Nordhorn-Range
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.05.04; TOP 26 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion der SPD
Anrede,
die Nutzung der Nordhorn-Range durch die Luftwaffe ist hier im Landtag nicht nur Dauerthema, sondern die Eindämmung der hierdurch hervorgerufenen Belastungen ist auch Daueraufgabe für die Landesregierung.
Deshalb befasst sich die Landesregierung nicht erst aufgrund des Entschließungsantrages der SPD-Fraktion vom 18. Mai 2004 mit der Weiterentwicklung des Luft-/Bodenschießplatzes Nordhorn-Range. Zuletzt hatte sich Herr Staatssekretär Dr. Koller in dieser Angelegenheit an Herrn Staatsekretär Biederbick im Bundesministerium der Verteidigung gewandt, nachdem einer dpa-Meldung vom Februar 2004 zu entnehmen war, dass der Luft-/Bodenschießplatz Nordhorn-Range auch in den kommenden Jahren als Übungsgelände erhalten bleiben soll. In seinem Schreiben vom 07.04.2004 hat Herr Staatssekretär Dr. Koller auch noch einmal daran erinnert, dass sich bisher alle Niedersächsischen Landesregierungen für die Aufhebung des Bombenabwurfplatzes Nordhorn-Range eingesetzt haben und diese Zielsetzung auch weiterhin konsequent verfolgt wird.
Hierbei darf jedoch nicht verkannt werden, dass der Erhalt des Luft-/Bodenschießplatzes Nordhorn-Range als Übungsgelände Teil der im Februar 2002 durch den Deutschen Bundestag gebilligten Fortschreibung des Truppenübungsplatzkonzeptes ist. In dem Bewusstsein, dass derlei Entscheidungen der ausschließlichen Hoheit des Bundes unterliegen, wurde von hier versucht, den Bund dazu zu bewegen, nunmehr entsprechend seines Truppenübungsplatzkonzepts einen dritten Luft-/Bodenschießplatz in Wittstock / Brandenburg einzurichten. Ziel ist die Lärmbelästigung in den bisherigen Liegenschaften Nordhorn und Siegenburg / Bayern durch eine gleichmäßigere Lastenverteilung im Norden und Süden und dann auch im Osten zu mindern.
Die SPD sollte mehr an ihre eigenen Freunde in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern appellieren, die – allen voran deren Ministerpräsidenten Platzeck und Ringstorff – alles dafür tun, dass die Lasten ungleich verteilt bleiben und mit großem Getöse gegen das "Bombodrom Wittstock" schießen. Damit verschärft die SPD die Gesamtsituation in Niedersachsen. Oder die SPD könnte sich auch an ihren Genossen Dr. Struck wenden; die Landesregierung jedenfalls ist dafür nicht verantwortlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich muss Ihnen nicht näher erläutern, dass die Absicht des Bundes, dass "Bombodrom Wittstock" in das Konzept einzubeziehen, dort nicht gerade auf Gegenliebe stößt. Gegen die Nutzung in Wittstock sind daher auch mehrere Verwaltungsgerichtsklagen anhängig. Dem Bund wurde in diesem Zusammenhang jedoch von hier verdeutlicht, dass es aus Sicht des Landes Niedersachsen keinesfalls hinnehmbar sei, falls sich hierdurch die Zahl der Übungen in Nordhorn wieder erhöhen sollte. Das Bundesministerium der Verteidigung wurde deshalb von hier gebeten, alles nur Denkbare zu unternehmen, um die Nutzung der Liegenschaft Wittstock so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Antwort der Bundesregierung liegt mir seit einigen Tagen vor. Hierin wird bestätigt, dass die im Februar 2002 erfolgte Fortschreibung des Truppenübungsplatzkonzeptes ausdrücklich die Nutzung aller drei Luft-/Bodenschießplätze Nordhorn, Siegenburg und Wittstock unter Maßgabe der vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages erwarteten ausgewogenen Lastenteilung des noch in Deutschland verbleibenden Anteils der Luft-/Boden-Schießausbildung vorsieht. Der größte Teil der Ausbildung wird bereits jetzt im Ausland durchgeführt.
Der Bund hält den Truppenübungsplatz Wittstock unter Berücksichtigung der neuen verteidigungspolitischen Rahmenbedingungen aufgrund seiner optimalen Übungs- und Ausbildungsvoraussetzungen für unverzichtbar und will deshalb auch – falls erforderlich – alle gerichtlichen Instanzen zur Gewährleistung einer militärischen Nutzung des Platzes ausschöpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
das Bundesministerium der Verteidigung verweist in seiner Antwort allerdings auch darauf, dass die jährliche Gesamtnutzungsrate des Luft-/Bodenschießplatzes Nordhorn-Range seit 1996 kontinuierlich von ca. 2500 Einsätzen auf ca. 800 Einsätze reduziert worden ist, was nunmehr einer 50prozentigen Auslastung gegenüber dem geplanten Umfang entspräche. Wir werden deshalb auf die tatsächliche Nutzungsentwicklung auch weiterhin ein waches Auge haben.
Positiv werten wir bei dieser Diskussion die in der Vergangenheit getroffenen Maßnahmen des Bundes zur Entlastung der betroffenen Bevölkerung. Dazu gehören die Einstellung des Flugbetriebes während der Ferienzeit oder auch die Einrichtung einer Fluglärmkommission, in der auch das Land Niedersachsen durch die Bezirksregierung Weser-Ems vertreten ist. Letzteres hat sicherlich zur Verbesserung des Informationsaustausches der Beteiligten geführt. Hierdurch lässt sich vermutlich auch erklären, dass die Zahl der mit dem Flugbetrieb in Nordhorn zusammenhängenden bei der Luftwaffe eingegangenen Beschwerden in den letzten beiden Jahren auf durchschnittlich 77 gegenüber den Vorjahren, z.B. 171 im Jahr 2001, gesunken ist.
Auch haben wir zur Kenntnis genommen, dass bei der Überwachung des Flugbetriebs auf dem Schießplatz durch das mobile Überwachungsradarsystem Skyguard bei 265 registrierten und ausgewerteten Zielanflügen keine einzige Abweichung von den gültigen Verfahren festgestellt worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir haben derzeit folglich keinen Grund daran zu zweifeln, dass der Bund weiterhin dafür Sorge tragen wird, dass der Flugbetrieb mit strahlgetrieben Kampfflugzeugen nur in dem für die sachgerechte Ausbildung und Einsatzbereitschaft der Luftfahrtbesatzungen erforderlichen Umfang durchgeführt wird, damit die Belastung der Bevölkerung auf das unvermeidbare Maß begrenzt bleibt.
Unabhängig davon wird die Landesregierung jedoch weiterhin darauf drängen, dass eine überproportionale Belastung Niedersachsens nicht hinnehmbar ist, solange eine nach wie vor angestrebte Einstellung des Flugbetriebs in der Nordhorn-Range von der Bundes-regierung abgelehnt wird. Wir werden demzufolge die Entwicklung in dieser Angelegenheit, insbesondere auch der in Wittstock, im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger kritisch weiterverfolgen.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.