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Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung

Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD; Es gilt das gesprochene Wort!


Anrede,

die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus hat sich in den versuchten Anschlägen auf deutsche Regionalzüge in bedrohlicher Weise konkretisiert und uns erneut die Notwendigkeit vor Augen geführt, alles zu unternehmen, um den Terrorismus zu bekämpfen und die Bevölkerung vor Anschlägen zu schützen. Wir müssen deshalb die Polizei mit den nötigen Befugnissen ausstatten und dafür Sorge tragen, dass sie diese Befugnisse effektiv einsetzen kann.

Die Intensivierung der Videoüberwachung ist dabei ein wichtiger Baustein. Ich begrüße es, dass die Kollegen von der SPD das inzwischen auch so sehen.

Nach meinem Amtsantritt hat diese Landesregierung allerdings erst dafür sorgen müssen, dass wir dieses Instrument auch tatsächlich stärker einsetzen und Videobilder nicht nur übertragen, sondern auch aufzeichnen können.

Die schnelle und erfolgreiche Aufklärungsarbeit der Polizei nach den Anschlagsversuchen im August wäre ohne Aufzeichnungen von Überwachungskameras nicht möglich gewesen. Auch wissen wir nicht, ob die Täter nach dem Fehlschlag nicht weitere Anschlagsversuche unternommen hätten, wenn sie nicht so schnell ergriffen worden wären. Deshalb haben wir uns auch auf der Innenministerkonferenz am 04. September gemeinsam dafür ausgesprochen, die Videoüberwachung stärker als bisher zu nutzen.

Entscheidend ist, die Videotechnik so einzusetzen, dass sie uns den größtmöglichen Nutzen bringt.

Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Infrastruktur des öffentlichen Personenverkehrs zu, also einem der sensibelsten Bereiche. Bahnhöfe und Flughäfen, Bushaltestellen, U- und S-Bahnhöfe sind schon jetzt mit Überwachungsanlagen der Polizei und der Betreiber ausgerüstet; dies muss weiter vorangetrieben und optimiert werden. Die Anschlagsversuche in Dortmund und Koblenz in diesem Jahr und die Anschläge von London und Madrid aus den Jahren 2004 und 2005 haben gezeigt, dass es wichtig ist, auch die Übergänge zwischen den verschiedenen Infrastruktureinrichtungen gezielt abzudecken und dafür zu sorgen, dass sich benachbarte Überwachungsträger untereinander abstimmen.

Es muss sichergestellt werden, dass vorhandene Videoaufzeichnungen auch so lange gespeichert werden, dass das Tatgeschehen im Ereignisfall in seiner Gesamtheit abgebildet und die Täterfahndung effektiv unterstützt werden kann. Die Speicherfristen müssen sich an den polizeitaktischen Erfordernissen ausrichten.

Ob diese Konzepte auf der Basis der Vorschriften des Nds. SOG verwirklicht werden können oder ob wir den gesetzlichen Rahmen für die Videoüberwachung an die Erfordernisse der Terrorismusbekämpfung anpassen müssen, werden wir klären. Hier wird es darum gehen, die Schwelle für die Aufzeichnung von Videobildern so zu formulieren, dass sie den Realitäten der Gefahrenvorsorge besser als bisher entspricht. Die Terrorgefahr lässt sich über die Identifizierung typischerweise besonders gefährdeter Orte hinaus nicht räumlich eingrenzen, deshalb darf die Zulässigkeit von Videoaufzeichnungen nicht davon abhängen, dass für einen bestimmten Ort eine erhöhte Gefahr festgestellt werden kann.

Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion geht in diesem Punkt, d. h. für den Bereich der Terrorbekämpfung, durchaus in die richtige Richtung. Es wäre aber völlig verfehlt, auf das Instrument der Videoüberwachung und -aufzeichnung zur Bekämpfung der Allgemeinkriminalität zu verzichten. Genau das wäre aber – ob beabsichtigt oder nicht will ich hier nicht bewerten – die Folge einer Regelung, wie sie die Fraktion der SPD mit dem vorgelegten Entwurf vorschlägt. Wenn man – egal wie vage und wie weit im Vorfeld – auf Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit ab-stellt, bleiben wichtige Deliktsfelder außen vor – zum Beispiel auch Diebstahl oder Betäubungs-mitteldelikte, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Auch zur vorbeugenden Bekämpfung der Allgemeinkriminalität wird die Videoüberwachung – einschließlich der Aufzeichnung von Videobildern – weiterhin ein wichtiges Mittel sein.

Ich ziehe es deshalb vor, nicht einen Punkt isoliert herauszugreifen, bevor die Überarbeitung anderer wichtiger Vorschriften, die ebenfalls für die Bekämpfung des Terrorismus von Bedeutung sind, abgeschlossen ist. Sie wissen, dass ein Entwurf zur Änderung des Nds. SOG in Vorbereitung ist und wir zurzeit wichtige verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit verschiedenen polizeilichen Eingriffsbefugnissen und der vorbeugenden Terrorismusbekämpfung gutachterlich klären lassen – dabei werden wir auch die Regelungen über die Videoüber-wachung und -aufzeichnung überprüfen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.10.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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