher in Niedersachen agierenden neonazistischen Kameradschaften?
  3. Wenn nein, warum erfolgt ein solches Verbot nicht?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus stellt einen Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung dar. Durch präventive Aufklärungsarbeit, durch Beobachtung rechtsextremistischer Organisationen und durch das konsequente Handeln der Sicherheitsbehörden ist es in den letzten Jahren gelungen, einer Ausweitung rechtsextremistischen Gedankenguts erfolgreich entgegenzuwirken. Ein geeignetes und wirksames Mittel zur Bekämpfung des Rechtsextremismus kann dabei auch das Verbot eines rechtsextremistischen Vereins sein. Daher hat die Landesregierung innerhalb des letzten Jahres die vom Bundesministerium des Innern verfügten Verbote gegen die rechtsextremistischen Vereine "Collegium Humanum", "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreiten des Holocaust Verfolgten" und "Heimattreue Deutsche Jugend" in der Vorbereitung und Durchführung maßgeblich unterstützt.

Für Vereine, deren Aktivitäten sich auf Niedersachsen beschränken, hat die Landesregierung die Zuständigkeit für vereinsrechtliche Maßnahmen inne. Die Beobachtung rechtsextremistischer Organisationen und insbesondere der Kameradschaften in Niedersachsen erfolgt daher auch unter dem Gesichtspunkt der Erkenntnisgewinnung für ein mögliches Vereinsverbot. Die Anforderungen, die an ein Vereinsverbot unter Berücksichtigung des durch Artikel 9 des Grundgesetzes vermittelten Grundrechtsschutzes zu stellen sind, sind allerdings hoch. Voraussetzung für ein Vereinsverbot ist die belegbare Feststellung, dass der Zweck oder die Tätigkeiten des Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder der Verein sich in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Darüber hinaus kommt ein Vereinsverbot nur bei einem Verein im Sinne des Vereinsgesetzes in Betracht. Ob eine Kameradschaft diesen Vereinsbegriff erfüllt, ist im Einzelfall insbesondere im Hinblick auf hinreichend verfestigte Strukturen und eine organisierte Willensbildung der Kameradschaft zu belegen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Nach Erkenntnissen der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde handelt es sich bei der Kameradschaft 73 Celle um eine der führenden und aktivsten Kameradschaften in Niedersachsen. Ihre Aktivitäten sind von einer neonazistischen Weltanschauung geprägt. Im Übrigen verweise ich auf die in der Landtagsdrucksache 16/392 gegebene Antwort auf die Kleine Anfrage zum Thema "Aktivitäten der rechtsextremen Kameradschaft 73 Celle" vom 22.08.2008.

Zu 2. und 3.:

Um die Wirksamkeit möglicher vereinsrechtlicher Maßnahmen nicht zu gefährden, können keine Auskünfte darüber erteilt werden, ob und gegebenenfalls gegen welche Kameradschaften Verbotsverfahren geplant sind.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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