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Verwaltungsmodernisierung

Sitzung Nds. Landtag am 18.11.2004; Dringl. Anfrage; Justizministerin Heister-Neumann beantwortet i. V. v. Innenminister Schünemann die Dringl. Anfr. d. Fraktion d. SPD; Es gilt d. gesprochene Wort!


Die Fraktion hatte gefragt:

Nach der zwar mit hohem Zeitdruck, aber ohne vorherige ergebnisoffene Aufgabenkritik und ohne sorgfältige Kostenfolgenberechnung beschlossenen Zerschlagung der staatlichen Mittelinstanz, die bereits in sechs Wochen vollzogen werden soll, herrscht in den Landkreisen und kreisfreien Städten große Verunsicherung, wie die bislang von den vier Bezirksregierungen wahrgenommenen Aufgaben künftig erledigt werden sollen. Die Verlagerung von Aufgaben auf die kommunale Ebene findet zwar nur bei einem vergleichbar kleinen Teil der Aufgaben statt. Doch weder für die kommunale Ebene, noch für die Wirtschaft, noch für die Bürgerinnen und Bürger ist bislang erkennbar, welche dieser Aufgaben künftig mit welchem Personaleinsatz wahrgenommen werden sollen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welchen konkreten Stand hat die Verlagerung der einzelnen, bislang von den Bezirksregierungen Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Weser-Ems wahrgenommenen Aufgagen auf die kommunale Ebene?
  2. Welche konkreten Vereinbarungen hinsichtlich der Übernahme des Personals und der Aufgaben aus den Bezirksregierungen liegen inzwischen vor?
  3. Wer ist ab dem 1. Januar 2005 Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, für die Kommunen und für die Wirtschaft in den Angelegenheiten, für die bislang die Bezirksregierungen zuständig waren?

Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann beantwortet in Vertretung von Innenminister Uwe Schünemann die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Anrede,

rechtlich erfolgen die Aufgabenübertragungen durch Änderung der entsprechenden Gesetze und Zuständigkeits- bzw. Fachverordnungen. Nachdem der Landtag am 27.10.2004 über die Artikelgesetze zur Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung entschieden und damit bereits eine Vielzahl von Zuständigkeitsregelungen getroffen hatte, konnten inzwischen zahlreiche weitere Änderungen auf Verordnungsebene vorgenommen werden. Zurzeit befinden sich nur noch wenige Zuständigkeiten regelnde Verordnungen in der Schlussabstimmung zur Vorlage für das Kabinett.

Zu allen Rechtsänderungen wurden und werden die kommunalen Spitzenverbände angehört, so dass die Interessenvertretungen der Kommunen über die auf ihre Mitglieder zukommenden Veränderungen informiert sind. Darüber hinaus wurden bereits im Vorfeld dieser formalisierten Anhörungsverfahren die Kommunalen Spitzenverbände in die Entscheidungsprozesse des Landes einbezogen. Sie waren – wie auch die Wirtschaftsverbände - in einer Vielzahl von Projektgruppen von Anfang an vertreten und haben mit Ihrem Sachverstand und aus ihrer Sicht die Dinge befördert. Darüber hinaus wurde unter Leitung von Herrn Dr. Diekwisch eigens eine Projektgruppe eingesetzt, die den notwendigen Fragen zur Umsetzung der vorgeschlagenen Aufgabenverlagerungen insbesondere unter dem Aspekt der Konnexität nachgegangen ist. Sie kennen die Ergebnisse dieser Projektgruppe.

Diese umfassende Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände auf den unterschiedlichen Ebenen hat dazu geführt, dass entgegen der Darstellung in der Anfrage von einer Verunsicherung auf der kommunalen Seite keine Rede sein kann. Das Gegenteil ist richtig. Noch nie hat es eine so umfassende Beteiligung der Kommunen in einem Veränderungsprozess gegeben. Diese umfassende Einbindung der Kommunen werden wir auch fortführen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die für die Aufgabenübertragung auf die Kommunen notwendigen Rechtsänderungen sind soweit vorangebracht worden, dass sie zum 01.01.2005 in Kraft treten werden. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport bereitet zurzeit eine Auflistung vor, aus der sich diese Aufgaben gebündelt auf einen Blick ergeben.

Soweit Sie darüber hinaus nach dem konkreten Stand der Verlagerung der einzelnen Aufgaben fragen, weise ich darauf hin, dass sich die Beteiligten in einem engen Abstimmungsprozess befinden, um den Übergang zum 01.01.2005 so zu organisieren, dass gleichwohl bis zum 31.12.2004 die bis dahin vorhandenen Bezirksregierungen handlungsfähig bleiben. Wegen der Vielzahl der einzelnen Aufgaben – es handelt sich immerhin um rd. 70 verschiedene Aufgaben -, ist es nicht möglich, im Rahmen dieser Antwort auf alle Einzelheiten einzugehen.

Lassen Sie mich einige Beispiele kurz darstellen: Für die Neuordnung der Widerspruchsverfahren haben wir ein Merkblatt entwickelt, das allgemeine Hinweise zum künftigen Widerspruchs- und Klageverfahren beinhaltet. Dieses Merkblatt ist allen Ressorts sowie den Bezirksregierungen und natürlich auch der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zugesandt worden. Es steht darüber hinaus zu jedermanns Einsicht auf den Intranet- und den Internetseiten der Landesregierung zur Verfügung.

In der praktischen Umsetzung werden wir eine Vielzahl von bereichsspezifischen Übergangsregelungen vorfinden. Lassen Sie mich wiederum einige kurze Beispiele erwähnen:

Über Widersprüche in ausländerrechtlichen Angelegenheiten, die von den Bezirksregierungen bis zum Jahresende nicht mehr entschieden werden können, entscheiden ab 01.01.2005 die Ausgangsbehörden.

In anderen Bereichen werden bereits begonnene Verfahren von Landesbehörden zu Ende geführt. So werden zum Beispiel bestimmte Wasserschutzgebietsverfahren sowie Verfahren zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten, die bis zum 31.12.2004 bei den Bezirksregierungen begonnen wurden, vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz zu Ende geführt. Entsprechendes gilt in Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren nach dem Niedersächsischen Wassergesetz, wenn mit der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung bereits begonnen wurde.

Im Bereich des Naturschutzes wechselt die Zuständigkeit für die Sicherung von Naturschutzgebieten grundsätzlich mit dem 1.01.2005 zu den unteren Naturschutzbehörden. Soweit es sich um Natura-2000-Gebiete handelt, soll allerdings bis zum 31.12.2007 der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz zuständig sein. Auf Antrag einer unteren Naturschutzbehörde kann die Zuständigkeit dieser aber schon früher übertragen werden.

Die Übertragung der Genehmigung von Flächennutzungsplänen auf die Landkreise ist in der Durchführungsverordnung zum Baugesetzbuch – deren Änderung am 01.01.2005 in Kraft tritt – geregelt. Die Landkreise werden ab diesem Zeitpunkt für alle neuen und bis dahin noch nicht abgeschlossenen Genehmigungsverfahren der Flächennutzungspläne der kreisangehörigen Gemeinden mit Ausnahme der großen selbständigen Städte zuständig sein.

Eine Informationsveranstaltung des MS gemeinsam mit dem Nieders. Landkreistag zur Übertragung dieser Aufgabe fand gestern statt. In dieser Informationsveranstaltung wurden alle in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen, wie z. B. die Übergabe der laufenden Vorgänge erörtert

Zu 2.:

Im Zusammenhang mit der Übertragung von Aufgaben des Landes auf die Kommunen sind – wie Sie wissen - keine Vereinbarungen getroffen worden oder beabsichtigt, nach denen diese bestimmtes Personal des Landes übernehmen sollen. Vielmehr wurde mit den Kommunalen Spitzenverbänden in der bereits erwähnten Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Diekwisch eine Verständigung darüber erreicht, dass die Kommunen als Äquivalent zu den übertragenen Aufgaben und dem entsprechenden Kostenausgleich durch das Land etwa 100 Beschäftigte des Landes übernehmen sollen.

Das Land hat diesen Personalwechsel bisher mit der Regelung des § 9 Abs. 2 Haushaltsgesetz2004 unterstützt und beabsichtigt, dieses Anreizsystem nach der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2005 fortzuführen und darüber hinaus das mit den Kommunalen Spitzenverbänden verabredete zusätzliche Anreizsystem einzuführen. Um den Personalwechsel vom Land zu den Kommunen zu forcieren, wird das Innenministerium in Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2005 alle Gemeinden und Landkreise anschreiben und über diese Regelungen unterrichten.

Darüber hinaus sollen alle Kommunen des Landes Gelegenheit erhalten, ihre freien Stellen in die neu gestaltete Job-Börse einzustellen, um auf diesem Wege die Vermittlungschancen zu erhöhen.

Vereinbarungen zum Aufgabenübergang bedarf es nicht. Der Wechsel von Zuständigkeiten erfolgt unmittelbar aus den entsprechenden rechtlichen Regelungen. Die technische Abwicklung des Aufgabenübergangs, z. B. der Aktentransport, wird zwischen den abgebenden und den aufnehmenden Behörden geregelt.

Zu 3.:

Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal an ein Prinzip dieser Verwaltungsreform. Danach werden diejenigen Aufgaben, die nicht wegfallen, privatisiert oder auf die Kommunen oder Dritte übertragen werden können, grundsätzlich auf vorhandene Landesbehörden verlagert. Diese Aufgaben aufnehmenden Behörden sind dementsprechend der logische Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Wirtschaft. So verlagern wir einzelne Aufgaben aus den Gewerbeaufsichtsdezernaten der Bezirksregierungen und dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie in die vorhandenen Gewerbeaufsichtsämter. Diese sind künftig für zahlreiche wirtschaftsnahe Aufgaben der zentrale Ansprechpartner der Wirtschaft. Dieses entspricht seit langem dem Wunsch der Wirtschaftsverbände. Wir setzen es um. Und dies ist der Wirtschaft natürlich auch bekannt.

Zwei andere Beispiele: Die Aufgaben der Sozialdezernate der Bezirksregierungen werden künftig vom Landesamt für Soziales, Jugend und Familie wahrgenommen. Die Schulabteilungen der Bezirksregierungen gehen in der neuen Landesschulbehörde auf. In beiden Fällen sind die diese Aufgaben aufnehmenden Behörden der natürliche Ansprechpartner für die ihnen obliegenden Aufgaben.

Die Landesregierung wird die anstehenden Veränderungen den Bürgerinnen und Bürgern eben-so wie den Kommunen und der Wirtschaft gegenüber weiter bekannt machen. Hierzu ist ein Informationsblatt in Vorbereitung. Die Intranet- und die Internetseiten werden zurzeit verändert, um den ab dem 01.01.2005 aktuellen Stand abzubilden. Ich gehe davon aus, dass auch sämtliche Aufgaben aufnehmenden Behörden und damit auch die Kommunen die Öffentlichkeit entsprechend informieren werden.

Schließlich stehen für Auskünfte alle Ressorts und Behörden der Landesverwaltung zur Verfügung. Ab 01.01.2005 treten noch die vier Regierungsvertretungen mit ihrer regionalen Servicefunktion hinzu und werden im Bedarfsfalle mit Rat und Tat Unterstützungsdienste leisten. Sollte dies alles nicht reichen, werden wir notfalls auch eine Telefonhotline im Ministerium für Inneres und Sport einrichten. Ich denke allerdings nicht, dass es dazu kommt.

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