Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizeibehörden verbessern
Innenminister Schünemann und EU-Kommissar Vitorino setzen bei der Terrorismusbekämpfung auf Informationsaustausch
BRÜSSEL. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann und der EU-Kommissar für Inneres und Justiz, Antonio Vitorino, haben am Donnerstag in Brüssel den Informationsaustausch unter den Sicherheitsbehörden als Schlüsselproblem zur erfolgreichen Bekämpfung des Terrorismus bewertet. Beide stimmten darüber überein, dass der Erkenntnisaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei verbessert werden müsste. Schünemann wies in diesem Zusammenhang auf die niedersächsische Bundesratsinitiative zur Erstellung einer Anti-Terror-Datei hin. Vitorino bezeichnete diese Initiative als den richtigen Weg. Einig waren sich Schünemann und Vitorino auch darüber, dass bei der Bekämpfung des Terrorismus noch erhebliche Defizite ausgeräumt werden müssten. Dazu gehöre auch eine verbesserte Aufdeckung der Finanzströme und Finanzquellen der Terroristen. Außerdem sollte die Anerkennung von Beweisen in Terrorverfahren verbessert werden. Schünemann unterstrich, dass die Terrorismusbekämpfung keine nur Deutschland betreffende Aufgabe darstelle. Die Anti-Terror-Datei sei nur ein erster Schritt zur Verbesserung der Informationsauswertung auf europäischer Ebene, so der Minister.
Innenminister Schünemann überreichte Kommissar Vitorino ferner den Abschlussbericht zum niedersächsischen Projekt "VictAS" (Victim Assistance and Support). Schünemann sagte, die Regelungen zum Opferschutz seien in Europa trotz des bestehenden Rahmenbeschlusses noch recht unterschiedlich. "Es gibt aber in den einzelnen Nationen sehr gute Modelle zur Verbesserung des Opferschutzes", so der Minister. Der internationale Austausch von Erfahrungen sei sehr wichtig – dieser sei mit dem Projekt in jedem Fall gelungen.
Schünemann stellte gegenüber Vitorino heraus, dass aus seiner Sicht das Projekt sehr gut verlaufen sei. Verbesserungsbedarf sieht Schünemann jedoch insbesondere im Bereich der Zusammenarbeit von mit Opferfragen betroffenen Stellen sowie bei den Regelungen zur Information des Opfers über den Verlauf des Strafverfahrens.
Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und des Weißen Rings hatten die Polizeidirektionen Hannover und Braunschweig eine Sachstandserhebung zum Schutz von Verbrechensopfern erstellt und im Februar diesen Jahres eine internationale Konferenz mit Experten von Polizei, Justiz, Opferhilfeeinrichtungen und Wissenschaft aus 23 europäischen Nationen durchgeführt. Partner der niedersächsischen Polizei waren dabei das Justizministerium, die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen, die Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel, das Kriminologische Forschungsinstitut sowie eine Opferhilfeorganisation aus Litauen und Polizeieinheiten aus Irland, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden.
Die Teilnehmer der Konferenz hatten Handlungsempfehlungen entwickelt, die mit dem Abschlussbericht jetzt der EU-Kommission vorgelegt wurden.
EU-Kommission unterstützt Länder bei der Rückführung ausreispflichtiger Ausländer
Weiteres Thema im Gespräch mit Vitorino war die Rückführung ausreispflichtiger Ausländer. Schünemann sagte, von den Rückübernahmeabkommen, die die Europäische Union mit bestimmten Herkunftsstaaten abschließt, profitiere auch Niedersachsen. "Niedersächsische Rückführungsbemühungen sind derzeit jedoch nicht immer erfolgreich, weil in zahlreichen Fällen die Rückführung regelmäßig an der Haltung der Heimatländer scheitert", erklärte Schünemann. Die europäische Unterstützung sei jedoch wichtig, weil sich in Niedersachsen nach wie vor zahlreiche Personen aufhielten, die nach Ablehnung ihrer Asylanträge ausreisepflichtig seien und ihre Herkunftsstaaten zurückgeführt werden müssten.
In welcher Form der Abschluss von Rückübernahmeabkommen und die Durchführung gemeinsamer Rückführungsaktionen zu einer Verringerung der Zahl der illegalen Einwanderer und deren Aufenthaltsdauer beitragen können, war ebenfalls Inhalt des Gesprächs zwischen Schünemann und Vitorino. Es bestand Einigkeit darin, dass eine erfolgreiche Politik zur Rückkehr sich illegal aufhaltender Personen nur möglich ist, wenn mit den betreffenden Herkunfts- oder Transitländern wirkungsvoll zusammengearbeitet wird. Schünemann begrüßte deshalb ausdrücklich die Bestrebungen der EU-Kommission, auch mit der Türkei und Russland zum Abschluss von Rücküber-nahmeabkommen zu kommen.
Schünemann hob nach dem Gespräch mit Vitorino hervor, dass Niedersachsen ein besonderes Interesse an der Einbeziehung von Personen in die Rückübernahmeabkommen habe, die ihre Staatsangehörigkeit seit ihrer Einreise verloren oder aufgegeben hätten. Eine derartige Vereinbarung, die voraussichtlich Anfang nächsten Jahres in Kraft treten werde, sei mit Albanien getroffen worden.
Auch das Vorhaben der EU, zukünftig mehr gemeinsame Sammelflüge zu organisieren, wurde vom Innenminister grundsätzlich begrüßt. "Niedersachsen hat sich bislang an zwei international organisierten Rückführungsmaßnahmen beteiligt", erklärte er, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass diese Aktionen zurzeit noch mit einem relativ hohen Koordinierungs-, Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden seien. Effektiv und wirtschaftlich vertretbar sind europaweite Sammelflüge nach Auffassung von Schünemann aber erst, wenn erhebliche Verbesserungen im organisatorischen Bereich erreicht werden können.
Der Minister wies darauf hin, dass Niedersachsen seit Anfang 2003 die Möglichkeit nutze, sich per Internet über Sammelabschiebungen anderer Länder zu informieren und hieran teilzunehmen. Im Gegenzuge würden auch die von Niedersachsen organisierten Sammelabschiebungen in das Internet eingestellt und anderen Ländern die Möglichkeit gegeben, sich hieran zu beteiligen. "Diese Aktionen lassen sich ohne übermäßigen zeitlichen Vorlauf organisieren und sind sehr erfolgreich", sagte Schünemann abschließend.
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