Beamtenrecht
Sitzung des Nds. LT am 28.01.2005; Fragestunde Innenminister Schünemann beantw. die Kleine Anf. der Abg. Bachmann, Bartling, Grote, Leuschner, Modder, Rübke, Viereck, Wörner-Zimmermann (SPD)
Unter der Überschrift "Neue Wege im öffentlichen Dienst" haben der Bundesminister des Innern, der Bundesvorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion und der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungswerkschaft ver.di am 4. September 2004 Eckpunkte für eine Reform des Beamtenrechts vorgelegt.
Um Bürgerorientierung, Qualität und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Aufgabenerfüllung weiter zu verbessern, sollen Eigenverantwortung, Motivation und Leistungsbereitschaft im öffentlichen Dienst gestärkt werden. Darüber hinaus erfordern nach Aussage des Eckpunktepapiers die absehbaren Folgen der demografischen Entwicklung für den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme eine Neugestaltung der Beschäftigungsbedingungen des öffentlichen Dienstes. Das Beamtenrecht sei auf diese Anforderungen nicht ausreichend vorbereitet. Das Bezahlungssys-tem sieht häufig nur eine unzureichende Verknüpfung des individuellen Einkommens mit der tatsächlich wahrgenommenen Funktion vor. Die Einkommensentwicklung hängt mehr von Alter und Familienstand als von der individuellen Leistung ab. Dem Personalaustausch zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft stehen faktisch zu hohe Hindernisse entgegen. Das Bezahlungssystem bietet dem Bund und den einzelnen Ländern zu wenig Gestaltungsspielraum, um den regional unterschiedlichen wirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen und finanziellen Bedingungen Rechnung tragen zu können. Die Autoren des Eckpunktepapiers kommen daher zu dem Schluss, dass das Beamtenrecht neue Wege gehen muss, um die Leistungs- und Kostenorientierung des öffentlichen Dienstes zu fördern und qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern neue Perspektiven zu eröffnen.
In seiner Ansprache anlässlich einer Arbeitstagung von dbb beamtenbund und tarifunion am 10. Januar 2005 in Bad Kissingen hat Bundesinnenminister Otto Schily die zügige Umsetzung des mit dem dbb und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vereinbarten Eck-punktepapiers zur Modernisierung des öffentlichen Dienstrechtes gefordert. Einen besonderen Appell richtete Schily dabei an die Bundesländer, ihre Vorstellungen in die politische Diskussion einzubringen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie bewertet sie das Eckpunktepapier "Neue Wege im öffentlichen Dienst"?
2. Welche darin geäußerten Reformüberlegungen unterstützt sie, welche kann sie nicht mittragen, und welche darüber hinausgehenden bundeseinheitlichen Reformen im Bereich des öffentlichen Dienstes hält sie für notwendig?
3. Welchen Beitrag beabsichtigt sie - insbesondere vor dem Hinter-grund der von ihr zu verantwortenden weitestgehenden Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld - dafür zu leisten, dass der öffentliche Dienst im gesamten Bundesgebiet gleichermaßen leistungs- und wettbewerbsfähig bleibt und ein flexibles und leistungsgemäßes Beamten- und Besoldungsrecht mit bundeseinheitlichen Grundstrukturen geschaffen wird?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landes-regierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Der öffentliche Dienst steht vor weit reichenden Veränderungen. Vorrangiges Ziel muss es dabei sein, zu einer größeren Flexibilität bei Personaleinsatz und Aufgabenerfüllung zu gelangen. Vor diesem Hintergrund ist das Eckpunktepapier "Neue Wege im öffentlichen Dienst" ein wichtiger Schritt in Richtung einer grundlegenden Reform des Beamtenrechts.
Im Mittelpunkt stehen die Einführung eines stärker leistungsbezoge-nen Bezahlungssystems sowie eine Öffnung des Laufbahnrechts. Die vorgesehene Reform des bestehenden Laufbahnsystems erhöht die Flexibilität und Durchlässigkeit der bisherigen starren Laufbahnschranken und eröffnet damit auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein größeres Spektrum an beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.
Insgesamt geht es um den richtigen Weg zu einer weitgehenden Flexibilisierung innerhalb des öffentlichen Dienstes, der dazu beitra-gen kann, die Motivation, Leistungsbereitschaft und damit Effizienz in der öffentlichen Verwaltung weiter zu erhöhen und zu fördern. Es wird deshalb wesentlich auf die konkrete gesetzliche Umsetzung der vorgestellten Reformüberlegungen ankommen. Die Niedersächsische Landesregierung wird den angekündigten Gesetzentwurf konstruktivkritisch begleiten.
Dies vorausgeschickt beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:
Zu 1.:
Siehe Vorbemerkung
Zu 2.:
Auch wenn sich die Landesregierung mit Blick auf die Personalhoheit über die in der niedersächsischen Landesverwaltung eingesetzten Beamtinnen und Beamten größere Gestaltungsspielräume im Zuge einer Neuordnung der Gesetzgebungszuständigkeiten gewünscht hätte, begrüßt sie die im Eckpunktepapier niedergelegten Reform-überlegungen, die den Ländern im Rahmen des geltenden Verfassungsrechts durch Deregulierung der rahmenrechtlichen Vorgaben sowie Schaffung von Öffnungsklauseln größere Spielräume und da-mit mehr Eigenständigkeit einräumen.
Die Landesregierung wird den von Bundesinnenminister Schily für März 2005 angekündigten Gesetzentwurf zur Dienstrechtsreform daraufhin prüfen, inwieweit er mit ihren Vorstellungen vereinbar ist.
Zu 3.:
Die Landesregierung teilt die Einschätzung, dass das geltende Besoldungssystem auch mit den in letzter Zeit geschaffenen Öffnungsklauseln Bund und Ländern noch zu wenig Gestaltungsspielraum bietet. Das Eckpunktepapier enthält insofern interessante Ansätze, weitere Schritte auf diesem Weg zu gehen. Für mehr Flexibilität, einhergehend mit einer stärkeren Orientierung der Besoldung an der individuellen Leistung, tritt auch die Landesregierung ein. Ein Min-destmaß an bundeseinheitlichen Grundstrukturen vor allem im Statusrecht, aber auch im Besoldungs- und Versorgungsrecht, muss dabei aber schon deshalb gewahrt bleiben, um den Wechsel der Be-amtinnen und Beamten zwischen den Dienstherren nicht zu behindern.
Artikel-Informationen
erstellt am:
28.01.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010
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