Polizeiliche Kriminalstatistik
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bartling (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2005 wird Auskunft darüber geben, ob die von der Landesregierung im Rahmen der Umorganisation der Polizei behaupteten Effizienzgewinne bei der Kriminalitätsbekämpfung realisiert werden konnten. Insbesondere die polizeiliche Aufklärungsquote des Jahres in den ermittlungsintensiven Deliktsbereichen, die für das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger von hoher Bedeutung sind, wird daher von besonderem Interesse sein. Auch der Innenminister scheint der Polizeilichen Kriminalstatistik mit einer gewissen inneren Unruhe entgegenzusehen; denn das Landeskriminalamt hat die interne Veröffentlichung der monatlichen Fortschreibung der PKS für die Monate September bis Dezember 2005 bereits ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Welche konkreten Veränderungen hat sie bei der Erfassung der Daten für die Polizeiliche Kriminalstatistik vorgenommen; In welchem Umfang haben sich im Vergleich zum Vorjahr Zuständigkeiten, Art der Er-fassung und Erfassungskriterien verändert?
- Teilt die Landesregierung die Sorge, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik 2005 ungenau und wenig aussagekräftig sein könnte bzw. wie - gegebenenfalls durch welche konkreten Maßnahmen und Hilfestellungen - gewährleistet sie, dass es nicht zu Pannen und Verzögerungen kommt, die den qualitativen Aussagewert der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2005 beeinflussen könnten?
- Mit welcher Entwicklung der registrierten Kriminalität und der Aufklärungsquote ist auf Basis der bislang vorliegenden Daten im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres zu rechnen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Vorbemerkungen:
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist als strategisches Instrument zur Analyse der Kriminalitätslage und -entwicklung von herausragender Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für die Darstellung der Kriminalität, ihrer Entwicklung insgesamt oder auch einzelner Deliktsarten.
Die PKS wird bundeseinheitlich als eine so genannte Ausgangsstatistik geführt, das heißt die der Polizei bekannt gewordenen Fälle werden erst nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen mit der Abgabe der Akten an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht erfasst.
Die Erfassung der Daten für die PKS richtet sich inhaltlich nach den bundeseinheitlichen Richtlinien zur Führung der PKS. Diese Richtlinien sind für Niedersachsen verbindlich, um eine Vergleichbarkeit der Daten auf Bundesebene zu ermöglichen. Wie in den Vorjahren haben sich im Laufe des Berichtsjahres 2005 Veränderungen hinsichtlich der Erfassungskriterien ergeben, die in den dafür vorgesehen Bund-Länder-Gremien abgestimmt wurden und nicht über das hinaus gingen, was an
beinahe regelmäßigen Änderungen insbesondere im Bereich der Straftatenschlüssel aufgrund kriminalistisch-kriminologischer Erkenntnisse vorgenommen wurde.
Die Erstellung der PKS beruhte bislang auf einem sehr aufwendigen Verfahren:
Mit der Abgabe des Vorgangs an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht wurden die PKS-relevanten Daten manuell durch die sachbearbeitenden Beamtinnen und Beamten in einem speziell dafür vorgesehenen Erfassungsbeleg – dem KP 31a-Vordruck – erfasst. Dieser Datenbeleg wurde dann über die jeweils verantwortliche Leitung des Arbeitsbereichs dem Landes-kriminalamt Niedersachsen auf dem Postweg zugeleitet. Dort erfolgte eine nochmalige Qualitätskontrolle und zentrale Datenerfassung in einer speziellen Datenbank (BS 2000-System)
Auswertungen dieser PKS-Datenbank waren nur über das Polizeiamt für Technik und Beschaffung Niedersachsen möglich.
Insbesondere die manuelle Sichtung, Prüfung und die Mehrfacherfassung der PKS-relevanten Daten waren Anlass , das PKS-Erfassungs- und Qualitätskontrollsystem einer grundlegenden Neuerung zu unterziehen. Die notwendigen Schritte wurden bereits vor 2003 mit der Entscheidung eingeleitet, der niedersächsischen Polizei ein neues Vorgangsbearbeitungs-, Analyse-, Dokumentations- und Informationssystem – kurz: VBS NIVADIS – zur Verfügung zu stellen.
Nicht zuletzt aufgrund technischer Notwendigkeiten war in Niedersachsen die Umstellung der PKS-Datenbewirtschaftung noch im Berichtsjahr 2005 vom PKS-Altsystem auf das System PKS-neu im Rahmen des VBS NIVADIS unumgänglich – und auch wirtschaftlich geboten.
Mit Ablauf des Monats August 2005 ist die manuelle Erfassung der PKS-Daten über Papier-Vordrucke von der automatisierten Überführung der relevanten PKS-Daten aus dem VBS in die PKS-Datenbank – das so genannte Data Ware House (DWH) - des neuen Systems abgelöst worden.
Darüber hinaus erfolgt die Auswertung der PKS-Daten nicht mehr zentral über eine BS 2000-Anlage, sondern - bei unveränderten Kriterien hinsichtlich der Zählweise der gemeldeten Straftaten, Schadenssummen, Tatverdächtigen, Opfern etc. - mittels eines eigen entwickelten Auswertungsprogramms "NIVADIS–Auswertung (Cognos)". Dadurch werden verschiedene Schnittstellen bei der PKS-Erfassung alter Art aufgelöst. Neben der Automatisierung der Datenübertragung ist die Vermeidung von Fehlern beim Ausfüllen des bisher verwendeten Formulars (KP31a) und der anschließenden Übertragung in das PKS-Erfassungssystem Ziel dieser Umstellung.
Automatisierte Plausibilitätsprüfungen werden nunmehr direkt mit der Endabgabe eines Vorganges durch den Sachbearbeiter vom System durchgeführt.
Die Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Einstellung und der Qualität von PKS-Daten haben sich nicht geändert. Nach wie vor wird sowohl durch die unmittelbaren Vorgesetzten die Fachaufsicht wahrgenommen als auch durch das Landeskriminalamt eine umfängliche Qualitätskontrolle und -sicherung gewährleistet.
Die Auswertung der PKS-Daten und Erstellung tabellarischer Übersichten ist nunmehr aufgrund des automatisierten Verfahrens und des landesweiten Zugriffs auch der Analysestellen bei den Polizeidirektionen und den Polizeiinspektionen zeitnah nach Abschluss von Berichtszeiträumen möglich.
Von einer Geheimhaltung der PKS-Daten kann also keine Rede sein.
Für die Phase des technischen Übergangs vom alten zum neuen System sind umfängliche Leistungstests und Systemarbeiten erforderlich.
Grund zur Sorge, die Polizeiliche Kriminalstatistik 2005 könnte ungenau und wenig aussagekräftig sein, besteht nach Aussage des für die technische Realisierung zuständigen Polizeiamtes für Technik und Beschaffung nicht.
Elementarer Bestandteil bei der Einführung des neuen Auswertesystems ist ein umfangreicher Integrationstest auf der Grundlage der von den Dienststellen angelieferten PKS-Daten. Dieser Integrationstest ist noch nicht abgeschlossen. Mit diesem Test soll überprüft werden, ob die PKS-Daten korrekt aus dem VBS in das DWH überführt und in den entsprechenden Auswerte-routinen weiterverarbeitet werden können. Da die Testphase einen Zeitraum von mehreren Monaten in Anspruch nimmt und alle Monate nach Umstellung auf das neue Erfassungssystem einheitlich abgebildet werden sollen, wurde die Monatsfortschreibung – ein rein polizeiinternes Auswerteprodukt – ausgesetzt. Dies war und ist auch vor dem Hintergrund geboten, dass die Datenqualitätskontrolle im Landeskriminalamt in dieser Übergangsphase doppelt belastet war, sodass die Datenqualitätsprüfung bis Ende des Jahres sukzessive nachgeführt werden muss.
Der Integrationstest hat keinen Einfluss auf die eigentliche Datengrundlage, die ausschließlich durch Meldung von Straftaten durch die sachbearbeitenden Dienststellen gebildet wird.
Er dient lediglich zur Überprüfung und Verbesserung der im System zu implementierenden Zählroutinen, um die PKS-Jahresstatistik auch zukünftig entsprechend der bundeseinheitlichen Richtlinien zur Führung der PKS abzubilden.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Siehe Vorbemerkungen.
Zu 2.:
Nein, im Übrigen siehe Vorbemerkungen.
Zu 3.:
Über Fallzahlenentwicklungen oder die Aufklärungsquote zum Jahresende lassen sich zurzeit noch keine hinreichend verlässlichen Prognosen abgeben.
Die Tatsache, dass zum einen der Integrationstest noch nicht abgeschlossen ist und zum anderen die PKS-Datenqualitätskontrolle auf der Grundlage des neuen Systems im LKA erst vor kurzer Zeit angelaufen ist, lässt entsprechende Aussagen noch nicht zu.
Zudem weise ich darauf hin, dass sich die Innenministerkonferenz im Dezember 2002 darauf verständigt hat, die Polizeiliche Kriminalstatistik nur einmal jährlich zu veröffentlichen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
11.11.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010