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Doppelte Staatsangehörigkeit

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22.04.2005; Fragestunde; Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Althusmann (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die Zeitung FAZ vom 5. März 2005 berichtete unter der Überschrift "Bis zu 50 000 Fälle illegaler Doppelstaatsangehörigkeit", dass seit dem Jahr 2000 bis zu 50 000 türkischstämmige Personen unrechtmäßig an Wahlen teilgenommen haben könnten.

Nach dem zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsgesetz verlieren Deutsche ausländischer Abstammung, die sich wieder ihre ursprüngliche Staatsanghörigkeit beschaffen, automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Dennoch sollen 50 000 türkischstämmige Deutsche mit der Unterstützung türkischer Behörden nach Erlangen der deutschen Staatsangehörigkeit zusätzlich wieder einen türkischen Pass ausgestellt bekommen haben.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Gibt es aktuelle Zahlen, wie viele in Niedersachsen lebende Deutsche mit türkischer Abstammung und Staatsangehörigkeit gleichzeitig eine andere Staatsangehörigkeit besitzen?
  2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, diejenigen zu ermitteln, die unrechtmäßig eine doppelte Staatsangehörigkeit haben?
  3. Welche Konsequenzen ergeben sich für diejenigen Personen, bei denen eine unrechtmäßige doppelte Staatsangehörigkeit festgestellt wird?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Gemäß § 25 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der seit 01.01.2000 geltenden Fassung verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit, wenn er auf seinen Antrag hin eine ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt. Der Verlust kann nur durch eine Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit abgewendet werden, wenn diese Genehmigung vor Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit eingeholt worden ist.

Der hier angesprochene Personenkreis hat die deutsche Staatsangehörigkeit kraft gesetzlicher Wirkung verloren, wenn die türkische Staatsangehörigkeit nach dem 31.12.1999 rechtswirksam zurückerworben wurde. Unerheblich ist, zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf Rückerwerb gestellt wurde.

In Gesprächen des Bundesinnenministers mit seinem türkischen Amtskollegen sind von türkischer Seite ca. 48.000 bis 50.000 Fälle eingeräumt worden, in denen die aus Anlass einer Einbürgerung in den deutschen Staatsverband aufgegebene türkische Staatsangehörigkeit anschließend erneut angenommen wurde, ohne dass bisher konkrete Angaben übermittelt worden sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Für den Besitz einer ausländischen Staatsangehörigkeit neben der der deutschen sind die folgenden Fallgruppen in der Praxis bedeutsam:

  • Kinder aus binationalen Ehen, die durch Abstammungserwerb die Staatsangehörigkeiten beider Elternteile erworben haben.
  • In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern mit vorübergehender Mehrstaatigkeit nach dem sog. Optionsmodell (Entscheidung zwischen der deutschen und ausländischen Staatsangehörigkeit nach Erreichen der Volljährigkeit).
  • Aussiedler und Spätaussiedler, die die Eigenschaft als Statusdeutsche bzw. die deutsche Staatsangehörigkeit generell unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erworben haben.
  • Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, wenn die ausländische Staatsangehörig-keit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgegeben werden konnte (insbes. bei Asylberechtigung).

Aktuelle statistische Daten, in welchem Umfang deutsche Staatsangehörige auch eine oder mehrere ausländische Staatsangehörigkeiten besitzen, liegen nicht vor. Dies gilt auch für die der Fragestellung zugrunde liegende Praxis des Rückerwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit.

Zu 2.:

Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wird von Amts wegen nur bekannt, wenn mit dem betreffenden Staat Mitteilungen über Einbürgerungen ausgetauscht werden. Mit der Türkei besteht bisher keine derartige Vereinbarung. In Gesprächen des Bundesinnenministers mit seinem türkischen Amtskollegen ist von türkischer Seite eingeräumt worden, dass in etwa 48.000 bis 50.000 Fällen nach der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband die türkische Staatsangehörigkeit erneut angenommen wurde. Der nachdrücklichen Bitte des Bundesinnenministers, eine Liste der Rückeinbürgerungsfälle zur Verfügung zu stellen, hat die türkische Seite bisher nicht entsprochen. Die deutschen Behörden sind insoweit darauf angewiesen, dass sich die betroffenen Personen selbst offenbaren.

Im Hinblick auf einen möglichen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist bei der Beantragung eines Bundespersonalausweises und eines Reisepasses anzugeben, ob neben der deutschen eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten bestehen. Ggf. sind dann Zeitpunkt und Anlass des Erwerbs einer ausländischen Staatsangehörigkeit anzugeben. Bei entsprechenden Angaben wird von der Passbehörde geprüft, ob die deutsche Staatsangehörigkeit noch besteht. Andernfalls ist der Bundespersonalausweis oder Reisepass zu versagen.

Die Landesregierung wird zunächst den Erfolg der weiteren Bemühungen des Bundesinnenministers um Erhalt von Namenslisten seitens der Türkei abwarten. Ob weitergehende Verwaltungsmaßnahmen erforderlich sein werden, ist von dem Fortschritt dieser Bemühungen abhängig.

Zu 3.:

Mit dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit erlöschen die nur einem Deutschen zustehenden Grund- und weiteren Rechte wie z. B. das Wahlrecht. Zugleich entfällt das bisherige uneingeschränkte Aufenthaltsrecht als Deutscher. Die ausgestellten Ausweisdokumente (Personalausweis, Reisepass) werden durch die unzutreffende Staatsangehörigkeitsangabe automatisch ungültig und sind einzuziehen.

Die Betroffenen unterliegen erneut und uneingeschränkt den Anforderungen des Aufenthalts-gesetzes. Um einen rechtmäßigen Aufenthalt herzustellen, muss ein Aufenthaltstitel beantragt werden, soweit nicht aus dem Assoziationsratsbeschluss Nr.1/80 EWG-Türkei ein Aufenthaltsrecht folgt. Die einem Ausländer obliegende Passpflicht muss durch einen entsprechenden Pass des Herkunftsstaates erfüllt sein.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.04.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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