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Wettbewerbsrecht

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.12.2004; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heinen-Kljajic und Lennartz (GRÜNE)


Der Abgeordnete hatte gefragt:

In der Antwort der Landesregierung vom 19. November 2004 auf die Anfrage von Professor Dr. Hans-Albert Lennartz zur Rolle der Kommunalaufsicht beim rechtswidrigen Zustandekommen des Abfallvertrags der Stadt Braun-schweig mit der BKB führt die Landesregierung aus, dass sich die Bezirksregierung erst durch eine Eingabe des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) vom 28. November 1994 mit dem Entwurf des Vertrages befasst hat. Das verwundert, weil bereits zu diesem Zeitpunkt neben der Frage der Ausschreibung der Leistung auch die dort festgelegte von der Stadt Braunschweig zu liefernde Müllmenge und die Höhe der vorgesehe-nen Entgeltzahlungen kritisch in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. So sind schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die vertraglich an die BKB zu liefernden Müllmengen in Braunschweig nicht mehr in dieser Höhe angefallen. In der Folgezeit hat die Bezirksregierung in einem Preisprüfungsverfahren ein niedrigeres, marktgerechtes Entgelt für die Verbrennung des Braunschweiger Hausmülls festgelegt. Die Differenz zwischen dem vertraglich festgelegten und dem von der Bezirksregierung festgesetzten Entgelt wird seitdem auf ein Sperrkonto eingezahlt. Unverständlich ist auch, warum die Kommunalaufsicht vor Vertragsabschluss, auch wenn sie zu einer Beurteilung nur acht Tage Zeit gehabt hätte, nicht zumindest eine Änderung der Laufzeitklausel eingefordert hat. Der Vertrag hat eine Lauf-zeit von 30 Jahren, ohne dass Bestimmungen über seine vorzeitige Beendigung festgelegt wurden.

Der Bezirksregierung hätten schon vor Vertragsabschluss Einzelheiten des Vertragsentwurfs bekannt sein müssen. Außerdem müssen wegen des Preisprüfungsverfahrens und der 1997 von der Europäischen Kommission

eingeleiteten Prüfung wegen des Verdachts der Nichteinhaltung von EU-Wettbewerbsvorschriften umfangreiche Aktenvorgänge bei der Bezirksregierung vorhanden sein. Vor diesem Hintergrund scheint es Beobachtern wenig glaubwürdig, wenn die Landesregierung heute erklärt, dass nicht mehr nachvollzogen werden könne, ob eine rechtzeitige Beanstandung der Vergabeentscheidung möglich gewesen wäre.

Die Landesregierung erklärt zwar in ihrer Antwort auf die Anfrage vom 19. November 2004, dass sie sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom April 2003 sofort bemüht habe, eine Vertragsauflösung zwischen der BKB und der Stadt Braunschweig zu erreichen. Aus der Antwort ist jedoch nicht ersichtlich, von welcher Intensität diese Bemühungen waren und welche verschiedenen Wege verfolgt wurden. Im Ergebnis kann die Landesregierung nach mehr als eineinhalb Jahren noch keinen Erfolg vorweisen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Aus welchen Gründen war es der Bezirksregierung Braunschweig, "die im März 1995 offenbar keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Form der beabsichtigten Auftragsvergabe" gehabt hat, nach Kenntnis und Bewertung der Aktenlage bzw. der Stellungnahmen der zuständigen Mitarbeiter durch die Landesregierung nicht möglich, eine Beanstandung der anstehenden Vergabeentscheidung rechtlich und tatsächlich vorzunehmen, obwohl zwischen dem Eingang der Stellungnahme der Stadt Braunschweig bei der Bezirksregierung am 22. März 1995 und dem Abschluss des Vertrages am 30. März 1995 acht Tage lagen?

2. Aus welchen Gründen ist es der Landesregierung nicht gelungen, im Zeitraum vom 10. April 2003 bis zum 19. November 2004 eine Auflösung des Müllvertrags zwischen der Stadt Braunschweig und der BKB einvernehmlich oder auf anderen Lösungswegen zu erreichen?

3. Welche konkreten Lösungswege stehen der Landesregierung für die Zukunft noch zur Verfügung bzw. werden als Handlungsalternativen erwogen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1.

Bereits in der Antwort Ihrer ersten Anfrage in dieser Sache am 19. November d. J. habe ich darauf hingewiesen, dass sich die Kommunalaufsicht der Bezirksregierung in Braunschweig vor dem Vertragsschluss zwischen Stadt Braunschweig und den Braunschweigischen Kohlenbergwerken (BKB) nur aufgrund einer Eingabe des BUND mit dieser Angelegenheit zu befassen hatte. Es gab weder Anzeige- noch Genehmigungspflichten im Zusammenhang mit diesem Vorhaben.

Auf der Grundlage der der Landesregierung bis heute vorliegenden Erkenntnisquellen war der Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Braunschweig zum Zeitpunkt des Eingangs der Stellungnahme der Stadt Braunschweig (22. März 1995) nicht bekannt, dass bereits wenige Tage später, am 30. März 1995, ein wirksamer Vertrag zwischen der Stadt Braunschweig und den BKB geschlossen werden würde. Sie hatte offenbar in dieser fraglichen Zeit, auf die es objektiv auch aus der Rückschau auf die Abläufe ankam, keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Form der beabsichtigten Auftragsvergabe.

Zu 2. und 3.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 10. April 2003, mit dem die Verletzung europäischen Vergaberechts durch die Stadt Braunschweig festgestellt worden ist, hat keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Vertrages. Wie ich bereits in meiner Antwort vom 19. November d. J ausgeführt habe, hat sich die neue Landesregierung unverzüglich bemüht, eine einvernehmliche Lösung zwischen der Stadt Braunschweig und den BKB zu erreichen. An dieser Zielsetzung hat sich für die Landesregierung nichts geändert.

Gespräche finden auch mit der EON AG statt, deren Tochterunternehmen die BKB sind. Die Landesregierung geht davon aus, daß auch die EON AG, die mit vielen Kommunen vertraglich verbunden ist, an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sein dürfte.

Um andere Lösungsansätze nicht zu erschweren, sieht die Landesregierung zunächst davon ab, weitere Einzelheiten des internen Meinungsbildungsprozesses und der in Betracht kommenden Handlungsalternativen offenzulegen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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