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Verantwortung der Landesregierung gegenüber Opfern der DDR-Unrechtsjustiz

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.06.2009; Fragestunde


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wittich Schobert und Dirk Toepffer (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Laut einer Anfang April in Leipzig veröffentlichten Studie, die Forscher der Universität Leipzig und der Fachhochschule Mittweida-Rosswein 20 Jahre nach dem Mauerfall durchgeführt haben, leiden politische Gefangene der DDR teilweise bis heute unter den Folgen der Haft. Durch physische und psychische Leiden ist die Lebensqualität der ehemaligen DDR-Häftlinge im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich niedriger. Die Betroffenen klagen demnach unter anderem über Schlaflosigkeit, chronische Erkrankungen oder Schmerzen. Befragt wurden nach Angaben der Hochschule 1 288 ehemaligen Häftlinge. Sie haben auch häufiger als andere Menschen finanzielle Probleme, als eine Folge davon, dass die politische Ver-folgung in der DDR berufliche Karrieren gestoppt oder sogar vernichtet hat.

Neben körperlichen Leiden und finanziellen Nöten litten die politisch Ver-folgten der DDR heute auch unter fehlender Achtung ihnen gegenüber, "während", wie es weiter lautet, "die Täter aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden und nicht zur Verantwortung gezogen werden".

Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung gab es zwischen 1945 und 1990 in der DDR rund 200 000 aus politischen Gründen Inhaftierte. Seit 1963 wurden nach diesen Angaben mehr als 30 000 politische Häftlinge von der Bundesrepublik freigekauft. Ein nicht geringer Teil davon hat in Niedersachsen eine dauerhafte zweite Heimat gefunden.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang ehemalige politische Gefangene der DDR die Opferrente in Anspruch nehmen und/oder im Rahmen des vom Kultusministerium initiierten Zeitzeugenprogramms engagiert sind?
  2. Was unternimmt die Landesregierung im 20. Jahr des Mauerfalls, um die Erinnerung an das erlittene Unrecht in der DDR wach zu halten?
  3. In welcher Art und Weise fördert die Landesregierung die Arbeit des Verbandes der Opfer des Stalinismus?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Niedersachsen ist weiterhin das einzige westdeutsche Land, das eine Beratungsstelle für Opfer der SBZ/DDR-Diktatur eingerichtet hat. Diese Stelle im Niedersächsischen Ministerium für Inneres, Sport und Integration berät seit Jahren in Niedersachsen wohnende Personen, die aus der ehemaligen DDR stammen und Anspruch auf strafrechtliche, verwaltungsrechtliche oder berufliche Rehabilitierung haben.

Auch die in der Anfrage zutreffend geschilderten physischen und psychischen Spätfolgen von Verfolgung und Haft sind Thema der Beratungen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium. Die Beratungen finden nicht nur in Hannover, sondern auch an verschiedenen Orten des Landes statt. Unterstützt wird das Innenministerium dabei von den Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR aus Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die nächsten Beratungstage finden im September in Hannover und in Nienburg statt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

In Niedersachsen wurden bis zum 31.03.2009 1.645 Anträge auf Gewährung der besonderen Zuwendung nach § 17 a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, der sog. Opferrente gestellt. Hiervon wurden 1.220 Anträge positiv beschieden, 53 Anträge wurden wegen Überschreitung der Einkommensgrenze oder Unterschreiten der Mindesthaftzeit abgelehnt. Die weiteren Anträge sind z.T. erledigt, zuständigkeitshalber weitergeleitet an andere Bundesländer oder befinden sich noch in der Bearbeitung der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.

Im Jahr 2008 wurden in Niedersachsen 3.435.206,66 € für die Gewährung der besonderen Zuwendung an die auszahlenden kommunalen Behörden weitergeleitet. 65 %, d.h. 2.232.884,33 € dieser Summe werden vom Bund und 35 %, d.h. 1.202.322,33 € vom Land getragen.

Der Niedersächsische Landesverband der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS) stellt z.Z. eine Liste von Zeitzeugen des kommunistischen Unrechtsstaates DDR zusammen.

Zu 2.:

Das Innenministerium unterstützt in diesem Jahr eine große Gedenkveranstaltung des Verbandes politisch Verfolgter des Kommunismus e.V. in Braunschweig. Zu dieser Veranstaltung sind neben Opfern der DDR-Diktatur insbesondere auch Schülerinnen und Schüler eingeladen. Ministerpräsident Christian Wulff und Professor Dr. Richard Schröder aus Berlin werden Ansprachen halten.

Das Niedersächsische Kultusministerium plant zum Thema "20 Jahre Mauerfall" am 13. August 2009 gemeinsam mit Sachsen-Anhalt eine Veranstaltung in der Gedenkstätte Marienborn. Hieran werden ca. 1.200 Schülerinnen und Schüler aus beiden Bundesländern teilnehmen.

Weitere Veranstaltungen werden von der Staatskanzlei koordiniert. Ihre Zahl beläuft sich derzeit auf 17 Veranstaltungen.

Zu 3.:

Das MI arbeitet seit Jahren mit dem Niedersächsischen Landesverband der Opfer des Stalinismus zusammen. Aktivitäten dieser Organisation werden regelmäßig im Wege der Projektförderung unterstützt. Auch die Verbindungen zum Verband politisch Verfolgter des Kommunismus gestalten sich seit Jahren sehr positiv. Darüber hinaus werden weitere, kleinere Organisationen der Opferverbände unterstützt.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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