Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Althusmann (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Mit Urteil vom 28. März 2006 zum Aktenzeichen 1BvR 1054/01 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit unvereinbar ist. In ihrem Urteil geben die Karlsruher Richter dem Gesetzgeber auf, bis zum 31. Dezember 2007 den Bereich der Sportwetten neu zu regeln. Das Gericht zeigt dafür auch unterschiedliche Wege auf, ohne sich auf eine Richtung festzulegen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Wie weit sind auf Ebene der Länder die Überlegungen für eine Neuordnung des gesamten Themenkomplexes Sportwetten gediehen?
- Tendiert die Landesregierung eher in die Richtung, das Sportwettenmonopol so auszugestalten, dass sichergestellt ist, dass es der Suchtbekämpfung dient, oder favorisiert die Landesregierung den Weg, die kontrollierte Zulassung privater Wettunternehmen gesetzlich abzusichern?
- Welche Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung für die eine und welche für die andere Alternative?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Hauptwege für die Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustandes aufgezeigt. Möglich ist eine konsequente Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in der Weise, dass es wirklich der Suchtbekämpfung, dem Spieler- und dem Jugendschutz dient oder eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltungen von privaten Wettunternehmen. Dadurch nicht ausgeschlossen und in der Sache eine Variante des Monopolmodells ist eine gesetzlich geregelte und kontrollierte Konzessionierung einer beschränkten Zahl von gewerblichen Veranstaltern.
In der Übergangszeit bleibt das bisherige Recht mit der Maßgabe anwendbar, dass damit begonnen wird, das bestehende Monopol konsequent an der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten. Dementsprechend setzt die Toto-Lotto Niedersachsen GmbH eine Vielzahl von Sofortmaßnahmen um. U. a. wird das Oddset-Angebot nicht erweitert. Die Werbung in allen Medien ist vorerst eingestellt, bis eine bundesweite Abstimmung über die erlaubte Hinweiswerbung vorliegt. Gegen nicht konzessionierte Sportwettenveranstalter und –vermittler und deren Werbung wird ebenfalls konsequent vorgegangen. Aktuell betreut das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport 209 ordnungsrechtliche Verfahren. Aufgrund der durchgeführten Maßnahmen wurde in der Zwischenzeit in 102 Fällen die Vermittlung unerlaubter Sportwetten beendet. Mit dieser Handlungsweise wird den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz vom 30.03.2006 und der Innenministerkonferenz vom 04./05.05.2006 gefolgt, nach denen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für das staatliche Oddset-Angebot zu beachten sind und konse-quent gegen illegale Anbieter und deren Werbung vorzugehen ist. Am 19.06.2006 hat das Verwaltungsgericht Hannover in 25 Verfahren die Untersagungsverfügung des Innenministe-riums bestätigt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die MPK hatte am 30.03.2006 zur Vorbereitung ihrer Entscheidung einer länderoffenen Arbeitsgruppe den Auftrag erteilt, Eckpunkte einer Neuordnung des Rechts der Sportwetten auszuarbeiten und zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 22. Juni 2006 vorzulegen. Die Arbeitsgruppe, in der Niedersachsen mitgearbeitet hat, empfiehlt ganz überwiegend ein Festhalten am bestehenden Sportwettenmonopol. Kein Land plädiert für eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung von Veranstaltungen durch private Wettunternehmen. Die Regierungschefs der Länder haben sich auf ihrer Konferenz am 22.06.2006 für den Erhalt des staatlichen Lotteriemonopols ausgesprochen. Es ist auf der Grundlage der Sportwetten-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weiter zu entwickeln. Der Entwurf eines neuen Lotteriestaatsvertrages ist zur MPK am 13.12.2006 vorzulegen.
Zu 2.:
Die Niedersächsische Landesregierung unterstützt das Monopolmodell. Damit wird der einstimmigen Entschließung des Niedersächsischen Landtages vom 25.01.2006 gefolgt, nach der alles Notwendige zum Erhalt des Glücksspielmonopols zu veranlassen ist. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts besteht die Möglichkeit, ein grundrechtskonformes und europarechtsfestes und zugleich wirksames Monopol zu regeln.
Zu 3.:
Die Niedersächsische Landesregierung sieht den Ausschluss Privater vom Sportwettenmarkt und die darin liegende Einschränkung der Berufsfreiheit als erforderlich an, um die Spieler - insbesondere die Jugendlichen - vor Wett- und Spielsucht zu schützen und zugleich im Interesse der Allgemeinheit kriminellen Strukturen um den Sportwettenmarkt entgegenzuwirken. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 erkennen lassen, dass das Hauptaugenmerk der staatlichen Glücksspielaufsicht auf Spielsuchtaspekte zu legen ist. Die vorgenommenen Anhörungen von Sachverständigen bestätigten das besondere Suchtpotential von Sportwetten. Die anderen Ausgestaltungsmöglichkeiten sorgen als wettbewerbsrechtlich geprägte Modelle für eine Konkurrenz mehrerer Anbieter. Dies würde zu einer Anheizung der Wettleidenschaft führen, die nicht gewollt ist.
Artikel-Informationen
erstellt am:
23.06.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010