Polizeieinsatz an der Universität Osnabrück
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steiner (Grüne); Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Am Mittwoch, dem 27. Juni 2007 waren 350 geladene und 50 spontan erschienene Gäste zur Abschiedsvorlesung des Hochschullehrers Klaus Bade, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Osnabrück, gekommen. Seitens der Landesregierung war Herr Minister Stratmann anwesend; Ministerpräsident Wulff ließ sich mit dem Hinweis, er stehe im Stau, kurzfristig entschuldigen.
Darüber hinaus waren Hundertschaften der Polizei und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatsschutzes vor Ort. Nach Berichten von Teilnehmern waren die Einlasskontrollen so streng, dass selbst die ehemalige Bundestagspräsidentin Professor Dr. Rita Süssmuth und der zu verabschiedende Prof. Bade Mühe hatten, zum Veranstaltungsort zu gelangen.
Etwa 50 Studierenden und den Referentinnen und Referenten des AStA, die dem Staatsschutz offenbar aufgrund ihrer Aktivitäten gegen die Einführung von Studiengebühren persönlich bekannt waren, blieb der Zugang verwehrt.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des von Professor Bade geleiteten Instituts für Migrationsforschung wurden zunächst abgewiesen und erst hereingelassen, als sich Prof. Bade persönlich für seine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbürgte.
Polizei und Staatsschutz zogen ab, als Minister Stratmann das Universitätsgelände unmittelbar nach Ende des Vortrages von Professor Bade wieder verließ.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Gefahr im Verzug hat die Landesregierung veranlasst, die Teilnahme von Minister Stratmann an der Abschiedsvorlesung von Professor Bade durch mindestens 200 Polizeibeamte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatsschutzes abzusichern?
- Reicht es in Niedersachsen aus, als Studierender gegen die Einführung von Studiengebühren zu protestieren, um nicht mehr an Veranstaltungen des eigenen Fachbereichs teilnehmen zu dürfen?
- Wurden Aktivitäten der Referentinnen und Referenten des AStA der Universität Osnabrück im Zusammenhang mit der Einführung von Studiengebühren durch den Staatsschutz beobachtet, oder aus welchen anderen Zusammenhängen war dieser Personenkreis dem Staatsschutz persönlich bekannt?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Zu der Mündlichen Anfrage habe ich mir von der zuständigen Polizeidirektion Osnabrück berichten lassen. Die folgenden Ausführungen basieren auf der Stellungnahme dieser Behörde.
In der jüngsten Vergangenheit sind Veranstaltungen an der Universität Osnabrück unter Teilnahme von Mitgliedern der niedersächsischen Landesregierung in zwei Fällen durch Protestaktionen von Studenten begleitet worden, bei denen durch die Protestierenden teilweise Gewalt angewandt wurde.
So ist aus Anlass einer Preisverleihung am 15.12.2006 der Zugang zur Universität Osnabrück durch demonstrierende Personen blockiert worden. Minister Stratmann, der die Preisverleihung besuchen wollte, war es nicht möglich, in das Gebäude der Universität zu gelangen. Er verzichtete aber auf die zwangsweise Durchsetzung des Betretungsrechts.
Im Vorfeld der offiziellen Feierstunde der Universität anlässlich der Verleihung des niedersächsischen Staatspreises am 22.01.2007 ist durch Studierende der Universität Osnabrück unter Bezugnahme auf die Blockadeaktion vom Dezember dazu aufgerufen worden, die geplante Teilnahme von Ministerpräsident Wulff an der Veranstaltung ebenfalls zu verhindern. Vor dem Hintergrund der damaligen Erfahrungen und dieses neuerlichen Aufrufes hatte die Polizei ein Maßnahmenkonzept entwickelt, wie derartige Blockadeaktionen bei etwaigen zukünftigen Veranstaltungen zu verhindern sind und dieses der Universität Osnabrück vorgestellt. Das Konzept sieht eine polizeiliche Absperrung des Schlossgartens und eine Einlasskontrolle am Haupteingang vor.
Im Hinblick auf die Feierstunde am 22.01.2007 war die Anwendung dieses Maßnahmenkonzeptes durch den Präsidenten der Universität als Inhaber des Hausrechts abgelehnt worden, da es den Lehrbetrieb eventuell zu stark beeinträchtigten könne. Am Veranstaltungstag gelang es dann ca. 120 Personen, die sich zunächst im Schlossgarten versammelt hatten, den Haupteingang des Gebäudes zu blockieren. Erst während der laufenden Veranstaltung konnte der Eingang geräumt werden. Dabei kam es durch einige der Blockierer zu Widerstandshandlungen gegenüber Polizeibeamten. Gegen 33 Personen wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Nötigung bzw. Widerstandes eingeleitet. Die Mehrzahl der Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft Osn-brück mittlerweile gemäß § 153 StPO eingestellt, gegen 4 Personen wurde Anklage erhoben bzw. ein Strafbefehl beantragt.
Anlässlich der Feierstunde und Abschiedsvorlesung von Herrn Prof. Dr. Klaus. J. Bade am 27.06.2007, zu der Ministerpräsident Wulff und Minister Stratmann als Ehrengäste eingeladen waren, waren ebenfalls Störungen zu erwarten.
So wurde am Veranstaltungstag um 12.45 Uhr in der Universität ein Flugblatt aufgefunden, in dem auf den Polizeieinsatzes vom 22.01.2007 Bezug genommen und wegen der Erhebung von Stu-diengebühren sowie der Ausländer-/Asylpolitik der Landesregierung zu Protesten gegen den Besuch der Mitglieder der Landesregierung aufgerufen wurde. Im Einvernehmen mit der Universität Osnabrück und mit Herrn Prof. Bade die Umsetzung des erarbeiteten Maßnahmenkonzeptes vorbereitet und der polizeiliche Kräfteansatz kurzfristig auf ca. 145 Beamtinnen/Beamte erhöht worden. Der Präsident der Universität übertrug dem Einsatzleiter der Polizei die Ausübung des Hausrechts.
In Umsetzung des Konzeptes sperrte die Polizei den Schlossgarten ab. Die seitlichen Tore wurden verschlossen und eine Einlasskontrolle am Haupteingang durch zwei Mitarbeiter von Prof. Bade durchgeführt. Polizeikräfte unterstützten diese dabei. Mitarbeiter des polizeilichen Staatsschutzes waren daran nicht beteiligt. Die geladenen Gäste wurden am Eingang durch die Mitarbeiter des Instituts begrüßt und konnten ausnahmslos ohne Störungen zur Veranstaltung gelangen.
Von einer Zutrittsbehinderung zum Nachteil von Fr. Dr. Süßmuth oder Herrn Prof. Dr. Bade ist hier nichts bekannt geworden. Ebenso wenig davon, dass eingeladenen Personen abgewiesen worden sind. Zeitgleich war zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs der Uni der Zugang zum Gebäude für Studierende über einen Seiteneingang möglich.
Ca. 25 Demonstranten, die ab 16:30 Uhr im Haupteingangsbereich zwei Plakate zu den Themen "Studiengebühren" und "ZAAB Bramsche" zeigten, konnten ihr Demonstrationsrecht auf dem Gehweg vor dem Schloss wahrnehmen. Sie versuchten nicht, auf das abgesperrte Gelände zu gelangen.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Siehe Vorbemerkung.
Zu 2.:
Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
Zu 3.:
Weder waren Mitarbeiter des polizeilichen Staatsschutzes an der Einlasskontrolle beteiligt, noch sind staatsschutzpolizeiliche bzw. sonstige polizeiliche Erkenntnisse dazu herangezogen worden.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
Artikel-Informationen
erstellt am:
12.07.2007
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010