Härtefallkommission
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.06.2004; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bachmann (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!
In einer Veranstaltung des niedersächsischen Bündnisses für ein Bleiberecht für langjährig in Niedersachsen lebende Flüchtlinge am 4. Juni 2004 in Hannover führte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die Parlamentarische Staatssekretärin Marie-Luise Beck, aus, dass im Rahmen des Kompromisses zu einem Zuwanderungs- und Integrationsgesetz des Bundes wohl weiterhin damit zu rechnen sei, dass für die Bundesländer die Option zur Einrichtung von Härtefallkommissionen geschaffen würde. Nachdem der Niedersächsische Landtag bereits am 21. November 2002 in einer Entschließung die Landesregierung aufgefordert hat, eine solche Option in Niedersachsen auch umzusetzen, ist festzustellen, dass andere Bundesländer dieses bereits vor In-Kraft-Treten einer bundesgesetzlichen Regelung praktizieren.
Ich frage daher die Landesregierung:
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In welchen Bundesländern wurden bereits Härtefallkommissionen und in welcher personellen Zusammensetzung eingerichtet?
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Unterstützt die Landesregierung beim Zustandekommen eines Zuwanderungsgesetzes eine derartige Gesetzesoption im Bundesrat?
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Ist sie bereit, einer Härtefallkommission entsprechende Kompetenzen einzuräumen und insbesondere Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Organisationen, wie Kirchen, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen etc., in eine derartige Kommission zu berufen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Es ist richtig, dass der Niedersächsische Landtag in seiner Sitzung am 21. November 2002 eine Entschließung gefasst hat, die unter anderem auch die Aufforderung enthielt, die Option der Einrichtung einer Härtefallkommission in Niedersachsen umzusetzen. Allerdings ist diese Entschließung ohne die Stimmen der CDU gefasst worden. Herr Abgeordneter Biallas hat sich in dieser Sitzung im Hinblick auf den bürokratischen Aufwand sehr kritisch zu einem solchen Gremium geäußert. Eine Umsetzung der damaligen Forderung war bereits deshalb nicht möglich, weil das Zuwanderungsgesetz, das diese Option vorsah, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Inzwischen ist im Rahmen des Kompromisses über das Zuwanderungsgesetz erneut beabsichtigt, eine Option zur Einrichtung von Härtefallkommissionen in den Ländern aufzunehmen. Sobald der endgültige Text der beabsichtigten Regelung vorliegt, wird geprüft, ob diese Option einen geeigneten Weg darstellt, um ohne unangemessen hohen Verwaltungsaufwand und ohne Eröffnung eines neuen Rechtsweges in einigen besonderen Härtefällen zu positiven Lösungen zu kommen. Die Organisationen, die die in der Anfrage angesprochene Anhörung zum Bleiberecht für langjährig in Niedersachsen lebende Flüchtlinge am 4. Juni 2004 in Hannover veranstaltet haben, sind allerdings ganz offensichtlich nicht der Auffassung, dass die beabsichtigte gesetzliche Regelung geeignet sein könnte, allen langjährig geduldeten Flüchtlingen einen dauerhaften rechtmäßigen Aufenthalt zu gewähren. Daher wird in den an die Presse verteilten schriftlichen Beiträgen zu dieser Anhörung auch durchgängig eine allgemeine Bleiberechtsregelung für diesen Personenkreis – flankierend oder alternativ zu der geplanten gesetzlichen Regelung – gefordert.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Es gibt bereits jetzt Härtefallkommissionen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Deren Empfehlungen haben jedoch im Rahmen des geltenden Ausländerrechts keine rechtliche Bedeutung, da es bisher an einem entsprechenden gesetzlichen Aufenthaltsgenehmigungstatbestand fehlt. Lediglich in den Fällen, in denen ohnehin ein Ermessensspielraum besteht, kann einer Empfehlung dieser Härtefallkommissionen gefolgt werden. Diese Einflussmöglichkeit besteht aber auch in den Ländern, die eine Härtefallkommission bislang nicht eingerichtet haben, über das Weisungsrecht im Rahmen der Fachaufsicht. Von den hier bestehenden Möglichkeiten wird selbstverständlich sowohl aufgrund von Empfehlungen des Petitionsausschusses als auch im Wege der Fachaufsicht Gebrauch gemacht.
Die genaue Zusammensetzung der in den genannten Ländern bereits bestehenden Härtefallkommissionen ist hier nicht bekannt. In alle Kommissionen sind neben Vertretern der jeweiligen obersten Landesbehörden auch Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen und der Interessenvertretungen von Migrantinnen und Migranten berufen worden.
Zu 2.:
Im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Zuwanderungsgesetz besteht für die Länder im Bundesrat entsprechend der Absprache in der Arbeitsgruppe nicht mehr die Möglichkeit, einzelne Vorschriften des Gesetzes zu unterstützen oder abzulehnen. Möglich ist vielmehr nur, dem Gesetzentwurf insgesamt zuzustimmen oder ihn abzulehnen.
Zu 3.:
Wie eingangs dargestellt, wird die Landesregierung vor einer Entscheidung über die Einrichtung einer Härtefallkommission den endgültigen Text des Gesetzes abwarten und ihre Entscheidung von einer eingehenden Überprüfung der rechtlichen und verwaltungsmäßigen Konsequenzen abhängig machen, die selbstverständlich auch den personellen Aufwand einschließt. Diese Prüfung wird sich zwangsläufig auch auf die Frage der Besetzung einer derartigen Kommission erstrecken.