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Niedersächsische Kriminalstatistik 2008

Weniger Straftaten, neue Rekord-Aufklärungsquote


HANNOVER. Weniger Straftaten, ein neuer Rekord bei der Aufklärungsquote, immer mehr Internetkriminalität, weiterer Rückgang bei den Diebstählen, mehr Übergriffe auf Polizeibeamte: Das sind die wesentlichen Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2008 für Niedersachsen, die Innenminister Uwe Schünemann am Mittwoch in Hannover gemeinsam mit dem Präsidenten des Landespräsidiums für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz, Andreas Bruns, vorstellte.

Aufklärungsquote auf Rekordhöhe

Mit einer Aufklärungsquote von 58,53 Prozent der Straftaten (2007: 56,86) hat Niedersachsen im vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht, der so hoch lag wie noch nie seit Einführung der elektronischen PKS-Erfassung zu Beginn der 70er Jahre. Schünemann: "Damit hat sich der positive Trend in der Kriminalitätsbekämpfung auch 2008 fortgesetzt. Langfristig wollen wir die Marke von 60 Prozent erreichen. Diese Zielmarke ist jetzt bereits im Blickfeld." Gleichzeitig sank die Zahl der Straftaten um gut 17.000 Fälle auf 589.967 (-2,8 Prozent)

Straftaten unter Nutzung des Internet

Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit der Nutzung des Internet um 20 Prozent auf fast 26.000 Fälle, gegenüber dem Jahr 2006 bereits um mehr als 70 Prozent (14.935 Fälle). Als wesentliche Erscheinungsformen nannte Schünemann die Verbreitung, den Besitz und das Verschaffen von Kinderpornographie sowie die Zunahme von Waren- und Kreditbetrug.

Schünemann wies darauf hin, dass sich bereits seit 2007 eine Kommission auf Ebene des Bundes und der Länder damit befasse, Strategien gegen Internetkriminalität zu entwickeln. Das LKA Niedersachsen sei an dieser Arbeitsgruppe beteiligt. Eine weitere Arbeitsgruppe, so der Minister, sei zu diesem Phänomen auf Landesebene seit Juni 2008 unter Federführung des LKA und unter Beteiligung von Vertretern der Staatsanwaltschaften eingesetzt worden. Schünemann kündigte zudem an, dass die Polizeibehörden das Thema Computerkriminalität an den diesjährigen Tagen der offenen Tür aufgreifen und über dieses Phänomen umfassend informieren werden.

Kinderpornographie

Die Zahl der Webseiten mit Kinderpornographie wächst stetig. Im Jahr 2008 wurden 1.238 Fälle von "Besitz/Verschaffung von Kinderpornographie" mit Tatort Niedersachsen bekannt. "Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von etwa 80 Prozent", sagte Schünemann. Insgesamt seien 2008 national und international mehr als 2.200 solcher Fälle von den Sonderermittlern der "Anlassunabhängigen Recherche in Datennetzen" im LKA Niedersachsen festgestellt worden. Fast 1.900 Fälle betrafen deutsche IP-Adressen.

Schünemann erinnerte daran, dass er bereits im Dezember 2008 die deutschen Internetprovider gebeten habe, im Rahmen einer Selbstverpflichtung vertraglich für Neukunden den Einsatz von entsprechender Filtersoftware vorzusehen. "Access-Blocking – das Sperren inkriminierter Seiten – ist ein sinnvoller Ansatz, für den ich mich nach wie vor einsetze", sagte der Minister.

Sperrung von Internetseiten durch "Familien-DSL"

Eine weitere, zudem "familienfreundliche" Lösung, um die Verbreitung jugendgefährdender sowie strafrechtlich relevanter Inhalte über das Internet zu verhindern, sei die Verwendung eines Routers mit integriertem DSL-Modem, in das die Sperrung vordefinierter Inhalte implementiert wurde. Erreicht wird dies durch Aufspielen einer lokalen Datenbank, welche die Inhalte sowohl auf Adressebene als auch auf Inhaltsebene sperren kann. Diese Datenbank wird von einem unabhängigen Gremium erstellt und gepflegt.

"Dieses Familien-DSL gewährleistet Kinder- und Jugendschutz im Internet, da eine sichere und altersgerechte Möglichkeit geboten wird, das Internet zu nutzen. Es werden ausschließlich Internetseiten angezeigt, die für die jeweilige Altersklasse, problemlos definiert von den Eltern, geeignet sind", sagte Schünemann.

Ferner kontrolliert der Familien-DSL-Router direkt am Internetanschluss, wer im Moment den heimischen Internetzugang nutzt. Mit dieser Lösung werden nicht nur einzelne PCs geschützt, sondern automatisch alle Geräte, die sich mittels dieses Routers ins Internet verbinden können. Dazu zählen neben PCs und Laptops auch Spielekonsolen und Mobiltelefone mit W-LAN.

Auf diesen Geräten muss keine zusätzliche Software installiert werden. Auch eine Umgehung des Filters durch PCs oder Spielkonsolen, die von Anderen mitgebracht werden, wird verhindert. Änderungen an den zentralen Routereinstellungen sind ausschließlich dem Administrator – in der Regel also den Eltern – vorbehalten.

"Familien-DSL" ist ein Partnerprojekt von führenden Unternehmen aus den Bereichen Internet-Kommunikation, Hard- und Software sowie deren Engagement in der Initiative "Ein Netz für Kinder" und der Freiwilligen Selbstkontrolle der Multimedia-Dienstanbieter (FSM).

Diebstahl

Der rückläufige Trend der vergangenen Jahre beim Diebstahl hat sich auch 2008 fortgesetzt. Erstmals sank sein Anteil an der Gesamtkriminalität unter 40 Prozent. Im Jahr 2003 lag diese Quote noch bei annähernd 50 Prozent.

Besonders ausgeprägt ist nach Angaben Schünemanns der Rückgang der Fälle beim schweren Diebstahl – die Anzahl der Fälle ist seit 1993 auf zuletzt etwa 115.000 Fälle und damit um mehr als die Hälfte gesunken. "Mit einer Aufklärungsquote von beinahe 20 Prozent ist zudem die höchste Aufklärungsquote der vergangenen 30 Jahre erreicht worden", sagte der Innenminister.

Stark sinkende Fallzahlen werden seit Jahren bei Wohnungseinbrüchen (seit 1999 um mehr als 43 Prozent), beim Diebstahl von Kraftfahrzeugen (seit 1999 um mehr als 58 Prozent) und bei Autoaufbrüchen (seit 1999 um mehr als 51 Prozent) verzeichnet.

Schünemann: "Neben verbesserten Sicherungsmaßnahmen durch die Geschädigten ist diese erfreuliche Entwicklung auf die verbesserte und engagierte Ermittlungsarbeit unserer Polizeibeamtinnen und –beamten zurückzuführen. Darüber hinaus haben wir während der vergangenen Jahre große Anstrengungen bei der Ausstattung der Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen – ich denke hier besonders an den Bereich der DNA-Untersuchung – vorgenommen, die sich heute auszahlen."

Übergriffe auf Polizeibeamtinnen und –beamte

Seit Jahren sind bundesweit kontinuierlich steigende Fallzahlen von Übergriffen gegen Polizeibeamte festzustellen. Dies spiegele einen zunehmenden Autoritätsverlust gegenüber Amtspersonen wider, sagte Schünemann. "Diese Entwicklung betrachten wir mit großer Sorge."

Im vergangenen Jahr ist mit 2.499 Fällen (2007: 2416) von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ein neuer Höchststand erreicht worden. In mehr als 1.800 Fällen (72,11%) spielte Alkohol bei der Tatausführung eine Rolle. Die Tatverdächtigen sind überwiegend (90%) männliche Erwachsene. "Zunehmend entsteht der Eindruck, der im Übrigen von den Gewerkschaften der Polizei geteilt wird, dass mit der gestiegenen Anzahl der Übergriffe auch eine höhere Aggressivität verbunden ist", hob der Minister hervor.

Schünemann kündigte ein gemeinsames Projekt zwischen dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) und dem LKA Niedersachen an. "Wir wollen untersuchen, ob und wie sich die Gewalt gegenüber den Polizeibeamtinnen und –beamten während der Dienstausübung quantitativ aber auch qualitativ entwickelt hat."

Kinder- und Jugendkriminalität

Mehr als 54.000 Straftaten sind im vergangenen Jahr von den Minderjährigen verübt worden. Damit liegen diese Fallzahlen über dem Wert aus dem Jahr 2007. Neben einer erhöhten Anzeigebereitschaft der Opfer von Straftaten ist diese Entwicklung auch auf eine intensivierte Ermittlungsarbeit der Polizei – gerade im Bereich der Jugendgewalt – begründet. Nach wie vor werden von den Kindern und Jugendlichen überwiegend Diebstahl-, Körperverletzungsdelikte und Sachbeschädigungen begangen.

Körperverletzungen

Eine erfreuliche Entwicklung ist bei den Fällen von gefährlicher und schwerer Körperverletzung festzustellen, die von den Minderjährigen in der Öffentlichkeit begangen wurden. Die Anzahl der Fälle ist um mehr als zehn Prozent auf 1.857 (Vorjahr: 2.081) zurückgegangen und befindet sich nach vorherigen kontinuierlichen Steigerungen der Vorjahre wieder auf dem Niveau von 2005.

Straftaten im Schulkontext

Straftaten im Schulkontext weisen analog der allgemeinen Entwicklung weiter sinkende Fallzahlen auf (-1.221 auf jetzt 8.575; 2004: 11.803). Das bedeutet seit Erhebungsbeginn im Jahr 2004 einen Rückgang um mehr als 27 Prozent. Die Anzahl von Körperverletzungsdelikten und Raub ist hier deutlich gesunken. Dies dürfte auch auf die enge Kooperation zwischen den Schulen und der Polizei zurückzuführen sein.

Kinder- und Jugendkriminalität in Verbindung mit Alkohol

In mehr als 50.000 aufgeklärten Fällen waren Tatverdächtige alkoholisiert. Die Anzahl der Fälle, in denen alkoholisierte Minderjährige ermittelt worden sind, hat sich seit dem Jahr 1999 mehr als verdoppelt und auch im Jahr 2008 zugenommen – gegenüber dem Vorjahr um mehr als sechs Prozent auf 5.430 Fälle. Das entspricht etwa elf Prozent aller Fälle, in denen alkoholisierte Tatverdächtige festgestellt worden sind. In etwa jedem vierten Fall der oben erwähnten in der Öffentlichkeit begangenen gefährlichen oder schweren Körperverletzungen (454 von 1.857) standen Minderjährige unter Alkoholeinfluss.

Rauschgiftkriminalität

Die Anzahl der Rauschgiftdelikte hat mit 28.285 Fällen (+4,17 Prozent) den höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre erreicht. Der Anstieg während der vergangenen Jahre sei im Wesentlichen auf die "hervorragende Verkehrssicherheitsarbeit" im Rahmen der Initiative don’t drug and drive zurückzuführen, sagte Schünemann. Im vergangenen Jahr habe die Polizei etwa 6.000 Fälle registriert, bei denen die Fahrzeugführer unter Drogeneinfluss standen. In den meisten Fällen handelte es sich um Cannabisprodukte oder Amphetamine.

Der Illegale Anbau von Betäubungsmitteln nimmt nach den Worten des Ministers an Bedeutung zu. Die Zahl stieg um etwa 34 Prozent auf beinahe 400 Delikte. Häufig handelte es sich um so genannte "Indoor-Plantagen", von denen im vergangenen Jahr 20 größere Plantagen entdeckt werden konnten – zwei davon waren regelrechte Gewerbeanlagen mit mehr als 1000 Pflanzen. Die Plantagen sind professionell mit Belüftung, Filteranlagen und speziellem Licht ausgestattet, so dass die Pflanzen beste Wachstumsbedingungen haben. Gerade in der vorletzten Woche wurden erneut zwei Plantagen entdeckt, die eine mit etwa 1000 Pflanzen, die andere mit etwa 6.500 Pflanzen und mehr als drei Kilogramm bereits geerntetem Marihuana. Es handelt sich hierbei um die bisher größte in Niedersachsen entdeckte Plantage.

94 überwiegend langjährige Drogenabhängige sind 2008 – im Vorjahr waren es 74 - an den Folgen ihrer Sucht verstorben.

 

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.03.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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