Niedersachsen klar Logo

Innere Sicherheit in Niedersachsen

HANNOVER. Das Landeskabinett hat am Dienstag den Bericht zur Inneren Sicherheit in Niedersachsen 2002 bis 2006 zustimmend zur Kenntnis genommen. Der Bericht wird dem Landtag zugeleitet. Er ist auch in der Fortsetzung als ganzheitliche Informationsquelle anzusehen, in der statistische Daten mit vor allem kriminologisch geprägten Analysen und Schlussfolgerungen zusammengeführt worden sind.

Für Innenminister Uwe Schünemann und Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann hat der Bericht zur Inneren Sicherheit in Niedersachsen die Schwerpunktsetzung der Kriminalitätsbekämpfung durch die Sicherheitsbehörden bestätigt. "Die Aufklärungsquote ist in den vergangenen zwei Jahren auf die höchsten jemals in Niedersachsen erzielten Werte geklettert. Dies zeigt, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten einen guten Job gemacht haben aber auch, dass die Polizeireform richtig und erfolgreich war", so Schünemann. Die Neuausrichtung der Polizeiorganisation sei einhergegangen mit zusätzlichen Investitionen im Personal- und Sachbereich der Polizei. Das 1000er Stellenprogramm habe dazu geführt, dass 2007 im Polizeivollzug mit 19.789 Beamten die höchste Polizeistärke seit Gründung des Landes Niedersachsens erreicht wurde. Im Technikbereich wurde insbesondere ein umfassender Ausbau der DNA-Analyse vorangetrieben.

Die registrierten Straftaten sind im Vergleich der Jahre 1992, 2002 und 2006 rückläufig. Dazu beigetragen hat auch die Stärkung der Kriminalprävention. In jeder Polizeiinspektion wurde ein Präventionsteam eingerichtet, um zusammen mit anderen Fachleuten die Kriminalprävention zu einer gemeinsamen gesellschaftlichen Aufgabe zu machen. Mittlerweile sind 180 kommunale Gremien im Landespräventionsrat aktiv.

Insbesondere bei den Diebstahlsdelikten in Bezug auf Straftaten zum Beispiel aus dem Kraftfahrzeug ist der Präventionserfolg ablesbar. Seit 2002 sind die Fallzahlen hier um rund 31 Prozent auf 32.453 gesunken. Niedersachsen ist bei der Präventionsarbeit rund ums Auto das federführende Bundesland und durch das Landeskriminalamt an zahlreichen Projektgruppen beteiligt. Neue Erkenntnisse – etwa über Wegfahrsperren, Alarmanlagen, Ortungssystem und sonstige Sicherheitstechniken - werden über die Beauftragten für Kriminalprävention der Polizeiinspektionen bei Beratungen und Veranstaltungen vor Ort verbreitet. 2006 sank der Anteil des Diebstahls an der Gesamtkriminalität auf den niedrigsten jemals verzeichneten Wert von 43,11 Prozent.

Über die Hälfte der deutschen Haushalte verfügte 2005 über einen Internetzugang. Diese große Verbreitung des Internets stellt die Strafverfolgungsbehörden vor neue Herausforderungen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik erfasst seit 2006 die das Tatmittel Internet gesondert. Im vergangenen Jahr wurden 14.935 Fälle gezählt. Die Aufklärungsquote in diesem Phänomenbereich liegt bei rund 88 Prozent. Zu den Schwerpunkten der Internetkriminalität zählen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (zum Beispiel Verbreitung kinderpornografischer Schriften), Vermögens- und Fälschungsdelikte und politisch motivierte Kriminalität.

Der Kriminalität in Datennetzen begegnen Staatsanwaltschaft und Polizei mit speziell dafür ausgebildeten und ausgestatteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So hat die niedersächsische Polizei im Oktober 2006 eine Organisationseinheit zur "anlassunabhängigen Recherche im Internet" beim Landeskriminalamt eingerichtet. Diese ist mit acht speziell aus- und fortgebildeten Beamtinnen und Beamten besetzt. Die Arbeit erfolgt in enger Abstimmung mit anderen Recherchedienstellen der Länder, des Bundes und in enger Kooperation mit der Justiz. Zurzeit läuft ein Verfahren gegen einen irakischen Staatsangehörigen aus Georgsmarienhütte. Er steht im Verdacht, durch die Verbreitung von Audio- und Videodateien übers Internet terroristische Vereinigungen unterstützt zu haben. Extremistische und Terroristische Vereinigungen nutzen immer mehr die überall zugängliche Internetplattform, um ihre Hassbotschaften zu verbreiten.

"Der Islamistische Extremismus und Terrorismus stellt die größte Gefahr für die Innere Sicherheit in Deutschland und damit auch in Niedersachsen dar", so Innenminister Uwe Schünemann. Die Bekämpfung des Islamistischen Terrorismus sei für die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, angesichts des anhaltenden Bedrohungspotentials eine der größten Herausforderungen und aus diesem Grund ein Schwerpunkt in der Aufgabenwahrnehmung. Ein effektives Vorgehen gegen diese Bedrohungslage fordere einen ganzheitlichen Ansatz; d.h. das Zusammenwirken von Polizei, Nachrichtendiensten, Justiz, Ausländer-, Einwanderungs-, Sozial- und Verwaltungsbehörden sowie anderer Stellen, wie Wirtschaft, Verbände und Vereine. Den deutschen Sicherheitsbehörden sind ca. 32.150 Islamisten bekannt. Nahezu 10 Prozent dieser potentiell betroffenen Personen – ca. 3.150 Islamisten – leben in Niedersachsen. Seit den terroristischen Anschlägen vom 11.09.2001 wurden zwölf Ermittlungsverfahren mit niedersächsischen Bezügen wegen Bildung einer kriminellen und/oder terroristischen Vereinigung geführt. Wie die letzten Informationen aus den internationalen Sicherheitskreisen bestätigen, ist die abstrakte Gefahr von Selbstmordattentaten in Deutschland so hoch wie noch nie.

"Umso wichtiger ist es für die Sicherheitsbehörden, frühzeitig an Informationen über terroristische Handlungen zu kommen. Dies macht eine effektive Überwachung von Kommunikationsmitteln nötig", so Schünemann. Der Innenminister wies in diesem Zusammenhang auf das neue "Gemeinsame Informations- und Analysezentrum" (GIAZ) von Polizei und Verfassungsschutz hin. Niedersachsen habe unter Berücksichtigung des Trennungsgebotes bundesweit hier das erste Zentrum dieser Art aufgebaut. Ziel des GIAZ ist es unter anderem, eine qualitativ bessere Bewertung aller verfügbaren Daten in den Bereichen internationaler Terrorismus und Extremismus sowie Rechts- und Linksextremismus zu erreichen. Als Impulsgeber fungierte Niedersachsen zudem bei der Antiterrordatei, die als herausragendes Informationsinstrument zur besseren Bekämpfung des islamistischen Extremismus und Terrorismus aufgebaut wird. Um die strategische Zusammenarbeit auch auf höchster niedersächsischer Behördenebene zu verbessern wurde Ende 2006 eine Koordinierungsgruppe "Islamistischer Terrorismus" gegründet. Neben dem Innen- und Justizministerium sind hier das Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das Landeskriminalamt und der Verfassungsschutz ständige Mitglieder. Im Innenministerium befasst sich seit Juni 2005 unter der Federführung des Ausländer – und Asylrechtsreferats eine Arbeitsgruppe mit Einzelfällen, die einen extremistischen oder terroristischen Hintergrund haben könnten und ausgewiesen werden sollen.

Bei den Körperverletzungsdelikten haben sich die Fallzahlen seit 1994 nahezu verdoppelt. Damit ist auch der Anteil an der Gesamtkriminalität auf 8,42 Prozent gestiegen. Die Aufklärungsquote liegt in diesem Deliktsbereich bei rund 90 Prozent. Den größten Anteil machen die Fälle von vorsätzlich begangenen leichten Körperverletzungen aus. Die Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem in einem veränderten Anzeigeverhalten festzuhalten. Dies lässt darauf schließen, dass die Interventionsarbeit eine Aufhellung des Dunkelfeldes bewirkt hat. Die Niedersächsische Landesregierung hat unter der Federführung des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und dem Justizministerium einen Landesaktionsplan entwickelt. Er sieht ressortübergreifende Maßnahmen zur polizeilichen Krisenintervention, zur Strafverfolgung der Täter und zum Opferschutz, zum zivilrechtlichen Schutz und zur psychosozialen Unterstützung betroffener Frauen und ihrer Kinder sowie Maßnahmen zur Prävention vor. Dazu wurde auf Landesebene das Koordinationsprojekt "Häusliche Gewalt" eingerichtet. Das Projekt hat die Aufgabe, die Interventions- und Präventionsarbeit der kommunalen Gremien und Netzwerke gegen Häusliche Gewalt zu entwickeln und zu optimieren. Das Projekt ist beim Landespräventionsrat angesiedelt. Studien haben ergeben, das Häusliche Gewalt nicht nur schädigend für die psychische und physische Entwicklung von Kindern ist, sondern auch auf die Einstellung zu Gewalt und zu eigenem gewalttätigen Verhalten Auswirkungen haben kann.

Die Bekämpfung und Verhütung der Jugendkriminalität ist seit Jahren einer der Handlungsschwerpunkte der niedersächsischen Polizei und Justiz. Rund 30 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen sind Kinder, Jugendliche und Heranwachsende. Die Entwicklung der Kriminalität junger Menschen verläuft unterschiedlich zwischen den verschiedenen Altersstufen. Während die Fallzahlen für Kinder und Jugendliche seit 2002 leicht rückläufig sind, sind die Fälle der durch Heranwachsende begangenen Straftaten seit 1992 stetig zunehmend. Insgesamt ansteigend sind seit 1992 auch die Fallzahlen der durch junge Menschen begangenen Gewaltkriminalität.

Die Entwicklung begründet sich unter anderem durch Änderungen im Anzeigeverhalten sowie der intensiveren Ermittlungsarbeit der Polizei und damit einer Aufhellung des Dunkelfeldes.

Kinder und Jugendliche sind die wichtigste Zielgruppe der niedersächsischen Kriminalpräventionsarbeit. Seit September 2003 gibt es ein gemeinsames Handlungskonzept von Schule, Polizei und Staatsanwaltschaft. Gegenstand des Erlasses ist unter anderem die Verpflichtung der Schulen, gelistete Straftaten anzuzeigen, die an ihrer Schule oder im Zusammenhang mit ihrer Schule bevorstehen oder begangen werden. Infolge dieses Erlasses ist zunächst ein deutlicher Anstieg der bekannt gewordenen Fälle von Kriminalität im Schulkontext zu verzeichnen gewesen. Nach 2004 sind die Zahlen allerdings wieder rückläufig. Im Zuge der Polizeireform wurden 2004 Präventionsteams in allen Polizeiinspektionen gebildet. Sie beraten zum Beispiel hinsichtlich der Einbeziehung von präventionsbezogenen Themen im Schulunterricht, benennen polizeiliche Ansprechpartner für die Schulen und führen regelmäßig Besprechungen mit den Schulvertretern durch.

Spezielle Kampagnen wurden für bestimmte Phänomene entwickelt. Zum Beispiel die Aktion "Don`t drug and drive", die das Thema Drogen im Straßenverkehr unter den verschiedensten Gesichtspunkten beleuchtet. Dazu gehört auch das PC-Spiel "Luka" zur Gewaltprävention für Kinder oder das Präventionsprogramm "Pac – Prävention als Chance", das besonders für Schulen entwickelt wurde.

Generell festzustellen ist, dass die Eigentums- und Gewaltdelikte Schwerpunkte im Bereich der Kriminalität junger Menschen sind und im Verhältnis dieser beiden Deliktbereiche die Eigentumskriminalität eher rückläufig und die Gewaltdelikte im Hellfeld zunehmen.

Mit der Initiative zum Warnschussarrest für straffällige Jugendliche wird das Justizministerium eine Änderung des Jugendstrafrechts vorantreiben. Dabei sollen Richter Jugendliche, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden, zugleich bis zu vier Wochen in Arrest schicken können. Damit soll den Jugendlichen der "Ernst der Lage" deutlich vor Augen geführt werden. "Für die jungen Straftäter hat dies eine gewisse Schockwirkung zur Folge", so Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann. Jugendliche dürften nicht das Gefühl haben, dass sie ohne spürbare Sanktionen aus dem Gerichtssaal gehen können.

Zu den vordringlichsten Aufgaben der Landesregierung zählt die Korruptionsbekämpfung. Mit dem Einsatz von Spezialistenteams in Osnabrück, Braunschweig, Hannover und Verden ist es gelungen, ein flächendeckendes Netz von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu schaffen.

Heister-Neumann: "Korruption stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität unseres Staates dar. Sie bewirkt einen Verlust an Vertrauen in die Unparteilichkeit der in Politik und Verwaltung Handelnden und sie verursacht immense wirtschaftliche Schäden."

Korruptionsbekämpfung könne nur dort erfolgen, wo Zentralisierung und damit einhergehend Spezialisierung erfolge, so die Justizministerin. "Die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen müssen nicht nur engagiert sein, sondern darüber hinaus herausragende fachliche Kompetenz besitzen, um den vielfältigen Herausforderungen gerecht werden zu können."

Auch das neue Niedersächsische Justizvollzugsgesetz (NJVollzG), das im Sommer vom Landtag beschlossen werden soll, wird einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität in Niedersachsen leisten. Die Löschungsfrist personenbezogener Daten wird von zwei auf fünf Jahre angehoben. Nach einer erneuten Inhaftierung können Sicherheitsrisiken dadurch länger und besser beurteilt werden. "Die Niedersächsische Justiz hat aber nicht nur die Täter, sondern vor allem die Opfer im Blick", erklärt Heister-Neumann. Das NJVollzG eröffne den Justizvollzugsanstalten die Möglichkeit, dem Opfer einer Sexual- oder Gewalttat auf Antrag mitzuteilen, ab wann der Vollzug für den Täter gelockert wird. "Ein wichtiger Beitrag zum Opferschutz", so die Justizministerin.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
05.07.2007
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln