Verkehrsstraftaten unter Drogeneinfluss
Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann be-antwortet in Vertretung von Innenminister Uwe Schünemann die Kleine Anfrage der Abgeordneten Siebert (CDU)
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2005; Fragestunde
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Die Zahl der Verkehrsunfälle unter Einfluss verschiedener illegaler Dro-gen hat sich in Niedersachsen binnen sechs Jahren mehr als verzehnfacht. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl derartiger Unfälle in Niedersachsen um 3 %. Die Mehrzahl der Verkehrsstraftaten unter Drogeneinfluss wird von Jugendlichen begangen. Bei einer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft durchgeführten anonymen Befragung antworteten 94 % der befragten Jugendlichen, dass sie regelmäßig nach Drogenkonsum Auto fahren. Mit vermehrten Kontrollen sowie einer landesweiten Aufklärungskampagne will die Landesregierung gemeinsam mit der Polizei gegen Drogen am Steuer vorgehen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Ist ihr bekannt, ob in anderen Bundesländern ein ähnlicher Anstieg derartiger Unfälle zu verzeichnen ist?
2. Hat sie die Absicht, im Zuge der geplanten Kampagne auch an anderen Orten als an Schulen Aufklärungsaktionen durchzuführen oder andere Institutionen wie beispielsweise Fahrschulen oder Drogenberatungsstellen an der Kampagne zu beteiligen?
3. Welche Arten von Drogen lassen sich vor Ort feststellen?
Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Für die Landesregierung gewinnt das Phänomen "Drogen im Straßenverkehr" zunehmend an Bedeutung. Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) kennzeichnet die Dimension der Drogenproblematik im Verkehrssektor. Demzufolge ist mit etwa gleich vielen Fahrten unter Drogeneinfluss zu rechnen, wie mit Alkoholfahrten ab 0,5 Promille. Im Jahr 2004 wurden bundesweit über 165.000 Alkoholfahrten festgestellt, bei denen es nicht zu einem verkehrsschädigenden Ereignis gekommen ist. Die Diskrepanz zu den festgestellten 43.000 Drogenfahrten ist somit kennzeichnend für den bestehenden Handlungsbedarf.
Die Gesamtunfallzahl ist vom Jahr 2000 bis 2004 bundesweit um 3,9 Prozent, in Niedersachsen um 4,65 Prozent zurückgegangen. Dem ent-gegen sind die unter Drogeneinfluss verursachten Verkehrsunfälle im selben Zeitraum bundesweit um 61,5 Prozent auf 3.312 gestiegen, in Niedersachsen um 22,2 Prozent auf 396.
Die Steigerung der festgestellten Drogenunfälle erklärt sich auch dadurch, dass die Polizei ihre Fähigkeiten zur Detektion einer Drogenbeein-flussung in den letzten Jahren erheblich verbessert hat.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1:
Ja. Nahezu alle Bundesländer registrieren im Vergleich zum Vorjahr höhere oder zumindest stagnierende Drogenunfallzahlen. Nur in drei Ländern, nämlich in Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz wurden im Jahr 2004 weniger Drogenunfälle festgestellt als im Jahr 2003. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
Zu Frage 2:
Ein Ziel der Landesregierung besteht in der Reduzierung drogenbedingter Verkehrsunfälle und der Minderung schwerer Unfallfolgen. Dies wird auf ein vernetztes, präventive und repressive Elemente beinhaltendes Maßnahmenkonzept gestützt, das der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) mit der Kampagne "Don´t Drug and Drive" entwickeln ließ. Die Kampagne geht neue Wege, indem sie auf örtlicher Ebene Informations- und Motivationselemente mit direkten und gezielten Überwachungsmaßnahmen gegenüber Drogenkonsumenten kombiniert. Sie folgt dabei wissenschaftlichen Erkenntnissen, wonach die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen durch spürbaren Kontrolldruck wesentlich erhöht wird. Durch Auftritte u.a. in Schulen, Berufskollegs oder Fahrschulen soll die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Rahmen unterrichtlicher Sonderveranstaltungen ange-sprochen werden. Hierbei wird den individuellen Strukturen und polizeilichen Bedürfnissen der betreuten Stadt bzw. Region lageangepasst begegnet. In einem engen zeitlichen Zusammenhang schließen sich poli-zeiliche Verkehrskontrollen an, die an An- und Abfahrtswegen der bevorzugten Diskotheken, Clubs und Bars stattfinden. Diese Kontrollmaßnah-men werden durch offensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit begleitet.
Die im September in Niedersachsen begonnene Fortbildung von 80 Lehrerinnen und Lehrer und 40 Polizeibeamtinnen und –beamte als Multipli-katoren dient der ersten Umsetzung der Kampagne in den Dienstbezirken und Schulen. Eine weitere Einbindung freier Träger der Verkehrssicherheitsarbeit und anderer Stellen wird auf örtlicher Ebene vorgenommen.
Zu Frage 3:
Die Polizei ist in der Lage, mit Hilfe unterschiedlicher Drogenvortests in Form von Speichel-, Schweiß- und Urintests die psychoaktiven Substan-zen bzw. die Wirksubstanzen der gebräuchlichsten Betäubungsmittel festzustellen. Nachweisbar sind THC (Cannabis, Haschisch), Ampheta-min (Speed, Ecstasy), Kokain (Crack), Opiate (Heroin) und Metamphetamin (Crystal).
Bei positivem Drogenvortest und analogen Verdachtsmomenten ist allerdings für einen gerichtsverwertbaren Nachweis eine Blutanalyse erforderlich, bei der dann auch weitere psychoaktive Substanzen wie Barbiturate, Benzodiazepine nachgewiesen werden können.
Artikel-Informationen
erstellt am:
09.12.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010