Geplantes Treffen militanter Neonazis im Juni 2009 in Eschede
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.02.2009; Fragestunde
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE)
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Im Juni dieses Jahres laden auf dem Hof des Landwirts und NPD-Aktivisten Joachim Nahtz in Eschede Neonazis aus Norddeutschland erneut zur sogenannten Sonnenwendfeier. Im Mantel völkischen Brauchtums dient die inzwischen tradierte Veranstaltung dazu, rassistische Ideologie weiter zu verbreiten und bestehende neonazistische Netzwerke auszubauen.
Zu den zahlreichen auf besagtem Hof stattfindenden Veranstaltungen reisen immer wieder bundesweit bekannte Mitglieder der militanten Neonazi-Szene an. Veranstaltet wird das Treffen in Kooperation mit mehreren sogenannten "freien Kräften". Federführend tritt dabei die Celler "Kameradschaft 73" um den Neonazi-Kader Dennis Bühring auf. Die hohe Gewaltbereitschaft der Teilnehmer zeigte sich bei der letztjährigen Sonnenwendfeier 2008, als es zu Drohungen und einem gewalttätigen Übergriff gegenüber anwesenden Journalisten kam.
Ich frage die Landesregierung:
- Beabsichtigt die Landesregierung, gegen das oben genannte geplante Treffen der Neonazis mit dem Ziel, dieses zu verhindern, vorzugehen, und wenn ja, in welcher Form?
- Auf welche Weise wird die Landesregierung die zivilgesellschaftlichen, friedlichen Proteste gegen dieses Treffen unterstützen?
- Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um zu verhindern, dass sich besagtes Gelände in Eschede zu einem zentralen Schulungs- und Veranstaltungszentrum der neonazistischen Szene von bundesweiter Bedeutung entwickelt?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Für die Landesregierung hat die Bekämpfung des Rechtsextremismus einen hohen Stellenwert. Die Verfassungsschutzabteilung im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport hat im Rahmen ihrer Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung des Rechtsextremismus entwickelt. Dazu gehört die Mitwirkung im Landespräventionsrat ebenso wie eine umfangreiche Aufklärungs- und Vortragstätigkeit. Hinzu kommen die Beratung von Kommunen, die Schulung von Multiplikatoren, die Unterstützung von Schulprojekten und die Konzeption von Unterrichtsmaterialien und Informationsbroschüren. Hervorzuheben ist, dass Niedersachsen als einziges norddeutsches Land über eine Ausstellung zum Rechtsextremismus verfügt. Mehr als 20.000 junge Menschen wurden bereits durch diese Ausstellung geführt. Sie wurde schon vom 07. - 16.06.2006 in Celle präsentiert und wird vom 10. - 20.03.2009 erneut dort zu sehen sein. Darüber hinaus gibt es in der Verfassungsschutzabteilung einen Beauftragten für Grundstücksgeschäfte mit rechtsextremistischem Hintergrund zur Beratung der Kommunen bei beabsichtigtem Erwerb von Immobilien durch Rechtsextremisten.
zu Frage 1:
Bei Veranstaltungen dieser Art ist ein unmittelbares Zusammenwirken der beteiligten Behörden unverzichtbare Voraussetzung für ein bestmögliches Ergebnis. In diesem konkreten Fall steht bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Polizeiinspektion Celle im engen Informationsaustausch mit der Samtgemeinde Eschede und dem Landkreis Celle, die als Verwaltungsbehörden für die Prüfung gegebenenfalls bestehender Verbotsgründe und den sich daraus ergebenden Maßnahmen zuständig sind.
Darüber hinaus unternimmt die niedersächsische Polizei im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten alle Anstrengungen, um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit Veranstaltungen der rechten Szene, wie dem genannten Treffen in Eschede, stehen, konsequent und nachhaltig zu verhindern bzw. aufzuklären. Mögliche polizeiliche Maßnahmen reichen in derartigen Fällen von der Aufklärung und Erkenntnisgewinnung bis zur Verhinderung bzw. Auflösung solcher Veranstaltungen.
Zu Frage 2:
Die Abteilung 6 des Innenministeriums steht mit der Gemeinde Eschede in engem Kontakt. Beispielweise gibt es seit der Beteiligung des Verfassungsschutzes mit einem Fachvortrag zum Thema Rechtsextremismus am "Eschenschnack" vom 08.11.2006 eine intensive und nachhaltige Zusammenarbeit mit den Gemeindevertretern.
Weiterhin fand im Vorfeld der so genannten Wintersonnenwendfeier eine Information der Kommunalvertreter auch hinsichtlich adäquater Reaktionsmöglichkeiten statt. Die Verfassungsschutzbehörde hat zugesagt, die Präventionsarbeit vor Ort mit Vorträgen und Schulveranstaltungen zu unterstützen, um gegenüber den Gefahren des Rechtsextremismus zu sensibilisieren und das zivilgesellschaftliche Engagement zu unterstützen.
Zu Frage 3:
Der Landesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse darüber vor, dass das Anwesen des Herrn Nahtz als Schulungs- und Veranstaltungszentrum der neonazistischen Szene aufgebaut werden soll. Für eine Nutzung als Schulungs- oder Veranstaltungszentrum fehlt jede nutzungsrechtliche Grundlage. Die Immobilie ist für einen solchen Zweck auch nicht geeignet, da die Gebäude sehr baufällig sind.
Der Verfassungsschutz wird weiterhin seinem gesetzlichen Auftrag nachkommen und auch die Aktivitäten der rechtsextremistischen Organisationen, die das Anwesen des Herrn Nahtz nutzen, aufmerksam beobachten.
Sofern straf- oder ordnungsrechtliche Vorschriften verletzt oder Maßnahmen der Gefahrenabwehr erforderlich werden sollten, ist ein Einschreiten der zuständigen Polizei- oder Ordnungsbehörden selbstverständlich.
Artikel-Informationen
erstellt am:
20.02.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010