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Verschärfung des Waffenrechts

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 13.05.2009; TOP 14 d


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU; Es gilt das gesprochene Wort:

Die Fraktion hatte gefragt:

Nach einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 7. Mai 2009 soll das Waffenrecht deutlich verschärft werden. Die Große Koalition habe sich auf einen umfassenden Änderungskatalog geeinigt. Unter anderem sollen Kampfspiele wie Paintball, Gotcha und Laserdrom verboten werden, bei denen Spieler mit Farbmunition in Luftdruckwaffen oder mit Laserpistolen einander jagen und Tötungen simuliert werden.

Darüber hinaus habe die Koalitionsrunde auch verdachtsunabhängige Kontrollen von Waffenbesitzern beschlossen. Kontrolleuren ist auf Verlangen Zutritt in die Wohnung zu gewähren. Wer dies verweigert, muss mit dem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis rechnen.

Dem Zeitungsbericht zufolge sollen die Änderungsvorschläge nun ausformuliert und Ende Mai in den Bundestag eingebracht werden.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die vereinbarten Vorschläge zur Verschärfung des Waffenrechts?
  2. Welche Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit hält die Landesregierung in diesem Zusammenhang für sinnvoll?
  3. Welche Reaktionen erwartet die Landesregierung von den Organisationen, Vereinen und Verbänden zu diesen Änderungen auch vor dem Hintergrund, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Waffen freiwillig abgeben?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Dringliche Anfrage wie folgt:

Die Bilder und die schrecklichen Taten von Erfurt, Emsdetten und zuletzt Winnenden haben uns alle aufgerüttelt, wir haben aber auch gerade in Winnenden gesehen, wie die betroffenen Eltern, die Schüler und die vielfältigen Helfer zusammengestanden haben. Die schreckliche Tat wird noch lange nachwirken. Dies ist Mahnung und Auftrag an uns alle, nicht untätig zu bleiben, weiter hinzusehen, Konsequenzen zu ziehen und in unserem gemeinsamen Bemühen nicht nachzulassen, alles zu tun, um solche Taten künftig besser verhindern zu können. Ich habe noch sehr gut die beeindruckenden Briefe der Eltern von Winnenden in Erinnerung, die ihre Kinder verloren haben. Wir dürfen nicht der Gefahr erliegen, zur Tagesordnung überzugehen oder uns in kleinteiligen Diskussionen zu verlieren, je länger die Tat zurückliegt. Uns ist dabei sehr wohl bewusst, dass es uns nicht gelingen wird, solche Taten mit absoluter Sicherheit zu verhindern, denn Ursachen und Auslöser sind vielfältig. Elternhaus, Schule und soziale Integration – all diese Themen spielen eine wichtige Rolle.

Ebenso wichtig erscheint aber auch die Frage nach erforderlichen Rechtsänderungen.

Bereits wenige Tage nach der Tat hat eine Arbeitsgruppe der Staatssekretäre und Staatsräte der Länder von den Ministerpräsidenten den Auftrag erhalten, mögliche Konsequenzen, die aus dem Amoklauf in Winnenden zu ziehen sind, zu erarbeiten und bis spätestens Mitte Mai 2009 vorzulegen. Diese Arbeitsgruppe hat mit Hochdruck gearbeitet – inzwischen liegt ein erster Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums zur Änderung des Waffenrechts vor.

Folgende sechs wesentliche Änderungen des Waffenrechts wurden vorgeschlagen:

1. Anhebung der Altersgrenze für das Schießen mit Großkalibern von jetzt 14 auf künftig 18 Jahre

Jugendlichen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soll künftig das Schießen mit großkalibrigen Waffen nicht mehr möglich sein.

2. Einführung anlassunabhängiger Kontrollen der sicheren Aufbewahrung

Waffenbesitzer sollen künftig zur Kontrolle der sicheren Aufbewahrung den verantwortlichen Stellen ein Betretungsrecht einräumen. Solche Rechte existieren bereits in einer Vielzahl von Rechtsgebieten. Nicht ordnungsgemäß verwahrte Waffen stellen ein erhebliches Missbrauchsrisiko dar, wie nicht zuletzt der Amoklauf von Winnenden gezeigt hat. Derartige Kontrollen werden das Bewusstsein der Waffenbesitzer für die Notwendigkeit einer sicheren Aufbewahrung schärfen und somit auch die Gefahr eines Missbrauchs durch nicht ordnungsgemäß verwahrte Waffen reduzieren. Wenn sich der Waffenbesitzer beharrlich weigert, seine Mitwirkungspflicht zu erfüllen, kann die Behörde die waffenrechtliche Erlaubnis entziehen.

3. Stärkere Sanktionierung von Verstößen gegen Aufbewahrungsvorschriften

Geplant ist eine verschärfte Sanktionierung von Verstößen gegen waffenrechtliche Aufbewahrungsvorschriften für die Fälle, in denen die Gefahr des Abhandenkommens oder der Erlangung durch unbefugte Dritte besteht.

4. Häufigere Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses

Das derzeitige Recht lässt nur eine einmalige Wiederholungsprüfung des Bedürfnisses nach drei Jahren zu. Künftig soll der Behörde ermöglicht werden, auch später das Fortbestehen des Bedürfnisses zu prüfen, damit bei weggefallenem Bedürfnis der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis geprüft werden kann.

5. Einführung des Nationalen Waffenregisters noch vor Ende 2014

Ein Waffenregister ist lt. EU-Richtlinie spätestens bis 31. Dezember 2014 einzuführen. In der eingerichteten Bund / Länder Arbeitsgruppe sollen Möglichkeiten und Kosten sondiert und das Errichtungsgesetz für das Register mit dem Ziel vorbereitet werden, dieses noch vor 2014 einzuführen.

6. Zeitlich begrenzte Amnestieregelung bei Abgabe illegaler Waffen

Wenn eine Erbe oder Finder einer Waffe diese nicht bei der Waffenbehörde anmeldet, macht er sich wegen illegalem Waffenbesitz strafbar. Um auch diesen Besitzern einen Anreiz zu geben, sich von der illegalen Waffe zu trennen, sieht der Gesetzentwurf – wie schon bei der Novelle des Waffenrechts im Jahre 2002/2003 – eine Amnestieregelung vor.

Vorgesehen ist auch ein Verbot von menschenverachtenden Schießspielen. Unter Bezeichnungen wie "Paintball", "Gotcha" oder "Laserdrome" werden auch in Deutschland Spielformen praktiziert, bei denen mit schusswaffenähnlichen Geräten die Tötung von Menschen simuliert wird. Wenn bei solchen Spielen das Töten des Gegners im Vordergrund steht und in eine realitätsnahe Spielhandlung eingefügt wird, etwa wenn ein realitätsgetreues Häuserkampfszenario aufgebaut und durchgespielt wird, dann wird eine Einstellung erzeugt und verfestigt, die den Wertanspruch des Menschen in fundamentaler Weise missachtet und das Töten banalisiert. Solche Veranstaltungen sind menschenverachtend und werden in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert. Sie jetzt zu verbieten, ist meines Erachtens der richtige Schritt.

Gerade gestern hat man sich auf bundespolitischer Ebene auf all diese Punkte verständigen können.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Vorschläge der Bund / Länder Arbeitsgruppe werden insgesamt als zielführend und erforderlich angesehen. Aktuell wird intensiv über den Referentenentwurf des BMI beraten; auch hier wird sich Nds. intensiv einbringen. So werden z.B. bereits in der nächsten Woche die gesetzlichen Änderungsvorschläge Gegenstand der Beratungen der Staatssekretäre im Rahmen der Innenministerkonferenz sein. Die Forderungen nach anlassunabhängigen Kontrollen der Aufbewahrung und die Anhebung der Altersgrenze bei dem Zugang zu großkalibrigen Waffen für Sportschützen sind in Niedersachsen mit der Landesjägerschaft und den Schützenverbänden intensiv diskutiert worden und werden grds. unterstützt.

Zu 2.:

Bereits im Vorfeld der gesetzlichen Änderungen hat sich das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration an die Waffenbehörden, die Polizeidirektionen und die Sportschützenverbände gewandt und darum gebeten, auf die Einhaltung der im Waffenrecht normierten Anforderungen an eine sichere Aufbewahrung besonderes Augenmerk zu legen. Soweit noch nicht geschehen, sollten die Behörden von den Waffenbesitzern Nachweise über die Aufbewahrung verlangen und Beratung vor Ort anbieten.

Darüber hinaus haben sich das Ministerium für Inneres, Sport und Integration und das Justizministerium gemeinsam dafür eingesetzt, nach Abstimmung zwischen Waffenbehörde, Polizei und Staatsanwaltschaft vor Ort in den Medien für die Abgabe von Waffen zu werben. Hierbei sollte möglichst ein sog. "Abholservice" angeboten werden um zu verhindern, dass Waffen ggf. von nicht Sachkundigen in der Öffentlichkeit geführt werden. Die Abgabe der Waffen zum Zwecke der Vernichtung sollte möglichst gebührenfrei erfolgen; da die Waffenbehörden die bei Ihnen abgegebenen Waffen kostenlos der Polizei zuführen könnten.

Ohne dass konkrete Zahlen vorliegen, kann schon jetzt gesagt werden, dass diese Maßnahmen sehr erfolgreich angelaufen sind. Wie man den örtlichen Medien entnehmen kann, werden die Angebote für eine freiwillige Abgabe von Waffen gut angenommen.

Zu 3.:

Wie bereits in den Vorbemerkungen erwähnt, handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Im Rahmen der Überlegungen zu erforderlichen waffenrechtlichen Konsequenzen hat das Innenministerium frühzeitig Kontakt zu niedersächsischen Verbänden der Sportschützen und Jäger aufgenommen. Erfreulich ist, dass in Niedersachsen ein weitgehender Konsens zu den bereits erwähnten Waffenrechtsänderungen erreicht werden konnte.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.05.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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