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Statistische Landesämter Niedersachsen und Bremen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.06.2004; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jüttner und Leuschner (SPD)


Die Landesregierung von Niedersachsen und Bremen planen, die statistischen Landesämter von Bremen und Niedersachsen zu fusionieren. Es soll zum 1. Januar 2006 eine gemeinsame Anstalt mit Rechtsitz in Bremen gebildet werden. Nach Erklärungen aus Bremen soll innerhalb von zehn Jahren der Standort Hannover völlig aufgegeben werden. Nach Protesten aus der Belegschaft wird derzeit ein Modell mit 70 % der Arbeitskräften in Hannover und 30 % in Bremen auf Wirtschaftlichkeit geprüft. Das statistische Landesamt ist Teil eines Netzes von wissenschaftlichen und Forschungsinstitutionen, die ihrerseits der Verwaltung und der Politik zur Verfügung stehen. Auf seine Arbeit sind u. a. das Niedersächsische Institut für Wirtschaftswissenschaften, die volkswirtschaftliche Abteilung der NORD/LB und zahlreiche Ministerien angewiesen. Würde das statistische Landesamt nach Bremen transferiert, wären die unweigerlichen Folgen ein erheblicher Verlust von Know-how, eine Senkung der Qualität der empirischen Information über das Land und eine Erschwerung der Beratungs- und Analysetätigkeit der Statistiker.

Eine Garantie für den Standort Hannover wurde trotz ausdrücklicher Anforderung auf einer Sitzung der gemeinsamen Lenkungsgruppe "Opti-mierung der Zusammenarbeit der Statistischen Landesämter Bremen und Niedersachsen" am 3. Juni 2004 verweigert.

Das Statistische Landesamt Bremen hat derzeit 93 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das Niedersächsische Landesamt für Statistik hatte am 3. Juni 2004 insgesamt 483 Beschäftigte, und zwar u. a. 22 Zeitkräfte und 113 Teilzeitbeschäftigte. Der Frauenanteil liegt bei etwa zwei Drittel der Belegschaft.

Wir fragen die Landesregierung:

1.Warum wird ein Standort mit 483 Beschäftigten zugunsten eines Standortes mit nur 93 Beschäftigten aufgegeben und einem Kooperationsmodell die Absage erteilt?

2.Wie verträgt sich die geplante Fusion mit der Verlagerung des Dienstsitzes von Niedersachsen nach Bremen mit dem Ziel einer frauen- und familienfreundlichen Politik?

3.Wie viele Arbeitsplätze würden durch die Fusion und andere geplante Entscheidungen

- z. B. das Landesamt für Denkmalpflege nach Celle, die Landeszentrale für politische Bildung nach Hildesheim und die Schließung ganzer Institute und die Verlagerung von Studiengängen nach Hildesheim - in der Region Hannover verloren gehen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Angesichts der allgemeinen Haushaltslage verfolgt die Landesregierung das Ziel, in geeigneten Aufgabenfeldern Kosteneinsparungen durch eine länderübergreifende Zusammenarbeit zu realisieren. Möglich scheint dies auch und insbesondere im Bereich der Statistischen Landesämter Niedersachsen und Bremen, die seit Jahren einen intensiven Austausch auf Fachebene miteinander pflegen und zahlreiche Gemeinschaftsveröffentlichungen ins Werk gesetzt haben.

Es liegt auf der Hand, dass weit reichende Einsparungen vorzugsweise dann zu erwarten sind, wenn die beiden bisher selbstständigen Ämter in einer gemeinsamen Einrichtung zusammengefasst werden. In diesem Sinne äußert sich auch der Landesrechnungshof in seinem Bericht über die Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung des Landesamts für Statistik vom 19.12.2002. Er verweist dabei auch auf gemeinsame Erkenntnisse von 12 Landesrechnungshöfen und des Bundesrechnungshofes. Zusammenfassend erklärt der LRH in der genannten Prüfungsmitteilung: "Wir sehen – unbeschadet des damit verbundenen einmaligen Aufwands - die Wirtschaftlichkeit einer Zusammenlegung von statistischen Landesämtern als nachgewiesen an. Sie bietet die Möglichkeit zu strukturell wirksamen Entlastungen der Länderhaushalte. Darüber hinaus fördert sie in den ein gemeinsames Amt tragenden Ländern durch steigende Kostentransparenz das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Aufgabenkritik und wirkt so tendenziell weiter Kosten senkend".

Der Bremer Senat und die Niedersächsische Landesregierung sind daher übereingekommen ihre Statistischen Landesämter – vorbehaltlich der noch im Detail zu gestaltenden Wirtschaftlichkeit – in einer gemeinsamen Anstalt öffentlichen Rechts zu fusionieren. Sie folgen damit dem Beispiel der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, die bereits eine gemeinsame Anstalt gebildet haben. Mit der Wahl der gleichen Organisationsform wird auch die Option eröffnet, möglicherweise längerfristig eine gemeinsame Anstalt aller Norddeutschen Länder zu gründen.

Die vorbereitenden Arbeiten zu der Fusion werden gegenwärtig aus einer von den Ländern Bremen und Niedersachsen gemeinsam gebildeten Lenkungsgruppe heraus geleistet.

Eine länderübergreifende Zusammenarbeit – die bislang von allen Fraktionen des Landtages im Grundsatz für erstrebenswert angesehen wird – kann im Hinblick auch auf andere Aufgabenfelder nur gelingen, wenn kein Bundesland als "Verlierer" aus einer Kooperation hervorgeht. Da es sich in dieser Form und Größe um die erste von Bremen und Niedersachsen gemeinsam getragene Einrichtung handeln wird, haben die beteiligten Landesregierungen sich darüber verständigt, den Sitz der geplanten Anstalt in Bremen zu begründen. Aus diesem Grund sollen auch etwa 30 Prozent der statistischen Aufgaben einer künftigen länderübergreifenden Anstalt in Bremen, 70 Prozent mithin in Niedersachsen erledigt werden. Anders als von den Fragestellern behauptet, wird der Standort Hannover also keineswegs "aufgegeben".

Insbesondere wird es auch nicht zu der in der Anfrage unterstellten massenhaften Versetzung von Dienstposteninhabern aus Hannover nach Bremen kommen. Da der Personalbedarf der derzeit noch selbstständigen Landesämter in den nächsten Jahren – auch aufgrund der Fusion – absehbar sinken wird, kann die politische Vorgabe einer Aufgabenverteilung im Verhältnis 30 zu 70 personalwirtschaftlich aller Voraussicht nach im Rahmen der natürlichen Fluktuation oder durch Nichtverlängerung von Zeitverträgen umgesetzt werden. Lediglich im Einzelfall dürften sich, insbesondere auf der Leitungsebene, Versetzungen aus Hannover nach Bremen als unvermeidlich erweisen. Bei Beschäftigten, die Familienaufgaben wahrzunehmen haben, werden die berechtigten Interessen an einer Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit besonders berücksichtigt werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Zu 3.: Es besteht noch keine endgültige Übersicht über die nach Durchführung der Organisationsänderungen verbleibenden Arbeitsplätze. Allerdings werden auch nach Auflösung der Bezirksregierung unverzichtbare Aufgaben zum großen Teil auf in Hannover ansässige Einrichtungen (Gewerbeaufsichtsamt, NBank, LTS, Amt für Agrarstruktur/Katasteramt, Polizeidirektion usw.) verlagert, mithin gehen diese Arbeitsplätze der Region nicht verloren. Bezüglich der Fusion der Landesämter für Statistik in Bremen und Niedersachsen werden die Details derzeit in Projektgruppen erarbeitet.

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