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Gemeinsame Anstalt öffentlichen Rechts für Statistik in Bund und Ländern

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.05.2005; TOP 5 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen


Anrede,

der Entschließungsantrag der Grünen bietet mir die Gelegenheit, zum aktuellen Stand einer möglichen Zusammenarbeit der Statistischen Landesämter Bremen und Niedersachsen Stellung zu nehmen.

Wie Sie wissen, hatten die Niedersächsische Landesregierung und der Senat der Freien Hansestadt Bremen in einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 11. November 2003 die Einrichtung einer gemeinsamen Lenkungsgruppe beschlossen. Ziel dieser Lenkungsgruppe war es, die fachstatistischen Aufgaben beider Länder in einem modernen Dienstleistungszentrum zusammen zu führen und beide Länderhaushalte zu entlasten.

Anrede,

aus dieser Lenkungsgruppe liegt – anders als in dem Grünen-Antrag unterstellt wird - lediglich ein Zwischenbericht vor. Danach ergäben sich durch eine Verlagerung von fachstatistischen Aufgaben und Personal aus Hannover nach Bremen nicht die erhofften Einsparungen, sondern im Gegenteil Mehrausgaben, die zwar gering ausfielen, mit Blick auf die allgemeine Haushaltssituation beider Länder gleichwohl nicht zu akzeptieren wären. Ich hatte deshalb mit meinem Bremer Amtskollegen, Innensenator Thomas Röwekamp, vereinbart, auch andere Varianten einer Zusammenarbeit zu prüfen als eine Anstalt öffentlichen Rechts mit Sitz in Bremen.

Es ist deshalb nicht korrekt, Herr Lennartz, wenn Sie in Ihrem Antrag den Eindruck zu erwecken versuchen, eine fachstatistische Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und Bremen sei gescheitert. Wir befinden uns im Gegenteil noch mitten in der Diskussion mit unseren Nachbarn.

Anrede,

lassen Sie mich kurz darstellen, welche Zwischenergebnisse die erwähnte Lenkungsgruppe bisher zusammen getragen hat. Hinsichtlich der rechtlichen Aspekte bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, die fachstatistischen Aufgaben beider Länder auf eine gemeinsam getragene Anstalt öffentlichen Rechts zu übertragen. Für die Errichtung einer solchen Anstalt wäre ein Staatsvertrag notwendig, der vor Inkrafttreten in gewohnter Weise auch der Zustimmung des Landtags bzw. der Bremer Bürgerschaft bedürfte.

Auch die technischen Systeme der beiden Ämter ließen sich vereinheitlichen, jedoch würde dies einen nicht unerheblichen Betrag an Anschubinvestitionen erforderlich machen. Grund dafür sind unterschiedliche Sprach- und Datennetze, ein dann erforderlicher Anbieterwechsel im Großrechnerbereich sowie der Aufbau und Betrieb einer Arbeitsvorbereitung am Standort Bremen.

Die eigentliche Schwierigkeit einer möglichen Fusion der Ämter am Standort Bremen besteht indes in der unterschiedlichen Struktur der beiden Einrichtungen. Das Statistische Landesamt Bremen verfügt nicht über das notwendige Personal, um die bisher vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik wahrgenommenen Massengeschäfte zu erledigen. Freie Stellen von Hannover nach Bremen zu verlagern ist nicht möglich, da die notwendigen Einsparauflagen bei unserem niedersächsischen Amt dazu führen, dass keine entsprechenden Dienstposten zur Verfügung stehen. Erforderlich wären insofern Versetzungen, von denen im vorliegenden Falle einige Dutzend Mitarbeiter des mittleren Dienstes in der Tarifgruppe BAT VII betroffen wären, darunter zum allergrößten Teil weibliche Teilzeitkräfte.

Anrede,

mit Blick auf Leitungspersonal, ja selbst mit Blick auf Personal des gehobenen Dienstes schiene mir eine Versetzung von Hannover nach Bremen durchaus zumutbar – wir alle wissen, welche Anforderungen auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt heutzutage gelten. Sicher sind auch Sie damit einverstanden, dass wir Teilzeitpersonal des mittleren Dienstes nicht in dieser Weise behandeln, zumal es sinnvolle Alternativen gibt, die von der Lenkungsgruppe nunmehr auch geprüft werden sollen.)

Mit meinem Bremen Amtskollegen Thomas Röhwekamp bin ich mir einig, dass wir für eine Arbeitsteilung bei der Erhebung und Bearbeitung fachstatistischer Daten eine Lösung brauchen, die personalwirtschaftlich machbar ist und gleichzeitig Einsparungen in beiden Länderhaushalten ermöglicht. Geprüft werden deshalb sowohl Kooperationsansätze beider Ämter im Rahmen eines Statistischen Nordwest-Verbundes als auch eine Aufgabenerledigung für Bremen am Standort Hannover, was von Seiten des niedersächsischen Amtes unter Wahrung aller Einsparauflagen und gegen Kostenerstattung aus Bremen ohne weiteres möglich wäre. Mit diesem Vorgehen bewegen wir uns im Übrigen auch im Rahmen des so genannten Masterplans der Reform der amtlichen Statistik.

Politik ist immer auch die Kunst des Möglichen. Der auch von Ihnen angesprochene Masterplan stellt insoweit bereits einen Kompromiss dar, auf den sich die Innenminister des Bundes und der Länder verständigt haben, um eine möglichst kostengünstige Form fachstatistischer Aufgabenerledigung durchzuführen. Eine Auflösung aller Landesämter zugunsten des Bundes stand dabei ausdrücklich nicht zur Debatte und scheint mir nach dem Verlauf der Debatte in der Föderalismus-Kommission auch nicht realistisch. Die größten Synergieeffekte sind im Übrigen dadurch zu erzielen, dass auf entbehrliche statistische Erhebungen völlig verzichtet wird. Dies ist allerdings unter einer rot-grünen Bundesregierung nicht zu erwarten. Deswegen ist es gut, dass sich die niedersächsische Landesregierung wie bisher auch zukünftig in eigener Zuständigkeit nach-drücklich hierfür einsetzen kann.

Hinzu kommt, eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts zwischen dem Bund und den Ländern wäre nach gegenwärtiger Rechtslage grundsätzlich auch unzulässig - dies ergibt sich aus dem Verbot der so genannten Mischverwaltung. Die Verwaltungstypen der Bundes- und der Länderverwaltung sind im Grundgesetz abschließend aufgezählt, ein Abweichen von dieser Verwaltungszuständigkeit wäre auch bei Einvernehmen der Beteiligten grundsätzlich nicht möglich, sondern bedürfte einer vorherigen Verfassungsänderung.

Sehr viel sinnvoller ist es stattdessen, eine Zusammenarbeit bei der Erhebung und Bearbeitung fachstatistischer Daten zwischen benachbarten Bundesländern zu organisieren. Genau dies wollen wir auch und nach wie vor mit unseren Bremer Nachbarn umsetzen, wobei wir als mittelfristige Option eine gemeinsame Organisation der norddeutschen Länder ebenfalls für denkbar halten. In jedem Fall wollen wir auf diesem Feld spürbare Einsparungen erzielen, und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das auch gelingt.

Das Niedersächsische Landesamt für Statistik wird im Rahmen der Zielvereinbarung II ohnehin bereits mehr als ein Viertel seiner Stellen, insgesamt 112, abbauen, mögliche Synergieeffekte aus einer Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern haben wir dabei bereits zugrunde gelegt.

Nun erwarte ich nicht unbedingt, dass Sie uns dafür loben, aber zur Kenntnis nehmen sollten Sie das gleichwohl, wenn Sie einen solchen Antrag stellen, denn die Landesregierung befindet sich hier bereits auf einem guten Weg.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.05.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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