Niedersachsen klar Logo

Verwaltungsmodernisierung

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 23.06.2004; TOP 25 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen


Anrede,

am 23. März hat das Kabinett die personalwirtschaftlichen Grundsätze zur Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung beschlossen.

Die Landesregierung hat damit frühzeitig entschieden, wie die konsequenten strukturellen Einschnitte in der Landesverwaltung im praktischen Personalmanagement umgesetzt und beschleunigt werden können.

Lassen Sie mich das an einen Beispiel verdeutlichen:

Allein durch die Auflösung der Bezirksregierungen werden rd. 1300 Stellen entbehrlich. Für diese gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen wir neue Aufgaben finden. Deshalb brauchen wir zwingend eine effizient arbeitende Job-Börse als interne "Vermittlungsagentur" – nur so können Neueinstellungen zur Deckung anerkannter Personalbedarfe verhindert und kompetentes Personal effizient genutzt werden.

Hinzu kommt, dass wir den Abbau der 6.743 Stellen innerhalb von fünf Jahren realisieren wollen. Wir reden nicht nur über eine Optimierung der Verwaltungsstrukturen und den notwendigen Personalabbau, wir setzen beides auch zügig um.

Sie weisen zutreffend darauf hin, das allein bei Nutzung der natürlichen Fluktuation der Personalabbau wahrscheinlich bis zum Jahr 2016 dauern würde.

Lassen Sie es mich deshalb ganz deutlich sagen: Wir können es uns schlicht weg nicht mehr leisten, so lange zu warten! Das ist nicht zu verantworten.

Deshalb hat das Kabinett am 23. März beschlossen, dass neben einer stringenten Konzentration von Fachpersonal auf Fachaufgaben und dem damit verbundenen Einsatz von Personal der All-gemeinen Verwaltung für alle rein administrativen Aufgabenfelder die Ressorts alternative Beschäftigungsgebiete für das der Job-Börse gemeldete Personal benennen sollen.

Hierzu gehören:

In der Polizeiverwaltung können Verwaltungstätigkeiten soweit es geht von Verwaltungspersonal übernommen werden. Soweit dies bis jetzt Vollzugsbeamte erledigen, können wir mit diesen den Exekutivdienst stärken.

Den Schulen werden z. B. im Rahmen des Projektes "Berufsbildende Schulen als regionale Kompetenzzentren" dienstrechtliche Befugnisse und haushaltswirtschaftliche Aufgaben zugeordnet. Diese können von Verwaltungsmitarbeitern erledigt werden.

Im Landesamt für Verfassungsschutz werden 20 Beschäftigte aus reformbetroffenen Behörden zur Verstärkung eingesetzt.

In der Versorgungsverwaltung wird erprobt, überzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Betreuung hilfsbedürftiger Menschen nach dem Betreuungsgesetz zu betrauen. Das Land kann dadurch erhebliche Mittel sparen.

Die Archivverwaltung wird vorübergehend mit überzähligem Personal verstärkt, um dort über Jahrzehnte angewachsene Rückstände abzuarbeiten.

Wir werden es interessierten Beschäftigten ermöglichen, sich für andere Aufgaben und Laufbahnen zu qualifizieren, um da, wo es Bedarf gibt, diesen durch interne Umschichtungen zu decken und damit Neueinstellungen zu vermeiden.

Dies sind selbstverständlich nur Beispiele, die kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen.

Aber auch wenn diese Möglichkeiten realistisch, für alle Seiten zumutbar und nützlich sind, werden wir unsere Ziele nur dann erreichen, wenn wir noch andere Wege in unsere Überlegungen einbeziehen.

§ 109 Abs. 2 unseres Beamtengesetzes bietet die Möglichkeit, Beamtinnen und Beamte in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen: Dies gilt jedoch nur, soweit das Aufgabengebiet von der Auflösung oder Umbildung betroffen, eine andere Verwendung nicht möglich ist und Planstellen eingespart werden.

Wir wollen – und dabei bleibe ich, allein aufgrund der gravierenden Einschnitte in das Leben der Beamtinnen und Beamten und deren Familien – nur als ultima ratio hiervon Gebrauch machen. Grundsätzlich soll dies nur bei Beamtinnen und Beamten, die mindestens das 55. Lebensjahr vollendet haben und hierzu aus eigenen Beweggründen bereit sind, möglich sein.

Ein Abweichen hinsichtlich der Altersgrenze soll nur dann möglich sein, wenn es aufgrund der Altersstruktur einzelner Verwaltungsbereiche insgesamt wirtschaftlicher wäre, die Grenze von 55 zu unterschreiten. Hierbei sollten allerdings nicht nur ökonomische Betrachtungen erfolgen, sondern nicht vergessen werden, dass wir damit auch ein hohes Maß an erworbener Kompetenz verlieren.

Allein um seriös einschätzen zu können, wie hoch das potentielle Interesse an einer Inanspruchnahme dieser Regelung in den Bezirksregierungen sein könnte, habe ich eine diesen Grundsätzen entsprechende unverbindliche Abfrage dort durchführen lassen.

Den verantwortlichen Ressorts obliegt es, unter Würdigung aller Rahmenbedingungen hinsichtlich der Weiterbeschäftigung der potentiellen Interessenten und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit ihres Geschäftsbereichs im Einzelfall zu entscheiden, ob hiervon Gebrauch gemacht werden soll oder nicht.

Die Grünen propagieren mit dem dritten Teil ihres Entschließungsantrags eine zwangsweise Reduzierung der Arbeitszeit unter die heutigen 40 Stunden pro Woche. Dies soll dann mit einer entsprechenden Reduzierung der Besoldung verknüpft werden.

Dieser Vorschlag ist nach geltendem niedersächsischen Recht nicht zulässig. Das haben die Grünen auch erkannt. Man solle deshalb, so schlagen sie vor, den einschlägigen § 80 NBG in diesem Punkte ändern.

Das werden wir aber nicht tun. Das von den Grünen Gewollte würde nämlich auf eine, nur bestimmte Bereiche der Landesverwaltung erfassende Zwangsteilzeit hinauslaufen. Die ist aber nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verfassungswidrig. Eine solche Regelung verstößt gegen das Gebot der vollen Hingabe an den Beruf und gegen das Alimentationsprinzip. Beide Aspekte zählen zu den durch Artikel 33 Absatz 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums.

Nun wird im Rahmen der Föderalismusreform auch über die Frage diskutiert, ob man den Artikel 33 Absatz 5 GG ändern sollte oder nicht. Es handelt sich um laufende Verhandlungen, in die – wie Sie wissen – weitere Aspekte einbezogen sind. Über den Sachstand ist am 27.05.2004 im Plenum diskutiert worden. Dem ist heute aus Anlass dieses Entschließungsantrags nichts hinzuzufügen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln