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Interkommunale Zusammenarbeit

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bartling und Brockmann (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!


Die Abgeordneten hatten gefragt:

In einem in der Deister-Weser-Zeitung vom 29. November 2007 veröffentlichten Interview bekundet der amtierende Ministerpräsident seine Auffassung, dass die Zusammenarbeit im Weserbergland "nicht optimal" sei. Wörtlich sagte er: "Es geht sehr oft um Etikette, um Diplomatie, um Emotionen, statt demjenigen, der dabeisitzt zu vertrauen, dass er auch die Interessen der anderen vertritt." Am darauffolgenden Tag äußerte der Schaumburger Landrat ebenfalls in der Deister-Weser-Zeitung sein Unverständnis über die Äußerungen des Ministerpräsidenten: "Ich bin sehr enttäuscht. Ich habe hohe Achtung vor Herrn Wulff gehabt, aber die Äußerungen stehen in krassem Gegensatz zu seiner Rede vor drei Wochen auf dem Herbstempfang des Arbeitgeberverbandes der Unternehmen im Weserbergland." In ihrer Ausgabe vom 3. Dezember 2007 berichtet die Deister-Weser-Zeitung schließlich, dass sich auch die Landräte aus Hameln-Pyrmont und Holzminden "unisono gegen die Wulff-Kritik, die ‚überschaubaren Landkreise‘ würden unter ‚trennenden Eitelkeiten leiden‘, anstatt die gemeinsame Erledigung von Aufgaben und Auftritten zu pflegen", gewandt haben. In Wahlkampfzeiten gebe es manche Dinge, die sonst nicht in dieser Form passieren würden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Hält die Landesregierung an der Behauptung des Ministerpräsidenten fest, dass trennende Eitelkeiten die interkommunale Zusammenarbeit im Weserbergland behindern würden, und, wenn ja, woran macht sie dies konkret fest?
  2. Ist die vom Ministerpräsidenten kritisierte interkommunale Zusammenarbeit im Weserbergland nach Auffassung der Landesregierung ein Ausnahmefall angesichts ansonsten reibungslos gelingender regionaler Kooperationen, oder kennt die Landesregierung weitere Beispiele, dass sie die kommunale Kooperation aufgrund von Eitelkeiten als "nicht optimal" bezeichnen würde? Wenn ja, welche sind dies?
  3. Welche konkreten Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die interkommunale Zusammenarbeit hält die Landesregierung angesichts der zitierten Diagnose des Ministerpräsidenten für angezeigt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Kommunen in Niedersachsen haben bereits in der Vergangenheit vielfach von den Instrumenten der Gemeinschaftsarbeit Gebrauch gemacht. Die interkommunale Zusammenarbeit gilt bundesweit derzeit als wichtiger Handlungsansatz auf Landes- und kommunaler Ebene. Durch die interkommunale Zusammenarbeit lassen sich Effizienzrenditen erzielen, die den Kommunen selbst zugute kommen. Einsparungen und Kostenminimierungen durch erfolgreiche Zusammenarbeit bleiben den Kommunen in vollem Umfang erhalten, d.h., sie werden weder auf Zuweisungen des Landes angerechnet, noch schmälern sie etwa Ansprüche auf Finanzausgleichsmittel zur Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben. Dieser Handlungsansatz dient so dem Erhalt und Ausbau lokaler wie regionaler Gestaltungspotentiale. Ziel ist es, Kräfte freizusetzen, die die kommunale Selbstverwaltung und die Landesentwicklung befördern. Die Ausführungen konzentrieren sich daher auf freiwillige Politiken der kommunalen Gebietskörperschaften.

Die finanzielle Situation und der demographische Wandel zwingen viele Kommunen allerdings dazu, noch stärker über Maßnahmen zur Kostensenkung nachzudenken, um größere Handlungsspielräume zu erwirtschaften. Die interkommunale Zusammenarbeit ist jedoch auch ein erweiterungsfähiger und noch nicht ausgeschöpfter politischer Handlungsansatz. Dieser bietet den Vorteil gegenüber alternativen Handlungsansätzen, dass er auf die Erfahrungen in den Kommunen aufbauen und daher schnell nachhaltige Erfolge erzielen kann.

Die Landesregierung ist deshalb davon überzeugt, dass die freiwillige Zusammenarbeit von Kommunen sinnvoll ist, um Synergieeffekte zu erzielen und Kosten zu senken. Kleine Gemeinden können wieder Dienstleistungen anbieten, die vorher ihre finanzielle Leistungsfähigkeit überschritten haben. Größere Kommunen verbessern durch die Kooperationen die Qualität und Bürgernähe der Aufgabenerfüllung.

In einer Pilotphase konnten Kooperationsvorhaben durch die Regierungsvertretungen begleitet und unterstützt werden. Die Pilotphase wurde im Sommer 2007 abgeschlossen.

Die Landesregierung hat den öffentlich-rechtlichen Zusammenarbeitsformen mit dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit vom 19.02.2004 eine neue rechtliche Grundlage gegeben. Damit wurden aus Sicht der Landesregierung sehr gute Rahmenbedingungen für die interkommunale Zusammenarbeit geschaffen.

Darüber hinaus wird die Landesregierung vorhandene Hindernisse für eine interkommunale Kooperation identifizieren und im Rahmen der Möglichkeiten beseitigen. Die Landesregierung wird sich im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten auf Bundes- und europäischer Ebene insbesondere dafür einsetzen, dass Beistandsleistungen der Kommunen auch weiterhin nicht der Ertrags- und Umsatzsteuerpflicht unterliegen.

Auf vier regionalen Veranstaltungen hat das Innenministerium durch die Regierungsvertretungen im Frühjahr dieses Jahres erfolgreich für diese Form der Zusammenarbeit geworben werden. Die Veranstaltungen waren mit jeweils über 100 Teilnehmern sehr gut besucht.

Ferner bietet die Landesregierung interessierten Kommunen eine Kooperationsdatenbank an, die praktische Hinweise für eine interkommunale Zusammenarbeit gibt und alle dokumentierten kommunalen Kooperationen in Niedersachsen veröffentlicht. Die Kooperationsdatenbank enthält bereits über 400 kommunale Gemeinschaftsprojekte.

Die Landesregierung leistet über die Regierungsvertretungen erfolgreich Organisationsunterstützung und Managementhilfen für die Kooperationen in der Planungsphase.

Schließlich stellt die Landesregierung im Zeitraum 2007 bis 2009 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt 900.000 Euro zur Unterstützung und Begleitung der Kooperationen vor Ort zur Verfügung. Bisher werden mit diesen Mittel bereits 11 neue richtungweisende Projekte gefördert.

In der Region Weserbergland wird in diesem Rahmen von der Landesregierung eine Tourismuskooperation zwischen der Stadt Rinteln und der Stadt Hessisch-Oldendorf gefördert. Darüber hinaus werden Mittel für die Evaluation und Weiterentwicklung des Zweckverbandes Linkes Weserufer bereitgestellt, bei der der Landkreis Nienburg, die Samtgemeinden Liebenau und Marklohe sowie der Flecken Steyerberg kooperieren.

Über Landkreisgrenzen hinaus ist aber auch die Kooperation der Landkreise Hameln-Pyrmont, Holzminden und Schaumburg zu erwähnen, die sich Ende 1999 unter der Bezeichnung "Weserbergland Region" zusammengeschlossen haben, um ein gemeinsames regionales Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Der Landkreis Nienburg hat sich dieser erfolgreichen Kooperation im Jahre 2006 angeschlossen, wodurch die Weserbergland Region plus entstand.

Darüber hinaus betreiben die Landkreisen Hameln-Pyrmont, Holzminden und Schaumburg verschiedene gemeinsame Projekte wie z.B. zum Aufbau einer regionalen Bildungsstruktur, zur touristischen Erschließung im ländlichen Raum oder zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen im häuslichen Raum. Ferner haben die Landkreise gemeinsam das Produktionstechnische Zentrum GmbH der Leibniz Universität Hannover beauftragt, das vielfältige Leistungsangebot der Universitäten und Fachhochschulen besonders für die Unternehmen in der Weserbergland Region plus zu nutzen.

Aktuell hat die Landesregierung die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung mit den kommunalen Spitzenverbänden zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit zum 14.12.07 beschlossen. Landesregierung wie kommunale Spitzenverbände wollen daher weiterhin Orientierungshilfen zu rechtlichen Fragestellungen erarbeiten. Die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände wollen sich dafür stark machen, dass die kommunalen Kooperationen nicht dem europäischen Vergaberecht unterworfen werden. Nach drei Jahren soll eine Bilanz der gemeinsamen Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit gezogen werden.

Das Vorhaben findet länderübergreifend große Aufmerksamkeit. Niedersachsen leistet hier bundesweit als Vorreiter Grundlagenarbeit.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Aus Sicht der Landesregierung ist die Region Weserbergland auf einem guten Wege. Der Ministerpräsident hat in seinen Äußerungen Bezug genommen auf die Reaktion der Landräte aus Hameln und Schaumburg zum Weserberglandplan, der zunächst in einem ersten Schritt in Holzminden gestartet worden ist.

Zu 2.:

Siehe Antwort zu Frage 1.

Zu 3.:

Die Landesregierung ist ständig darum bemüht, die Rahmenbedingungen für die interkommunale Zusammenarbeit zu verbessern. Dieses wird insbesondere mit dem bevorstehenden Abschluss der Erklärung zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden deutlich. Hierin verpflichtet sich die Landesregierung, dass sie sich im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten auf Bundes- und europäischer Ebene dafür einsetzen wird, dass Beistandsleistungen der Kommunen auch weiterhin nicht der Ertrags- und Umsetzsteuerpflicht unterliegen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2007
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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