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Polizeireform

Sitzung Nds. Landtag am 28.01.2005; Fragestunde; Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Lennartz (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Das immer wieder öffentlich erklärte Ziel der Landesregierung ist, die Polizei in der Fläche zu verstärken. Noch in der Antwort auf eine kleine Mündliche Anfrage im Oktober-Plenum hat der Innenminister hierzu ausgeführt, dass für den Polizeivollzugsdienst ein Planstellenverteilungsmodell neu entwickelt wurde. Durch dieses Modell soll das den regionalen Polizeidirektionen zur Verfügung stehende Planstellenkontingent berechnet werden. Dadurch sollen regionale Besonderheiten und Schwerpunkte berücksichtigt werden. Das Modell sei grundsätzlich auf eine belastungsorientierte Verteilung ausgerichtet. Allein in Braunschweig und Hannover werden künftig aber ca. 270 Polizeibeamte weniger für die Sicherheit der Großstädte sorgen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie will sie die Sicherheit in den Ballungszentren künftig gewährleisten, wenn doch bekannt ist, dass gerade dort von einer höheren Kriminalität auszugehen ist als im ländlichen Raum?
  2. Ist durch den Abzug der Polizeibeamten aus Hannover und Braunschweig sichergestellt, dass die Polizeikommissariate dennoch den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort entsprechend ausgestattet sind?
  3. Wie berücksichtigt gerade im Fall von Hannover und Braunschweig das Planstellenverteilungsmodell den dort bekannten Anstieg der Kriminalität in Bezug zu den Kriterien regionale Besonderheit und Schwerpunkte?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Das neu entwickelte Planstellenverteilungsmodell für den Polizeivollzugsdienst ist mit über 85% schwerpunktmäßig auf eine belastungsorientierte Verteilung ausgelegt. Das heißt, dass die Polizeidirektionen auf der Grundlage objektiver und nachvollziehbarer Fakten die Anzahl an Planstellen erhalten, die jeweils ihrer Arbeitsbelastung entsprechen. Die zu betreuende Fläche sowie die Straftaten und Verkehrsdelikte werden als absolute Größen angerechnet. Bei der zu betreuenden Bevölkerung erfolgt neben reinen Einwohnerzahlen eine gesonderte Berücksichtigung der Ballungsräume. Bei der Entwicklung des Planstellenverteilungsmodells ist also die relativ höhere Belastung der Polizei in Ballungsräumen bereits eingeflossen. Damit soll dem Phänomen sozialer Brennpunkte in Ballungsräumen sowie einem etwas höheren personellen Aufwand bei der Einsatzbewältigung Rechnung getragen werden. Ausschlaggebend hierfür ist insbesondere der Aspekt der Eigensicherung bei einem grundsätzlich höher zu bewertenden Gefährdungspotenzial in sozialen Brennpunkten.

Neben dieser besonderen Berücksichtigung der Ballungsräume in Niedersachsen wird der außerordentlichen Situation der Landeshauptstadt Hannover zusätzlich Rechnung getragen. In der Polizeidirektion Hannover vereinigen sich eine Vielzahl von Besonderheiten wie Messen, Kongresse, Staatsempfänge, Konsulate, Flughafen, Regierungsviertel und Sportveranstaltungen. Diese Breite an Besonderheiten ist in keiner der übrigen Flächendirektionen zu finden. Deshalb wurde für die Landeshauptstadt – zusätzlich zu der bereits dargestellten Situation als Ballungsraum – ein Sondersockel von 80 Planstellen zugewiesen.

Bezüglich einer weiteren Erläuterung des Planstellenverteilungsmodells verweise ich auf meine Beantwortung der mündlichen Anfrage Nr. 4 im Oktoberplenum vergangenen Jahres. Der landesweite Planstellenausgleich erfolgt jeweils zum 01.04. und 01.10. eines Jahres, so dass auch nur diese Daten als Vergleich herangezogen werden können.

Der Kollege LENNARTZ hat in seiner Anfrage von einem, in den Städten Braunschweig und Hannover bekannten, Kriminalitätsanstieg gesprochen. Lassen Sie mich hierzu in der Betrachtung der Kriminalitätsentwicklung der letzten 10 Jahre einiges richtig stellen! Die Zahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Straftaten in Niedersachsen insgesamt ist 2003 im Wesentlichen gleich groß wie 1994. In diesem Zehn-Jahres-Zeitraum wurden 1999 landesweit die wenigsten und 2002 landesweit die meisten Straftaten verzeichnet. Die Entwicklung der Straftaten in der Stadt Braunschweig entspricht in etwa diesem durchschnittlichen Landestrend. In der Landeshauptstadt Hannover ist eine vom Landestrend abweichende Entwicklung zu verzeichnen. Im Zehn-Jahres-Zeitraum hat sich dort die Anzahl der registrierten Straftaten um 16 % verringert. Allgemein lässt sich in der Mehrzahl der größeren niedersächsischen Städte folgende Tendenz erkennen: Der Anteil der in den größeren Städten begangenen Straftaten weist – im Gegensatz zur Behauptung des Kollegen LENNARTZ – eine nahezu durchgehend rückläufige Tendenz auf! So hat die Anzahl der Straftaten in den acht größten niedersächsischen Städten von 201.749 im Jahr 1994 auf 181.513 im Jahr 2003 abgenommen – mithin eine Reduzierung um ca. 20.000 Straftaten oder ca. 10%.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass das neu entwickelte Planstellenverteilungsmodell für die Polizei die Kriminalitätsbelastung auf der Grundlage klarer Fakten berücksichtigt. So werden die in einem Fünf-Jahres-Zeitraum von 1999 – 2003 registrierten Straftaten als Datengrundlage herangezogen und je nach Arbeitsaufkommen für die unterschiedlichsten Delikte – vom Ladendiebstahl bis zu Mord – faktorisiert. So führt eine höhere Kriminalitätsbelastung auch zu einer erhöhten Planstellenzuweisung.

Die Aussage des Kollegen LENNARTZ, künftig würden ca. 270 Polizeibeamte weniger in den Großstädten Braunschweig und Hannover für die Sicherheit sorgen, ist nicht zutreffend! Diese Zahl setzt sich offensichtlich zusammen aus der Summe der von mir in der Vergangenheit dargestellten Grenze von 120 Planstellen, um die die Polizeidirektion Hannover maximal reduziert werden wird, sowie einem angeblichen Abzug von 150 Polizeibeamten aus Braunschweig. Diese Zahl stammt nun allerdings weder von mir noch aus der Polizeidirektion Braunschweig, ich will aber gern etwas zu den tatsächlichen Zahlen sagen. Gemäß Darstellung aus den beiden Polizeibehörden wurden die Planstellen der gesamten Polizeidirektion Braunschweig (neu) zum 01.10.2004 um 17 und der gesamten Polizeidirektion Hannover (neu) um 98 Stellen reduziert. Bezugsgröße sind dabei die Dienststellen und Organisationseinheiten, die vor der Umorganisation vergleichbare Aufgaben wahrgenommen haben. Die weitere Zuweisung auf die nachgeordneten Polizeiinspektionen erfolgt durch die jeweilige Polizeidirektion. Auf dieser Ebene werden regionale Besonder-heiten und Schwerpunkte berücksichtigt. So verringerte sich der Planstellenbestand in der für das Stadtgebiet zuständigen Polizeiinspektion Braunschweig zum 01.10.2004 um lediglich neun Stellen. Die im Stadtgebiet Hannover zuständigen vier Polizeiinspektionen haben 55 Planstellen abgegeben. Zum 01.10.2004 betrug die Reduzierung der Planstellen für die Städte Braunschweig und Hannover somit 64! Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass landesweit ca. 210 Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte durch die Reduzierung von Führungsdienststellen sowie das Festschreiben von Obergrenzen für Stabsstärken freigesetzt werden. In Braunschweig wurden zwei frühere Behördenstäbe zu einem neuen PD-Stab zusammengelegt. Synergieeffekte in Hannover ergeben sich darüber hinaus durch eine Optimierung der Dienststellenstruktur sowie durch die Zusammenfassung aufgabenverwandter Dienststellen, wie beispielsweise die beiden früheren Zentralen Kriminaldienste der Polizeidirektion und der Polizeiinspektion Hannover-Land oder auch des Zentralen Verkehrsdienstes mit dem Autobahnpolizeikommissariat Hannover-Ahlem.

Dieses vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. :

Die Sicherheit in den Ballungszentren ist nach wie vor sichergestellt. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkungen.

Zu 2. :

Ja.

Zu 3. :

Siehe Vorbemerkungen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.01.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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