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Kommunale Investitionen

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Möhr-mann (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Auf die im Februar-Plenum gestellte Mündliche Anfrage von Mitgliedern der SPD-Fraktion, ob im Zusammenhang mit der möglichen Ziel-1-EU-Förderung für den ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg ab 2007 ein restriktives Genehmigungsverfahren der Kommunalaufsicht bei erforderlich werdender Neuverschuldung für die kommunale Kofinanzierung bei nicht ausgeglichenen Haushalten zu befürchten sei, wurde - wie bei anderen Anfragen auch - nicht geantwortet. Es hieß lapidar "Schon bisher erfolgte die EU-Strukturförderung in enger Kooperation (inhaltlich wie finanziell) zwischen Land und Kommunen. Dies hat sich bewährt und soll auch zu-künftig so bleiben."

Nun zeigt sich in der kommunalen Praxis, dass das Innenministerium bereits in diesem Jahr bei der Genehmigung von Kreditermächtigungen, etwa bei der Nutzung von Kofinanzierungen von GVFG-Mitteln für kommunalen Straßenbau (für die das Land schon Zusagen herausgegeben hat) oder von vom Kultusministerium schon genehmigten Ganztagsschulinvestitio-nen zur Nutzung des 90-prozentige Bundeszuschusses bei nicht ausgeglichenen kommunalen Haushalten, die notwendigen Kredite nicht genehmigen will. Es ist nicht erkennbar, nach welchen objektiven Kriterien Kreditgenehmigungen erteilt oder versagt werden. Es gibt keine Aussagen darüber, wie Kommunen bezüglich ihrer Kreditaufnahme für notwendige Investitionen beurteilt werden, wenn sie sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen ÖPP-Projekte entschieden haben, denn bei ÖPP-Projekten erfolgt die Kreditaufnahme über Dritte. Ebenfalls bleibt unklar, mit welchen kreditwirtschaftlichen Konsequenzen Kommunen zu rechnen haben, die die Verschuldung z. B. über privatwirtschaftliche Ausgründungen in Form einer GmbH organisieren. Die Frage, ob Kredite für gebührenfinanzierte Investitionen die gleiche Wertigkeit bezüglich der Tragfähigkeit für eine Kommune haben, wie z. B. Schulinvestitionen, ist ebenfalls nicht beantwortet. Auch die Gewichtung von kreditfinanzierter Co-Finanzierung von Landes- und Bundesförderungen ist in diesem Zusammenhang ungeklärt. Dies erscheint unverständlich, weil inzwischen bei der Bewilligung von Bedarfszuweisungen objektivierte Kriterien vorgelegt wurden.

Nicht nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, dass zur Begründung der erneuten Kürzung im kommunalen Finanzausgleich von 162 Millionen Euro in 2006 die Landesregierung auf die verbesserte Finanzausstattung der Kommunen im Vergleich zu den Landesfinanzen hinweist.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Nach welchen konkreten Kriterien (z. B. Fehlbedarfe, Kofinanzierung seitens der Landesregierung genehmigter Investitionen oder Finanzierung von über Gebühren rentierlichen Investitionen) werden auch vor dem Hintergrund der Genehmigungskriterien von Bedarfszuweisungen Kreditermächtigungen verweigert oder genehmigt, und welche Bedeutung werden der Höhe der Kreisumlage und der finanziellen Lage der kreisangehörigen Gemeinden zugemessen?
  2. Wie soll die kommunale Kofinanzierung der EU-Programme (Ziel 1 und 2) bei kommunalen Haushalten mit Fehlbedarfen im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg erfolgen, und für welche der dortigen Landkreise wäre eine Kofinanzierung über Kredite nach der jetzt bekannten Haushaltslage genehmigungsfähig?
  3. Sind außer im Landkreis Lüchow-Dannenberg weitere Entschuldungsmaßnahmen oder andere Maßnahmen für niedersächsische Landkreise geplant, um die Investitionstätigkeit kommunaler Gebietskörperschaften zu stärken, wenn ja, um welche handelt es sich, wenn nein, warum nicht?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Im Zusammenhang mit der möglichen Ziel-1-EU-Förderung für den ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg ab 2007 wurde die Frage aufgeworfen, ob eine mögliche Kofinanzierung der Maßnahmen durch die Kommunen aufgrund bereits bestehender Haushaltsdefizite gefährdet ist und inwieweit ein restriktives Genehmigungsverfahren der Kommunalaufsicht bei erforderlicher Neuverschuldung der Kommunen die kommunale Kofinanzierung verhindert.

Im Blickpunkt der Haushaltsgenehmigung durch die Kommunalaufsicht steht vorrangig die Haushaltswirtschaft der Kommunen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft, die sich aus den §§ 82 und 83 NGO ergeben, ist eine Gesamtwürdigung des Haushalts vorzunehmen und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zu berücksichtigten. Dies gilt insbesondere dann, wenn einzelne Maßnahmen zu dauerhaften Belastungen in den Kommunen führen können.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die konkreten Kriterien zur Genehmigung von Kreditaufnahmen der Kommunen ergeben sich aus dem Runderlass des MI zur Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften einschließlich ihrer Sonder- und Treuhandvermögen vom 08.11.1993 (Nds. MBl. S. 1330) zuletzt geändert durch den Runderlass des MI vom 23.07.1997 (Nds. MBl. S. 948 ).

Danach wird im Genehmigungsverfahren auf die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune abgestellt. Kreditaufnahmen stehen nur insoweit mit der dauernden Leistungsfähigkeit im Einklang, als - unter Berücksichtung der Zins- und Tilgungsleistungen und darüber hinaus der aus Entgelten finanzierten Abschreibungen - der Verwaltungshaushalt ausgeglichen und die entsprechenden Zuführungen an den Vermögenshaushalt geleistet werden können.

Als Anhaltspunkte für eine Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit nennt der Erlass unter anderem

  • das Entstehen eines Fehlbetrages im vorigen Haushaltsjahr und ein ausgewiesener Fehlbedarf im neuen Haushaltsjahr,
  • den Antrag auf Gewährung einer Bedarfszuweisung in einem der vorangegangenen drei Jahre,
  • das Nichterreichen der Mindestzuführung zwischen Verwaltungs- und Vermögenshaushalt
  • eine Zuführung vom Vermögenshaushalt zum Ausgleich des Verwaltungshaushalts
  • eine unausgeglichene Finanzplanung.

Die Gewichtung der genannten Anhaltspunkte nimmt die Kommunalaufsicht im Einzelfall vor und entscheidet damit über die Genehmigung und die Ausgestaltung unter in Betracht kommenden Bedingungen oder Auflagen. Bei der Beurteilung der Verschuldungs- und Haushaltssituation werden auch Unterschiede an Hand mehrerer Indikatoren finanzstatistischer Art und auf Grund von erforderlichen Zusatzinformationen berücksichtigt. Dazu gehören bei geplanten Kreditaufnahmen für Investitionen Hinweise darüber, welchen Eigenfinanzierungsanteil die Kommune zu tragen hat und welche Drittmittel (Bund, Land, EU) ausgeschöpft werden können.

Als weitere Kennzahl wird beispielsweise über den Ausschöpfungsgrad der jeweiligen Einnahmen auch die Höhe der Kreisumlage einbezogen und mit dem Landesdurchschnitt verglichen.

Zu 2.:

Eine pauschale Aussage, für welche der Landkreise im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg eine kommunale Kofinanzierung der EU-Programme (Ziel 1 und 2) über Kredite genehmigungsfähig ist, kann nicht getroffen werden. Dazu sind im Einzelfall des betroffenen Landkreises die jeweiligen Beurteilungen nach den unter 1. genannten Kriterien zu treffen.

Zu 3.:

Nein. Das Land Niedersachsen stellt kontinuierlich Finanzmittel zur Stärkung der kommunalen Investitionstätigkeit im Rahmen des Finanzausgleichssystem zur Verfügung (§ 1 Absatz 2, § 3 des Nds. Finanzverteilungsgesetzes).

Dessen ungeachtet ist die NBank beauftragt, Konzepte für die Nutzung alternativer Kofinanzierungsformen zu erstellen. In der kommenden Förderperiode sollen nicht nur Förderprogramme auf Zuschussbasis aufgelegt sondern auch weitere Förderinstrumente angeboten werden.

Gegenwärtig ist noch offen, ob private Kofinanzierungsmittel zum Einsatz gebracht werden können. Eine Klärung wird in den nächsten Monaten im Rahmen der institutionellen Vereinbarung über die finanzielle Vorausschau durch das Europäische Parlament erwartet.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.03.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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