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Beschaffungswesen des Landes Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26.03.2009; TOP 27a


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Bündelung der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen des Landes war ein zentrales Projekt zur Optimierung der Querschnittsaufgaben in der Landesverwaltung. Realisiert wurde dies durch die Erweiterung des Logistik Zentrum Niedersachsen – kurz LZN – zum zentralen und kompetenten Einkaufs- und Versorgungspartner für die gesamte Landesverwaltung. Das LZN mit Hauptsitz in Hannoversch Münden verfügt nach der stufenweisen Migration aller Ressorts, die Ende 2008 abgeschlossen wurde, aktuell über ca. 75 Beschäftigte, die sich um die Beschaffung standardisierter und nicht-standardisierter Waren und Dienstleistungen kümmern. In 2009 werden die standardisierbaren Bereiche noch weiter ausgedehnt werden, das Schwergewicht liegt aber auf der Stabilisierung der Beschaffungsprozesse und der Konsolidierung des Logistikzentrums.

Ziel der Zentralisierung war und ist es, durch Standardisierung, Reduzierung der Artikelvielfalt, Zusammenfassung von Ausschreibungen und den Abschluss von Rahmenverträgen insgesamt Prozesskosten zu senken, Preisvorteile zu erzielen und die Vergabeprofessionalität zu steigern. Die Preisvorteile sollen der Haushaltsentlastung und der Steigerung der Kaufkraft dienen. Neben der Erreichbarkeit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite sind die Abläufe im LZN so angelegt, dass parallel dazu auch die Bereiche wie fairer Handel, Ökologie und Schutz vor Kinderarbeit berücksichtigt werden. Sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LZN werden neben den fachlichen Kernfragen für die Aspekte der innovativen Beschaffung konkret eingearbeitet. Unter Beachtung genau dieser Aspekte wurde das LZN Anfang November 2008 für das Konzept mit einem Innovationspreis auf Bundesebene u. a. vom Bundesministerium des Innern (BMI) und der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGST) ausgezeichnet.

Die Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung in § 7 LHO wie auch der VOL zum Primat der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie der Berücksichtigung von sozialen Kriterien bei der Beschaffung sind unstrittig. Zur fairen Beschaffung sagt § 15 der Betriebsanweisung des LZN, dass bei den Beschaffungen grundsätzlich darauf zu achten ist, auch umweltbezogene und soziale Aspekte in die Vergabeentscheidung einfließen zu lassen (z.B. blauer Engel bei Papier etc.). Dies ist eine klare und verbindliche Handlungsanweisung für das LZN.

Das 1999 von der International Labour Organisation (ILO) verabschiedete Übereinkommen 182 zum Verbot und zur Ergreifung von Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit sieht verschiedene Nachweismöglichkeiten wie Zertifizierungen oder Eigenerklärungen für den Ausschluss von ausbeuterischer Kinderarbeit vor. Gleiches gilt im Übrigen auch für den Ausschluss von moderner Sklavenarbeit. Das LZN richtet seine Vergabepraxis an dieser Konvention aus, in dem es eine Eigenerklärung zum Ausschluss von Kinderarbeit von den Bietern erwartet.

Nach wie vor stellt sich aber die Frage der Zuverlässigkeit und Überprüfbarkeit solcher Zertifikate und Erklärungen. Das LZN hat nicht die Instrumente und Ressourcen, um die tatsächliche Einhaltung einer Eigenerklärung oder die Glaubwürdigkeit von Labeln, Zertifikaten und Siegeln regelmäßig zu überprüfen. Der EuGH kommt hier zu dem Schluss, dass nicht nachprüfbare Kontrollen von Zertifikaten und Eigenerklärungen den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen und bei der Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters unberücksichtigt bleiben müssen. Nicht jedes Zertifikat, das aus der Dritten Welt kommt, kann selbst geprüft werden. Hier müssen vernünftige Parameter angelegt werden, die bestmöglich durch die Zentralisierung von Vergabekompetenz und z.B. durch den Austausch mit anderen zentralen Beschaffungsstellen erzielt werden können.

Auch Belange des Klimaschutzes und der Ökologie sind in die Betriebsanweisung eingeflossen. Umweltgerechte Produkte, die durch Umweltzeichen oder entsprechendes Prüfsiegel gekennzeichnet sind, sollen bei gleicher Eignung vorrangig beschafft werden. Dies gilt aber nur, wenn wirtschaftliche Aspekte dies nicht grundsätzlich ausschließen. Ebenso ist die Nachhaltigkeit eines Produktes, bezogen auf die Lebensdauer und den Energiebedarf bei technischen Geräten, zu betrachten. Und schließlich ist in die Vergabeentscheidung einzubeziehen, ob die am Wettbewerb teilnehmenden Anbieter nach der einschlägigen EG-Verordnung zum Umweltmanagement und zur Umweltbetriebsprüfung zertifiziert sind.

Der Aufbau des LZN ist mit Beendigung der Migrationsphase zum 01. November 2008 in eine neue Phase eingetreten. Der Umfang des Warenspektrums der Landesverwaltung wird nun erst nach Belieferung aller Ressorts umfassend deutlich und wächst weiter. In der anstehenden Phase der Stabilisierung und Konsolidierung des LZN werden regelmäßig Ausschreibungen neu gefertigt, die den Forderungen nach Ökologie, Verbot von Kinderarbeit und fairem Einkauf genügen. Es sind die Grundvoraussetzungen bestmöglich getroffen, um sozial, klimafreundlich und fair im Rahmen geltender rechtlicher Rahmen für das Land einkaufen zu können. Die Betriebssatzung des LZN integriert zudem die Anforderungen an die Vergabepraxis der EU. Sie werden in den Einzelbeschaffungsmaßnahmen umgesetzt, so dass die in der Beschlussempfehlung angeführten Anforderungen an eine soziale, klimafreundliche und faire Beschaffung schon heute erfüllt und kontinuierlich weiter entwickelt werden.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.03.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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