Kooperative Regionalleitstellen
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dieter Möhrmann (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
In Niedersachsen gibt es in den Landkreisen und kreisfreien Städten eine "bunte" Diskussion über die Zukunft der Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitstellen. Man versucht, Fakten zu schaffen, um die vom Innenminister geplante zusätzliche Verzahnung mit den Polizeileitstellen in einigen Landesteilen zu vermeiden, in anderen Regionen Niedersachsens wird die Zusammenarbeit auch mit der Polizei in Form von "bunten Leitstellen" konkret erwogen.
Die Nordseezeitung berichtet am 27. September 2005, dass der Innenminister bis 2008 landesweit "bunte Leitstellen" einführen will. Andere Information gehen vom Jahr 2010 aus. Auch soll eine vom Bund zugesagte Finanzspritze zur Einführung des Digitalfunks zu neuen Überlegungen geführt haben.
Strittig ist auch die landesweit geplante Anzahl von Leitstellen. Die Frage, ob zukünftige Leitstellen die Grenzen der neuen Polizeidirektionen überschreiten dürfen, ist ungeklärt.
Die aus Kostengründen geplanten "virtuellen Leitstellen" mehrerer Landkreise verursachen jedoch in der Umsetzungsphase zunächst zusätzliche Kosten. Erst mittelfristig ist durch den Wegfall von Personalstellen mit tatsächlichen Einsparungen zu rechnen. Sollte der in der obigen Pressemeldung genannte Einführungstermin der weiteren Konzentration im Jahr 2008 in Richtung "bunter Leitstellen" zutreffend sein, ist in einigen Landkreisen sogar mit zusätzlichen Kostenbelastungen durch die erforderliche Datentechnik für die Übergangszeit der virtuellen Zusammenarbeit zu rechnen.
Ich frage die Landesregierung:
- Ist die Einführung "bunter Leitstellen" landesweit definitiv vorgesehen, und bis zu welchem Zeitpunkt soll sie mit welchen Finanzierungsmodalitäten (Land, Kommunen und Kostenträger) umgesetzt werden?
- Welche konkreten Pläne bezüglich der Rettungsleitstellen gibt es landesweit vonseiten der Kommunen, dargestellt für das Gebiet der jeweiligen Polizeidirektion, mit welchen zusätz-lichen Kosten wird gerechnet, wer sind die Kostenträger, und wie sehen die konkreten Planungen des Innenministeriums oder der jeweiligen Polizeidirektion aus?
- Wie will die Landesregierung bei Umsetzung ihrer Vorstellungen der Zusammenführung von Feuerwehr, Polizei und Katastrophenschutz und einer weiteren Konzentration z. B. auf Basis der Polizeidirektionen sicherstellen, dass die Ortsbezogenheit und die Kenntnisse und Erfahrungen der bisherigen Disponenten erhalten bleiben, die unterschiedliche Führung von Polizei und Feuerwehr im Ernstfall unproblematisch ist und jeder Landkreis im Katastrophenfall über eine für erforderlich gehaltene Leitstelle verfügt?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Das Niedersächsische Innenministerium hat eine Diskussion über die Verbesserung der Führung und Steuerung der Einsätze im Bereich der Polizei sowie des kommunalen Brandschutzes und bodengebunden Rettungsdienstes angestoßen. Kern der Diskussion ist eine Fusion der zurzeit 77 Leitstellen zu Kooperativen Regionalleitstellen, so genannten Bunten Leitstellen. Neben der Verbesserung der Zusammenarbeit und dem damit verbundenen Gewinn an Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger erwarte ich durch die Nutzung gemeinsamer Technik und Räumlichkeiten erhebliche Einsparungen für alle Beteiligten.
Auf fünf regionalen Leitstellenkonferenzen in Göttingen, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück und im Landkreis Lüneburg habe ich im Frühjahr dieses Jahres den kommunalen Aufgabenträgern für Feuerwehr und Rettungsdienst meine Vorschläge für eine neue Leitstellenstruktur in Niedersachsen unterbreitet. Favorisiert werden dabei ca. 10 bis 12 Kooperative Regionalleitstellen, in denen Feuerwehr und Rettungsdienst gemeinsam mit der Polizei die Sicherheit in unserem Land gewährleisten.
Drei Gründe für diese Vorschläge sind entscheidend:
• Mehr Sicherheit für den Bürger durch bessere Koordination der fachlichen Einzelschritte im Einsatz
• Effektivere Arbeitsergebnisse bei der Einsatzabwicklung und
• Einräumige funktionale Aufgabenerledigung.
Hinzu kommen der allgemeine Kostendruck, der sowohl auf der Landesregierung wie auch auf den kommunalen Gebietskörperschaften lastet, sowie die Forderung der Krankenkassen als Kostenträger im Rettungsdienst nach spürbaren, sich langfristig auswirkenden Einsparungen.
Die künftigen Zusammenschlüsse sollen auf der Basis der Freiwilligkeit von den Kooperationspartnern eingegangen werden.
Die seit dem sehr engagiert geführte Diskussion zwischen allen Beteiligten zeigt deutlich, dass Neuordnungsbedarf besteht und dass die Beteiligten bereit sind, Wege zu einer sinnvollen Umgestaltung gemeinsam zu suchen.
Im Rahmen dieser Diskussion werden natürlich auch andere Modelle als die von der Landesregierung vorgeschlagenen erörtert, z. B. die so genannten virtuellen Leitstellen, also eine Zusammenarbeit allein auf elektronischer Ebene. Solche Diskussionen erscheinen durchaus sinnvoll, um am Ende die beste Variante herauszufinden. Das ist auch der Grund dafür, dass genaue Anzahl und Struktur der künftigen Leitstellen noch nicht feststehen können.
Es gibt allerdings bestimmte Voraussetzungen, deren Erfüllung für die Interessen des Landes, insbesondere für eine Einbindung der Polizei, unabdingbar sind. Kooperative Regionalleitstellen sind für den Bereich der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung nur dann zielführend, wenn sie dem Grundsatz der Einräumigkeit folgen, d. h. die jeweiligen Zuständigkeiten sich auf dasselbe Gebiet beziehen und wenn dies ausreichend groß bemessen ist.
Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass die künftigen Zusammenschlüsse – möglichst nicht mehr als zwei pro Polizeidirektion – mit den räumlichen Zuständigkeitsbereichen der Polizei kompatibel sind. Die Grenzen der Polizeidirektionen müssen eingehalten werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir längerfristig in allen Fällen zu einem gemeinsamen Zuständigkeits-bereich kommen.
Ausschlaggebend sind die konkreten Umstände und die örtlichen Gegebenheiten.
Mit Ausnahme der Region Hannover, die sich in einem gesonderten Konzentrationsprozess befindet, haben sich inzwischen in allen Bereichen Arbeitsgruppen unter Federführung der Kommunen gebildet, die die Vorschläge des Innenministeriums an Hand konkreter Fakten und Daten beurteilen. Diese Verabredung wurde auf den jeweiligen Anschlusskonferenzen mit den Hauptverwaltungsbeamtinnen und –beamten getroffen.
Bezogen auf die Einführung des Digitalfunks ergibt sich ein Zusammenhang mit dem Thema "Bunte Leitstellen" daraus, dass diese Technik besonders gute Voraussetzung für die gemeinsame Nutzung in Leitstellen mit sich bringt. Soweit Veränderungen in der Leitstellenstruktur vorgenommen werden ist anzustreben, dass diese in Abstimmung mit der Einführung des Digitalfunks erfolgen, damit Einsparungspotenziale optimal genutzt werden können.
Dies vorangestellt, beantworte ich die einzelnen Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Landesregierung wirbt für die Errichtung Kooperativer Regionalleitstellen im ganzen Land und bereitet sich darauf vor, die mit allen Beteiligten abzustimmenden Planungen spätestens zeitgleich mit der flächendeckenden Einführung des Digitalfunks umzusetzen. Dies schließt nicht aus, dass Kooperative Regionalleitstellen ihren Betrieb auch früher aufnehmen. Die Finanzierung für den Bereich Feuerwehr und Rettungsdienst wird anteilig von den kommunalen Aufgabenträgern und den Krankenkassen, für den Bereich Polizei vom Land zu tragen sein.
Zu 2.:
Zurzeit befassen sich landesweit elf Arbeits- oder Projektgruppen unter kommunaler Federführung und Beteiligung von Vertretern der Polizeidirektionen und des Innenministeriums mit der detaillierten Prüfung der Vorschläge. Sie behalten sich vor, andere Modelle vergleichend zu betrachten, um ggf. neue Varianten zu entwickeln, die den angestrebten Zielen ebenfalls Rechnung tragen. Insofern handelt es sich um eine Prüfphase innerhalb eines Gesamtprozesses. Konkrete Pläne wird es erst nach Abschluss dieser Phase geben; dies dürfte nicht vor Mitte des kommenden Jahres der Fall sein.
Im Bereich der Polizeidirektion Oldenburg sind die Überlegungen bereits weiter gediehen. Dort haben sich sechs kommunale Aufgabenträger mit dem erklärten Ziel zusammengeschlossen, eine Integrierte Regionalleitstelle zu betreiben. Die Möglichkeit der Einbeziehung der Polizei wird ausdrücklich offen gehalten.
Zu 3.:
In den neuen Kooperativen Regionalleitstellen sollen die Aufgaben der Bereiche Feuerwehr und Rettungsdienst mit dem Bereich der Polizei räumlich und technisch zusammengeführt werden. Die fachliche Aufgabenverantwortung bleibt getrennt, so dass die jeweilige Einsatzabwicklung in der bewährten Art und Weise erfolgen kann.
Die fachlichen und organisatorischen Belange des Katastrophenschutzes bleiben hiervon unberührt. Die künftigen Leitstellen werden – wie die jetzigen auch – die erforderlichen Dienstleistungen für die Katastrophenschutzbehörden erbringen.
Welche personalwirtschaftlichen Maßnahmen im Einzelnen durch die zuständigen Dienstherren/ Arbeitgeber zu treffen sein werden, lässt sich erst sagen, wenn die Planungen abgeschlossen sind. Die Erfahrungen und Kenntnisse des derzeitigen Personals werden aber auch künftig eingebracht und genutzt werden können. Durch das künftig engere Zusammenwirken des Personals der bisher getrennten Bereiche und mit der Unterstützung durch moderne Einsatzleittechnik wird die erforderliche Ortsbezogenheit auch weiterhin gewährleistet sein.
Artikel-Informationen
erstellt am:
11.11.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010