Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Situation der Feuerwehren in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15.01.2009; TOP 14


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zur Großen Anfrage der Fraktionen der CDU und der FDP; Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin den Fraktionen der CDU und der FDP dankbar für diese Große Anfrage. Mit der vorliegenden Antwort können wir feststellen, dass die Niedersächsischen Feuerwehren gut ausgestattet und ausgebildet sind – sie sind Garant für eine qualitativ wie quantitativ hochwertige nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr.

Sehr geehrte Damen und Herren,

dies ist nicht selbstverständlich - stiegen doch in der Vergangenheit die alltäglichen aber auch die besonderen Herausforderungen kontinuierlich an. Die Freiwilligen Feuerwehren, die Berufsfeuerwehren und die Werkfeuerwehren stellen täglich unter Beweis, dass sie qualifiziert und engagiert ihren vielfältigen Aufgaben wirkungsvoll und effektiv nachkommen.

Mit Geradlinigkeit, Verlässlichkeit, Gründlichkeit und Wirtschaftlichkeit haben die Kommunen mit Unterstützung des Landes ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes und fachgerechtes Brandschutzsystem aufgebaut, das den allgemein anerkannten Standards entspricht.

Lassen Sie mich auf einige Punkte aus der Beantwortung der Anfrage konkret eingehen:

Personal

3.365 Ortsfeuerwehren, 10 Berufsfeuerwehren und 101 Werkfeuerwehren sind Garant für ein funktionierendes System.

Mit insgesamt über 135.000 aktiven Feuerwehleuten, davon über 130.000 in ehrenamtlicher Tätigkeit, stellen sie einen flächendeckenden Brandschutz sicher. Fast 3.000 Mitglieder in Kinderfeuerwehren und über 30.000 in Jugendfeuerwehren unterstreichen die Attraktivität aber auch die Wertschätzung der Feuerwehren.

Qualifikation – Aus- und Fortbildung

In den Gebieten Rettungsdienst, Brandbekämpfung, Technische Hilfeleistung, Vorbeugender Brand- und Umweltschutz sowie Katastrophenschutz sind alltäglich Einsatz- und Führungskräfte tätig, die ihr Können unter Beweis stellen. Die immer komplexer werdenden Aufgabenfelder erfordern Fachkompetenz, und insbesondere soziale Kompetenz der Mitarbeiter.

Die Personalauswahl, die Personalentwicklung sowie die Aus- und Fortbildung im feuerwehrtechnischen Dienst stellen dieses Anforderungsprofil sicher.

Ausstattung

Die Ausstattung der niedersächsischen Feuerwehren entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die Gemeinden sind verpflichtet, die für die Brandbekämpfung und die technische Hilfeleistung erforderlichen Anlagen, Mittel und Geräte vorzuhalten. Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehren muss sich den veränderten Aufgabenstellungen anpassen. Änderungen z. B. in der Siedlungsstruktur oder neue oder veränderte Gefahrenschwerpunkte (wie z.B. Tunnelanlagen) gilt es zu berücksichtigen. Hieraus resultiert insbesondere die Notwenigkeit zur regelmäßigen Anpassung der Ausrüstung an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung.

Veränderungen und Herausforderungen für die Zukunft

Angesichts der zeitlichen Reichweite und der komplexen Wirkungszusammenhänge sind Prognosen über die Auswirkungen des demographischen Wandels zwar mit Unwägbarkeiten behaftet, dennoch können Tendenzaussagen getroffen werden. Die demographischen Rahmenbedingungen für die Zukunft hat die Enquete-Kommission (LT Drs. 15/3900) mit den vier Schlagworten "weniger", "grauer", "vereinzelter" und "bunter" zusammenfassend charakterisiert.

Übertragen auf den Bereich der Niedersächsischen Feuerwehren bedeutet dies mit Blick auf die Mitglieder- bzw. Bewerberzahlen im Einzelnen:

  • weniger Kinder, Jugendliche und junge Menschen werden für die hauptberufliche und / oder ehrenamtliche Tätigkeit zur Verfügung stehen;
  • das Durchschnittsalter der Angehörigen der Feuerwehren wird steigen;
  • die Gemeinschaft insbesondere der Freiwilligen Feuerwehren mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement wird an Bedeutung gewinnen und
  • mit der Internationalisierung der Bevölkerung und der Integration der relativ jungen Altersstruktur der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund wird die Personalstruktur der Feuerwehren vielfältiger.

Vor dem Hintergrund der oben genannten Veränderungen und den neuen Herausforderungen insbesondere durch den demographischen Wandel gilt es, das niedersächsische Brandschutzsystem zu erhalten, weiter zu entwickeln und auszubauen. Mit dieser Grundüberzeugung habe ich ein Projekt mit dem Arbeitstitel: "Sicherstellung des Brandschutzes unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels in Niedersachsen" eingerichtet. Mit der Leitung des Projektes ist der Landesbranddirektor beauftragt worden. Unter breiter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände, der Feuerwehren mit dem Landesfeuerwehrverband und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren Niedersachsen, den Polizeidirektionen, den Ministerien und weiteren Beteiligten, wie z.B. den Wirtschaftsverbänden, sollen neue Maßnahmen für ein Gesamtkonzept zur Sicherung des Brandschutzes in Niedersachsen erarbeitet werden. Inhaltlich werden die Schwerpunkte auf die Förderung des Ehrenamtes, der Nachwuchsgewinnung, der verstärkten Gewinnung von Mädchen und Frauen sowie der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gesetzt.

Dieses Projekt erfordert zunächst eine umfangreiche Bestandsaufnahme und eine detaillierte Datenerhebung, um auf der Basis von nachhaltigen und belastbaren Daten Sicherheit bei der Entscheidungsfindung zu geben.

Insgesamt liefern die Antworten auf die Große Anfrage einen ersten guten und umfassenden Überblick über die Ist-Situation der Niedersächsischen Feuerwehren. Das hier aufbereitete Datenmaterial bildet eine sehr hilfreiche Grundlage auf die die zukünftigen Arbeiten aufbauen können. Weitere Datenerhebungen werden sich im Laufe des Jahres anschließen.

  • Feuerschutzsteuer

Wir fördern den Brandschutz, indem die Mittel aus der Feuerschutzsteuer zweckgebunden Land und Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Pro Jahr geht es hier um einen Betrag von über 30 Mio. €. 75 % von diesem Betrag erhalten die Kommunen; 25 % verbleiben beim Land.

Die Verteilung des 75%-igen kommunalen Anteils erfolgt schlüsselmäßig nach Einwohnerzahl, Anzahl der Ortsfeuerwehren und Fläche. Besondere Risiken und Gefahrenschwerpunkte oder Zweckbindungen finden in diesem Schlüssel keine Berücksichtigung. Niedersachsen zählt damit zu den Bundesländern mit dem höchsten kommunalen Anteil an den Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer. Und dies gilt es zu erhalten.

Überlegungen im Rahmen der Föderalismusreform II, hier zu einem anderen Verteilsystem zu gelangen, trete ich nachhaltig entgegen. Auf Initiative Niedersachsens haben sich die Innenminister von Bund und Ländern eindeutig gegen einen solchen Weg ausgesprochen (siehe auch IMK Beschluss vom 20. / 21.11.2008 in Potsdam). Es gilt, die Feuerschutzsteuer als Landessteuer zur zweckgebundenen Finanzierung der Aufgaben des Brandschutzes zu erhalten.

  • Brandschutzbedarfsplan

Die MindeststärkeVO gibt den Gemeinden bereits jetzt eine einfache "katalogisierte" Hilfestellung bei der Bemessung ihrer Feuerwehr. Diesen Grundsatz wird auch eine künftige Feuerwehrorganisationsverordnung (FwOrgVO) aufgreifen. Insbesondere wird sie den Gemeinden innerhalb der dreistufigen Strukturen einen breiteren Handlungsspielraum einräumen, um die örtlichen Belange zu berücksichtigen. Die Flexibilität wird in den Bereichen Personal, Fahrzeugspektrum und Struktur wesentlich erweitert.

Neben der soeben beschriebenen Erweiterung des Handlungsspielraumes soll in der künftigen Feuerwehrorganisationsverordnung (FwOrgVO) ein zweiter Weg eröffnet werden. Gemeinden können eine Befreiung von den Vorgaben des dreistufigen Aufbaus, der Mindeststärke und der Mindestausrüstung erhalten, wenn z.B. durch einen Brandschutzbedarfsplan die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft nachgewiesen wird.

Dies ermöglicht einer Gemeinde, ihre Feuerwehr mit einem höchsten Grad an Flexibilität risikogerecht und bedarfsorientiert auszurüsten und zu strukturieren.

  • Ausbau Loy und Celle

Die Landesregierung plant die Landesfeuerwehrschulen neu zu organisieren und zu strukturieren. Ziel ist es zu verschlanken um zu optimieren. Eine Leitung, eine Verwaltung und zwei Standorte, die dezentral Aus- und Fortbildungsaufgaben erfüllen. An den Standorten Loy und Celle werden wir festhalten.

Für den Standort Loy sehen die Planungen die Erweiterung auf drei parallel laufende Lehrgänge mit ständig 80 Lehrgangsteilnehmern vor. Das Lehrsaalgebäude wird unter Berücksichtigung der vorhandenen Bausubstanz erneuert und erweitert, ein Übungshaus wird errichtet. Der Spatenstich für den Ausbau wird am kommenden Montag, (19.01.2009) erfolgen. Insgesamt werden mit diesen ersten Maßnahmen rund 3,5 Mio. € aus Landesmitteln in die Aus- und Fortbildung investiert und der Standort Loy damit zukunftsfähig gestaltet.

Die weiteren Planungen beinhalten die Sanierung des Bettenhauses und den Neubau einer Übungshalle. Um eine den heutigen Anforderungen an einen Internatsbetrieb in der Erwachsenenbildung gerecht zu werden sind darüber hinaus der Neubau eines Bettenhauses sowie die Sanierung des Servicebereiches noch erforderlich.

Für den Standort Celle wird zurzeit eine Projektskizze für ein modernes Ausbildungs- und Trainingszentrum erstellt. Dieses Zentrum soll umfassende und notwendige Möglichkeiten schaffen, um neben der reinen schulischen Ausbildung den kommunalen Feuerwehren umfassende praktische Trainingsmöglichkeiten unter ganzheitlichen Ansätzen zu bieten.

  • Waldbrandvorsorge

Im diesem Jahr wird als Ersatz für die veralteten Feuerwachtürme ein modernes automatisiertes kameragestütztes Waldbrandüberwachungssystems eingeführt.

Die Waldbrandzentrale wird sich in der kooperativen Leitstelle Lüneburg befinden. 16 Einheiten mit hoch auflösenden Digitalkameras auf hohen Trägerkonstruktionen werden die Region der Zentralheide und des Ostniedersächsischen Tieflands überwachen.

Aus einem Forschungsprojekt der 90er Jahre hat sich ein leistungsfähiges, effektives und wirtschaftliches Waldbrandvorsorgesystem entwickelt. Die finanziellen, ergonomischen und technischen Vorteile der neuen Technik sind überzeugend.

Neben dem Bundesland Brandenburg haben in der Zwischenzeit (2000- 2007) auch die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachen-Anhalt und Sachsen ihre Systeme auf die automatisierte kameragestützte Waldbrandüberwachung erfolgreich umgestellt.

Darüber hinaus stehen den Feuerwehren in Niedersachsen zwei mit Mitteln des Landes geförderte Flugzeuge für den Feuerwehrflugdienst des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen e. V. zur Verfügung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei Betrachtung der Antwort auf die Große Anfrage werden Sie feststellen, dass wir mit Stolz auf ein funktionierendes umfassendes Brandschutzsystem blicken können, das gekennzeichnet ist durch

  • engagierte, motivierte und belastbare Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehren,
  • einen bewährten dreistufigen Aufbau, in dem die Ressourcen flexibel und ergebnisorientiert eingesetzt werden können,
  • klare Verantwortlichkeiten,
  • eindeutige Zuständigkeiten und
  • Innovationspotenzial für die Zukunft.

Es ist aber nochmals besonders heraus zu stellen, dass die Angehörigen der Feuerwehren in Niedersachsen, Freiwillige Feuerwehren, Berufsfeuerwehren sowie Werkfeuerwehren, unter schwierigen, oft sogar lebensbedrohlichen Bedingungen hervorragende Arbeit für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger leisten. Dies geschieht immer aus innerster Überzeugung heraus. Hierfür gilt allen unsere größte Wertschätzung.

Unsere Niedersächsischen Feuerwehren sind zukunftsfähig aufgestellt, mit ihnen werden wir den aktuellen wie neuen Herausforderungen erfolgreich begegnen.

Anlage: Wortlaut der Großen Anfrage

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.01.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln