Rettungsmedaille und öffentliche Belobigungen
Schünemann zeichnet Lebensretter aus
HANNOVER. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann hat in den vergangenen Monaten neun Personen für ihren vorbildlichen Einsatz zur Rettung des Lebens anderer ausgezeichnet.
Eine Rettungsmedaille (sie wird verliehen, wenn die Rettungstat unter Einsatz des eigenen Lebens erfolgte) erhielten:
Steffen Schladitz, Zevener Straße 57, 27356 Rotenburg (Wümme)
Friedrich Schubert, Dorfstraße 21, 29690 Schwarmstedt
Olaf Göllner, Heckenbecker Straße 20, 37581 Bad Gandersheim
Matthias Kühn, Mittelweg 3, 27432 Bremervörde
Christian Winkler, Stephansplatz 10, 27432 Bremervörde
Am 24. Juni 2006 fand in der Lent-Kaserne in Rotenburg (Wümme) ein "Tag der offenen Tür" statt. Um 14.20 Uhr gab es eine Vorführung, bei der ein Bergepanzer ein starkes Bremsmanöver durchführen und in dessen Verlauf ein hinterher gezogenes Fahrzeug unter dem Panzer begraben werden sollte. Das Bremsmanöver schlug jedoch fehl, und das Kraftfahrzeug fuhr links am Panzer vorbei, zerriss das Abschleppseil und rollte mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 Km/h auf eine in etwa 80 Meter Entfernung stehende Besuchergruppe zu. Ein fünfjähriges Mädchen bemerkte die drohende Gefahr zu spät und konnte nur durch das mutige Eingreifen von Oberfeldwebel Steffen Schladitz gerettet werden. Beherzt riss Schladitz das Kind zur Seite, konnte sich selbst jedoch nicht mehr in Sicherheit bringen und wurde von dem herannahenden PKW erfasst. Schwer verletzt wurde Schladitz in das Diakoniekrankenhaus in Rotenburg eingeliefert, das kleine Mädchen indes konnte das Krankenhaus nach ambulanter ärztlicher Behandlung noch am selben Tag verlassen. Steffen Schladitz hat in dieser Situation gehandelt, ohne zu zögern, und dabei sein eigenes Leben riskiert. Nur seinem selbstlosen Einsatz ist es zu verdanken, dass das Leben des kleinen Mädchens gerettet werden konnte.
Am 11.08.2006 beabsichtigte der Besitzer eines landwirtschaftlichen Betriebs in Schwarmstedt gemeinsam mit einem Helfer (Friedrich Schubert) eine Mastbullenbucht mit dem Frontlader auszumisten. Zu diesem Zwecke mussten die sechs in der Bucht befindlichen Bullen aus dem Stall in einen vor der Tür stehenden Viehtreibewagen getrieben werden. Mit Mistforken ausgestattet, begannen der Besitzer und Schubert mit dem Hinaustreiben der Bullen, als plötzlich der fünfte Mastbulle den Landwirt ohne ersichtlichen Grund attackierte. Er stieß ihm die Mistforke aus der Hand und drückte ihn mit seinem vollen Gewicht an die Wand. Der Versuch, sich unter großen Schmerzen aus der bedrohlichen Situation zu befreien, misslang. Mehrfach stieß der Bulle mit dem Kopf gegen die Leiste und die Brust des Mannes, bis dieser besinnungslos zusammenbrach. Schubert erkannte die lebensbedrohliche Situation und lenkte ungeachtet der Gefahr für das eigene Leben die Aufmerksamkeit des Bullen unter Zuhilfenahme der Mistforke auf sich. Während er mit der einen Hand den Bullen "in Schach hielt", zog er mit der anderen Hand den Schwerverletzten aus der Gefahrenzone und später auch aus dem Stall. Unverzüglich holte er Hilfe und sorgte für die Alarmierung der Rettungskräfte.
Dem schnellen und umsichtigen Verhalten von Olaf Göllner verdankt sein Nachbar sein Leben. Dieser mähte am 31. Juli 2006 in Bad Gandersheim mit einer Motorsense den Grasstreifen vor seinem Grundstück, als er nach einiger Zeit bemerkte, dass sich der Benzinmotor nicht mehr mit dem dafür vorgesehenen Schalter abstellen ließ. Bei dem Versuch, die Motorsense abzulegen, fasste der Mann an das Metallgestänge, welches unter Strom stand. Durch die Verkrampfung der Muskeln konnte er die Finger nicht mehr lösen, seine Versuche, sich durch heftige Bewegungen zu befreien, schlugen fehl. Der Mann erlitt in beiden Oberarmen Muskelrisse mit Blutergüssen, er schrie in Todesangst. Olaf Göllner hörte die Hilferufe und kam seinem Nachbarn umgehend zur Hilfe. Trotz der beängstigenden Situation des schreienden, mit der laufenden Sense am Boden liegenden und heftig zuckenden Mannes bewahrte er Ruhe und konnte schließlich das defekte Gerät zum Stillstand bringen.
Am 20.04.2007 kam es gegen 21.45 Uhr in Bremervörde zu einem Brand in einem Mehrfamilienhaus, nachdem eine Bewohnerin mit einer brennenden Zigarette in ihrem Bett eingeschlafen war. Das Obergeschoss brannte bereits erheblich, als Matthias Kühn und Christian Winkler mit ihrem Privatfahrzeug zufällig an dem Haus vorbeikamen und das Feuer bemerkten. Ohne zu zögern sprangen die beiden Männer aus dem Fahrzeug und liefen in Richtung des Hauses, aus dessen Dachstuhl bereits hohe Flammen schlugen. Gemeinsam traten beide die Eingangstür ein und befreiten ein bereits von den Flammen eingeschlossenes Ehepaar. Danach versorgte Winkler die Opfer, während Kühn andere Bewohner vor dem Feuer warnte.
Eine öffentliche Belobigung (sie wird ausgesprochen, wenn sich der Lebensretter bei der Rettungstat nicht selbst in Lebensgefahr befunden hat) erhielten:
Gudrun Böker, Am Fuhrenkamp 4, 31303 Burgdorf
Abdurrahim Oynak, Wildeshauser Straße 36, 26197 Großenkneten
Karl-Friedrich Raupp, Hinter der Blume 3, 34346 Hann.Münden
Wolfgang Eggert, Weinbergstraße 6, 38350 Helmstedt
Gudrun Böker rettete am 24.09.2006 einem Zuschauer während des Ernteumzuges in Ramlingen das Leben. Böker stand 30 - 50 m entfernt auf dem Bürgersteig und beobachtete den Zusammenbruch des Mannes. Unverzüglich eilte sie auf diesen zu und leistete Erste Hilfe. Da keine Atmung mehr feststellbar war, kämpfte Böker unermüdlich mit Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage um das Leben des Bewusstlosen. Obwohl zunächst keine erkennbare Bes-serung des Zustandes eintrat, setzte sie die Maßnahmen bis zum Eintreffen eines zufällig anwesenden Arztes fort. Dieser reanimierte gemeinsam mit einem weiteren Kollegen sowie Gudrun Böker den Passanten erfolgreich. Dank der schnellen und unermüdlichen Hilfe überlebte dieser den schweren Herzinfarkt und kann heute wieder seinem Beruf nachgehen.
Abdurrahim Oynak betreibt einen Kiosk in Großenkneten. Am Abend des 7. Dezember 2006 erschienen in seinem Kiosk ein Mann und eine Frau in Begleitung eines kleinen Mädchens. Das Kind machte auf Oynak einen sehr verängstigten Eindruck, es hatte zudem rote und blaue Flecken an den Ohren und ältere Wunden an der Nase und an der Lippe. Als Oynak die Mutter auf den Zustand des Kindes ansprach, erhielt er lediglich eine ausweichende und zudem ironische Antwort. Nachdem das Paar gemeinsam mit dem Kind die Gaststätte verlassen hatte, notierte der misstrauisch gewordene Kioskbetreiber das Autokennzeichen und informierte die Polizei. Diese konnte am nächsten Tag den Tatverdächtigen in Hamburg festnehmen und das Kind von seinem Martyrium befreien. Spätere Ermittlungen bestätigten den Verdacht des schweren Missbrauchs und der Misshandlung des kleinen Mädchens durch den Freund der Mutter.
Friedrich Raupp, Verkehrskontrolleur der Stadt Hann.Münden, bemerkte am 12. Juni 2007 auf seinem Rundgang durch die Stadt eine heftig gestikulierende Frau in der Nähe der Werra-Schleuse. Kurz entschlossen eilte Raupp der aufgebrachten Frau zur Hilfe. Obwohl diese kein Deutsch sprach, erfasste Raupp schnell die bedrohliche Situation – im Wasser der Schleuse kämpfte ein Kind gegen das Ertrinken. Sofort entledigte er sich seiner Kleidung und kletterte über eine Leiter hinunter zu dem Kind. Schwimmend gelang es ihm, sich diesem zu nähern und den Jungen schließlich auf den Arm zu nehmen. Beruhigend redete Friedrich Raupp auf den weinenden Jungen ein und brachte ihn an Land, wo er dann von bereits alarmierten Rettungskräften versorgt wurde.
Wolfgang Eggert ging am 6. März 2007 in Helmstedt mit dem Hund seiner Tochter am Garten-verein Weinberg spazieren, als das Tier an einem Gartentor stehen blieb und aufgeregt anfing zu bellen. Da es sich bei der Hündin um einen "Therapiehund" handelt, der sich auch in extremen Situationen besonnen und ruhig verhält, wurde Eggert aufmerksam und ging durch das Tor in den Garten hinein. Auf dem Boden lag regungslos und nicht ansprechbar ein Mann. Der an Diabetes leidende 79-jährige Mann hatte einen Zuckerschock erlitten und war bereits stark unterkühlt. Über Telefon verständigte Wolfgang Eggert unverzüglich einen Notarzt, der nach seinem Eintreffen den Verunglückten medizinisch versorgte.
Artikel-Informationen
erstellt am:
17.01.2008
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010