Niedersächsisches Gemeindehaushaltsrecht
Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Gesetzentwurf der Landesregierung
Ich freue mich, dass der Niedersächsische Landtag heute das von der Landesregierung dem Landtag vorgelegte Gesetz zur Neuordnung des Gemeindehaushaltsrechts und zur Änderung gemeindewirtschaftlicher Vorschriften verabschieden wird. Genauso freut es mich, dass mit Niedersachsen nun schon das dritte Bundesland nach Nordrhein-Westfalen und Hessen eine zukunftsweisende Gemeindehaushaltsreform auf der Grundlage der kommunalen Doppik beschließt.
Viele Gemeinden, Städte und Landkreise, ja auch Zweckverbände, und - was ganz besonders beachtlich ist: einige nachbarschaftliche Arbeitsgemeinschaften im ganzen Land Niedersachsen warten mehr oder weniger ungeduldig auf diesen gesetzgeberischen Startschuss. Eine größere Anzahl von Kommunen hat dort längst mit Umstellungsarbeiten begonnen oder fährt den Haushalt bereits nach den Grundsätzen der kommunalen Doppik, allen voran die Pilotkommunen. Ich nenne nur beispielhaft die Stadt Uelzen, die Samtgemeinde Dannenberg, die Gemeinde Katlenburg-Lindau und die Stadt Salzgitter. Insbesondere diese Kommunen haben viel Mut und Energie aufgebracht. Die Mitarbeiter dort mussten hart arbeiten. Jetzt können andere davon lernen.
Auch mein Haus hat von den Pilotkommunen profitiert, vom Sachverstand ihrer Mitarbeiter und auch von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Beiträgen aus den Aus- und Fortbildungseinrichtungen und aus den Hochschulen, die die Projekte begleiten. Wir haben diesen Stellen und den vielen Praktikern vor Ort dafür zu danken.
Die Neuordnung des kommunalen Haushaltsrechts in Niedersachsen bedeutet keinesfalls ein schlichtes Kopieren des in der Privatwirtschaft praktizierten kaufmännischen Rechnungswesens. Unsere länderübergreifend vorbereitete Reform geht vielmehr über die Implementierung der doppelten Buchführung hinaus. Unsere Reform optimiert den Anspruch an ein öffentliches Rechnungswesen, nämlich insbesondere den Bürgern verlässlich und transparent Rechenschaft zu geben über den Verbleib ihrer Steuern sowie über den vernünftigen Einsatz der von ihnen erbrachten unterschiedlichsten Leistungsentgelte für die kommunalen Aufgaben. Im Blick musste auch sein, bessere Grundlagen für Entscheidungen und Maßnahmen zur Wiederherstellung der finanzwirtschaftlichen Handlungsfähigkeit vor Ort gewinnen zu können. Dabei war eine ganz wichtige Frage, welche zusätzlichen oder anderen Instrumente es geben soll, die Haushaltswirtschaft dafür rechtlich und methodisch zu rüsten.
Wenn eine kommunale Leistung erbracht werden soll, wenn kommunale Einrichtungen weiterhin Bestand haben sollen, muss das jeweils damit verbundene kommunalpolitische Ziel klar und überzeugend begründet sein. Es müssen vor allem die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen klar sein. Es muss auf den Tisch, was diese Leistung kostet und wer dafür aufkommen soll, also: welche finanziellen, sachlichen und personellen Ressourcen müssen dafür über welchen Zeitraum aufgewendet werden? Gelingt es, diesen Ressourcenverbrauch über gleich hohe Erträge auch wieder zu ersetzen, damit die Leistung nicht von Kindern oder Kindeskin-dern bezahlt werden muss, die von dieser Leistung gar nicht mehr profitieren? Das ist der entscheidende Ansatz der kommunalen Doppik.
Leisten sollen das die Produktorientierung, die Vereinbarung von Zielen zwischen Kommunalpolitik und Verwaltung und die Budgetierung mit besseren Anreizen zu effizienterem Verhalten. Nutzbar sind auch betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente, so die Kosten- und Leistungsrechnung oder das Controlling, natürlich abgestimmt in ihrer Tiefe und Aus-gestaltung auf die Größenverhältnisse und die Verwaltungskraft unserer Gemeinden, niemand soll da überfordert werden. Die kommunale Bilanz soll den vollständigen Nachweis des Vermögens und der Schulden gewährleisten, der Ergebnishaushalt den gesamten Ressourcenverbrauch und das Ressourcenaufkommen durch Aufwendungen und Erträge des Haushaltsjahres abbilden, wozu auch Abschreibungen und Rückstellungen gehören. Der Finanzhaushalt wird alle Einzahlungen und Auszahlungen zum Nachweis von Liquidität und Investitionsfinanzierung darstellen. Die konsolidierte Bilanz soll ein Beitrag dazu sein, die gesamte Finanzwirtschaft einer Kommune einschließlich ihrer Ausgliederungen wieder zusammen betrachten zu können.
Die Änderungen der gemeindewirtschaftsrechtlichen Vorschriften durch das vorliegende Gesetz werden das unterstützen.
Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetz wollen wir einen wichtigen Beitrag zu diesen sich vor Ort bietenden Chancen leisten und Mut machen, diese Möglichkeiten zu ergreifen. Das Gesetz lässt die dazu erforderliche Zeit. Allerdings wird es flächendeckend in ganz Niedersachsen ab dem Haushaltsjahr 2012 verbindlich sein. Spätestens dann werden wir ein für alle geltendes Haushaltsrecht haben, das wir mit Recht als eine Jahrhundertreform bezeichnen dürfen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
09.11.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010