Präventionsprogramm Polizei-Sozialarbeit
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.05.2005; TOP 40 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion der SPD
Anrede,
die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Polizeidirektion Hannover haben in der Vergangenheit erfolgreich gearbeitet! Sie haben die dortige Polizeiarbeit sinnvoll unterstützt. Das haben wir bei unserer Entscheidung, das Programm PPS zu beenden, auch gar nicht in Frage gestellt.
In Frage gestellt haben wir allerdings, ob es angesichts der zweifellos schwierigsten Haushaltssituation in der Geschichte des Landes Niedersachsen weiterhin möglich sein kann, dass die Polizei Aufgaben wahrnimmt, die nicht zu ihren Kernaufgaben gehören. Wir haben uns gefragt, ob die Aufgabenwahrnehmung durch die Polizei wirklich unverzichtbar ist. Fragen übrigens, die uns sonst auch von der Opposition gestellt werden. Ich erinnere zum Beispiel an den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Juni letzten Jahres: Hier wird eine Aufgabenkritik auch für die Polizei gefordert. In der Begründung hieß es, dass eine ausführliche Aufgabenkritik es der Polizei mittel- bis langfristig ermöglichen solle, sich wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren zu können.
Ich denke, meine Damen und Herren, wir brauchen hier nicht darüber zu streiten, dass es sich bei dem Programm PPS mit seinen Interventions- und Beratungsangeboten nicht um eine Kernaufgabe der Polizei handelt. Insoweit dürfte Einigkeit bestehen. In der Begründung des vorliegenden Entschließungsantrages wird dies sogar herausgestellt. Ich zitiere: "Ausgangslage für die Einrichtung des Modellprojektes war, dass die Polizei mit einer Fülle von Problemlagen konfrontiert wird, deren Erledigung nicht von der Polizei geleistet werden kann. Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sind die primären Aufgabenbereiche der Polizei, nicht aber die Aus-führung sozialarbeiterischer Arbeitsfelder, wie z. B. Familienberatung,
Krisenintervention und Betreuung von Menschen in psychischen Notsituationen."
Insofern ist der Entschließungsantrag schon in sich widersprüchlich: Problemlagen, deren Erledigungen nicht von der Polizei geleistet werden können und die nicht zu den primären Aufgabenbereichen zählen, sollen als unverzichtbare kriminalpräventive Hilfe bei der insoweit eben nicht zuständigen Polizei angesiedelt werden.
Dass die Ansiedlung von Sozialarbeit bei der Polizei nicht unverzichtbar ist, zeigen bereits die Abläufe in den Bereichen außerhalb der Region Hannover. Die Aufgabenwahrnehmung funktioniert nämlich auch dort – ohne dass die Sozialarbeit in die Polizei eingebunden wäre. Der Bal-lungsraum Hannover ist zwar der größte, aber nicht der einzige in Niedersachsen. Und schaut man über die Landesgrenzen hinweg, so stellt man gleichfalls fest, dass in anderen Bundes-ländern – auch in den Ballungszentren – von einer Einbindung der Sozialarbeit in die Polizei abgesehen wurde. PPS ist also bundesweit – auch nach nunmehr 26 Jahren - ein Pilotprojekt geblieben, dass keine Nachahmung gefunden hat.
Das aber zeigt, dass man die Schnittstelle zwischen Polizeiarbeit und Sozialarbeit auch anderweitig gut organisieren kann. Ob für den Bereich der Opferhilfe, für die Familienberatung oder die Betreuung von Menschen in psychischen Notsituationen, um nur einige Beispiele zu nennen: Maßgeblich ist der schnelle Kontakt zu den regionalen Netzwerken mit professionellen Einrichtungen, die den Betroffenen nicht nur kurzfristig Hilfestellungen geben können. Diese Aufgabe obliegt jeder Polizeibeamtin und jedem Polizeibeamten im Rahmen des täglichen Dienstes. So melden diese z.B. Fälle häuslicher Gewalt den Beratungs- und Interventionsstellen, kurz BISS genannt. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, wie meine Kollegin Frau Dr. von der Leyen vor wenigen Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Diese wichtige Arbeit wird konsequent fortgesetzt. Im Einzugsbereich jeder Polizeiinspektion soll es bis zum Ende der Legisaturperiode eine BISS-Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner geben.
Anrede,
ich kann Ihnen versichern, dass der Landesregierung die Entscheidung, das Programm PPS zu beenden, nicht leicht gefallen ist. Eine Entscheidung übrigens, die hier im Landtag mit der Aufstellung des Haushaltsplanes 2005 bereits bestätigt wurde.
Hätte die Landesregierung bei der Regierungsübernahme eine solide Haushaltssituation vorgefunden, wäre dieser Schritt sicher nicht notwendig gewesen. Angesichts der katastrophalen Lage des Landeshaushaltes ist aber der auch für uns viel unbequemere Weg einer konsequenten Haushaltskonsolidierung - verbunden mit den entsprechenden Maßnahmen - unumgänglich.
Artikel-Informationen
erstellt am:
20.05.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
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