Bekämpfung des Frauenhandels und Opferschutz
Sitzung des Nieders. LT am 18.11.04; TOP 24 Rede von Justizm. Heister-Neumann in Vertretung von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Das wird deutlich an den im Bundesvergleich relativ hohen Fallzahlen niedersächsischer Ermittlungsbehörden, denn Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt – die hohen Fallzahlen belegen, dass bei uns diese Strafta-ten nachhaltig bekämpft werden.
Die Landesregierung überprüft kontinuierlich Verfahrensweisen, um die Bekämpfung des Menschenhandels zu verbessern. Dabei wird natürlich nicht nur die Strafverfolgung in den Fokus genommen. Auch präventive Ansätze werden weiterentwickelt, insbesondere der notwendige Schutz der betroffenen Opfer ist der Landesregierung wichtig.
In der ressortübergreifenden "Arbeitsgruppe Frauenhandel" erörtern Ex-perten des Sozialministeriums, des Justizministeriums sowie des Ministeriums für Inneres und Sport gemeinsam mit Vertreterinnen der Fachbera-tungsstellen für Opfer von Menschenhandel Probleme in der praktischen Zusammenarbeit und Verbesserungsmöglichkeiten – sowohl in Bereichen der Strafverfolgung als auch hinsichtlich des ausländerrechtlichen Status und der psychosozialen Betreuung.
Darüber hinaus wird derzeit an einem Konzept zur Prävention von Menschenhandel gearbeitet.
Zu den einzelnen Forderungen des Antrags:
Zu 1. (Erlassänderungen):
Der Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport zu Aufenthaltsregelungen für Menschenhandelsopfer vom 16.04.1997 wird im Zuge der Umsetzung des zum 01.01.2005 in Kraft tretenden Zuwanderungsgesetzes überarbeitet und angepasst.
Die Regelungen zur Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Fachberatungs-stellen im Gemeinsamen Runderlass aus 2001 hält die Landesregierung für ausreichend. Insbesondere hält die Landesregierung die geforderte Aufnahme einer Definition von Verdacht auf Menschenhandel für eher kontraproduktiv. Eine derartige Vorgabe würde dazu führen, dass sich die Ermittler ausschließlich daran orientieren müssten und somit eine flexible Bewertung individueller Situationen nicht mehr möglich wäre. Gerade bei Menschenhandel muss aber jeder Einzelfall auch individuell bewertet werden.
Ähnliches gilt für die geforderte Indikatorenliste – gleichwohl kann eine solche Liste den Ermittlungsbehörden als Ermittlungsanhalt und Hilfestellung dienen, daher wird die Erstellung einer Indikatorenliste im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Präventionskonzeptes Menschenhandel im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport derzeit noch geprüft.
Zu 2. (verbesserte Fortbildungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden)
Die Angehörigen der niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden werden bzgl. der Phänomene und Probleme, die während des Ermittlungs- und Strafverfahrens auftreten können, regelmäßig geschult. Beschäftigte der Polizei und der Justiz werden in Fachlehrgängen fortgebildet, außer-dem wird das Thema Menschenhandel regelmäßig im Rahmen von Arbeitstagungen behandelt.
Aus Sicht der Landesregierung ist die enge Kooperation der Ermittlungsbehörden mit den Fachberatungsstellen im Sinne einer effektiven Bekämpfung des Menschenhandels unbedingt erforderlich. Diese Zusammenarbeit, basierend auf den Regelungen des Kooperationserlasses, hat sich nach unseren Erfahrungen n der Vergangenheit gut entwickelt und bewährt.
Zu 3. (Razziakonzept)
Das in der Begründung des Antrags beschriebene Beispiel zeigt auf, dass eine vertrauensvolle Kooperation praktiziert wird. Es macht zudem deutlich, dass die niedersächsischen Erlassregelungen ausreichend sind.
Die Landesregierung hält ein starres Konzept zur Durchführung von Razzien nach dem Muster anderer Bundesländer aus diesem Grunde nicht für erforderlich. Eine frühzeitige Unterrichtung der Fachberatungsstellen über den Aufgriff von Menschenhandelsopfern, in geeigneten Fällen auch eine Einbindung in die Einsatzvorbereitungen ist bereits mit der Erlassregelung zur Zusammenarbeit zwischen Polizei und Fachberatungsstellen vorgesehen. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt die Fachberatungsstellen in einen polizeilichen Einsatz eingebunden werden, ist immer abhängig vom Einzelfall und den jeweiligen taktischen Erfordernissen.
Im Übrigen werden die eingesetzten Kräfte vor der Durchführung von Einsatzmaßnahmen im Milieu entsprechend eingewiesen und für die besondere Situation potenzieller Menschenhandelsopfer sensibilisiert.
Zu 4. (Erfahrungsaustausch mit Fachberatungsstellen in den Herkunftsländern)
Dem Austausch zwischen niedersächsischen Fachberaterinnen und Beraterinnen in vergleichbaren Einrichtungen in den Herkunftsländern kommt eine große Bedeutung zu.
Ein Aufgabenfeld der Zentralen Koordinierungs- und Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel – KOBRA – ist u. a. der Aufbau von Kooperationen und Vernetzung mit Beratungs- und Unterstützungsprojekten in den Heimatländern. So besteht Kontakt zu dem Netzwerk La Strada, das in neun Ländern präsent ist (Polen, Tschechische Republik, Moldawien, Russland, Weißrussland, Ukraine, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina und Niederlande). Das erste Austausch-treffen zum Thema "Menschenrechte, Opferschutz und Empowerment für gehandelte Frauen und Migrantinnen fand im November 2003 in Berlin statt. Ein Folgetreffen ist geplant.
Zu 5.(Förderung der Schutzwohnungen)
Der Haushaltsansatz für Zuschüsse zur Förderung von Bertreuungseinrichtungen und Schutz-wohnungen für von Frauenhandel Betroffene, wird vorbehaltlich der Entscheidung des Landtages, im Haushaltsjahr 2005 um 77.000,- € auf 355.000,- € erhöht. Neben KOBRA sollen der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Verein SOLWODI Landeszuwendungen erhalten, da sie in Niedersachsen Schutzwohnungen für Opfer von Frauenhandel unterhalten.
Da es in Niedersachsen drei Schutzwohnungen für von Frauenhandel betroffene Frauen gibt, ist eine Unterbringung in den Frauenhäusern ggf. nur kurzfristig erforderlich.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sie Landesregierung der Bekämpfung des Frauenhandels eine hohe Priorität einräumt.
Artikel-Informationen
Nds. Ministerium für Inneres und Sport
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
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