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NPD-Landesparteitag in Dedensen

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Aller (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

"NPD-Parteitag löst Protest aus" - so überschrieb die lokale Leine-Zeitung einen Bericht über die Folgen des Landesparteitages der rechtsradikalen Partei am Sonntag, dem 21. Mai 2006, im Seelzer Stadtteil Dedensen. Der Ortsrat hat jetzt Vertreter von Vereinen, Kirche und Schule zu einer Versammlung eingeladen. Gegenstand der Beratungen werden nicht nur der aktuelle NPD-Parteitag und die damit in Verbindung stehende Demonstration sein. Auch das Verhalten der Behörden steht zur Diskussion.

Der Ortsbürgermeister hat gegenüber der Presse öffentlich geäußert: "Wir sind sehr erbost darüber, dass wir über diesen Parteitag nicht informiert worden sind." Für örtliche Politikerinnen und Politiker, Bürgerinnen und Bürger bleiben nach Parteitag, Gegendemonstration und massivem Polizeiaufgebot viele Fragen offen.

So soll der Vorstand des NPD-Kreisverbandes regelmäßig am Ort des Parteitages, dem "Deutschen Haus", tagen, bestätigt der Ortsbürgermeister. Auch durch die Gründung des rechten Nationalen Bündnisses Region Hannover war der Ort auffällig geworden.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Ortsrat bringt die Sorgen der Dedenser in einem Zeitungsbericht auf den Punkt: Weshalb die NPD ausgerechnet in Dedensen auftauche, mache sie ratlos. "Ich kann mir das nicht erklären. Die Versammlung hat mich schockiert."

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse lagen den Behörden vor, sodass für den NPD-Parteitag ein starkes Polizeiaufgebot und eine Hundestaffel eingesetzt wurden?
  2. Wann und mit welchen Informationen haben Landesbehörden und Polizei die Stadt bzw. örtliche Amtsträger über ihre Erkenntnisse zur Lage anlässlich des NPD-Parteitages ausgestattet und mögliche Maßnahmen erörtert?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung das rechtsextreme Potenzial im Umfeld und Einzugsbereich der NPD-Landesorganisation und des NPD-Kreisverbandes unter besonderer Berücksichtigung des Bürgerprotestes in Dedensen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Am 21.5 2006 fand im Hotel "Zum Deutschen Haus" in Seelze, Stadtteil Dedensen ein Landesparteitag der NPD mit ca. 100 Teilnehmern statt.

Ca. 30 - 35 Gegendemonstranten führten währenddessen eine versammlungsrechtliche Aktion in Form eines Aufzuges vom Bahnhof Dedensen-Gümmer zum Veranstaltungshotel und zurück durch. Beide Veranstaltungen wurden durch polizeiliche Einsatzmaßnahmen begleitet. Zu Störungen kam es nicht.

Nach den Erfahrungen der Polizei bereitet die NPD derartige Veranstaltungen grundsätzlich so vor, dass sie die genaue Veranstaltungsörtlichkeit erst sehr kurzfristig und nur dem eingeladenen Personenkreis mitteilt, um Gegenaktionen zur Verhinderung oder Störung der Veranstaltung möglichst auszuschließen.

Auch in diesem Fall war vorab auf der Internet-Seite des NPD-Landesverbandes Niedersachsen zwar auf den Landesparteitag am 21.5.2006 hingewiesen worden, eine Ortsangabe fehlte jedoch.

Als die Polizei kurzfristig vor der Veranstaltung davon Kenntnis erhielt, dass der Landesvorsitzende der NPD für eine Veranstaltung in Seelze-Dedensen Räumlichkeiten für ca. 120 Personen angemietet hatte, bereitete die Polizeiinspektion Garbsen polizeiliche Einsatzmaßnahmen vor und setzte insgesamt ca. 40 Beamtinnen und Beamte ein, darunter einen Einsatzzug der Landesbereitschaftspolizei Niedersachsen sowie zwei Diensthundführer mit Dienst-hunden. Dieser Kräfterahmen war der Lage angemessen.

Am Abend vor dem Landesparteitag lagen dem Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz Hinweise darauf vor, dass Aktionen von der linken Szene zu erwarten waren. Die Polizei wurde davon umgehend in Kenntnis gesetzt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Siehe Vorbemerkung.

Zu 2.:

Nach dem Bericht der Polizeidirektion Hannover hat die Polizei von der sonst üblichen Verfahrensweise abgesehen, die betroffene Gemeindeverwaltung über die vorliegende Erkenntnislage zu informieren. Von den Teilnehmern des Parteitages waren keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erwarten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 3.:

Entsprechend ihrem Selbstverständnis als führende Kraft einer "Volksfront von rechts" versucht die NPD, sich sowohl die rechtsextremistische Subkultur als auch die neonazistischen Kameradschaften politisch nutzbar zu machen. In Niedersachsen sind etwa zwanzig Kameradschaften aktiv, der Raum Hannover bildet dabei einen Schwerpunkt.

Der Landesverband Niedersachsen profitierte wie alle Landesverbände vom Wahlerfolg der NPD in Sachsen im Jahre 2004 und konnte im Jahre 2005, vornehmlich aus den Reihen der unorganisierten rechtsextremistischen Szene, die Mitgliederzahlen von 460 auf rund 580 Mitglieder steigern. Die weitere Einbindung "Freier Kameradschaften" scheiterte aber insbesondere daran, dass dieser Personenkreis sich nicht dem Führungsanspruch der Partei unterwerfen will.

Die Durchführung des diesjährigen Landesparteitages in Dedensen ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass der NPD-Unterbezirk Hannover das "Deutsche Haus" in der Vergangenheit bereits öfter für Veranstaltungen in Anspruch genommen hatte.

Erkenntnisse, wonach die Stadt Seelze und insbesondere Dedensen eine besondere Bedeutung für die NPD haben könnten, liegen nicht vor.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.06.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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