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Spezialeinsatzkommando

Sitzung des Niedersächsischen Landtag am 20.02.04; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Helmhold (GRÜNE)


Die Abgeordnete hatte gefragt:

Laut Pressebericht der Hannoverschen Allgemeinen vom 21. Januar 2004 hat das Spezialeinsatzkommando (SEK) in einem "spektakulären Einsatz" einen verwirrten, psychisch kranken Mann in der Ballhofstraße überwältigt. Der Mann wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Nach den in der Presse zitierten Äußerungen des behandelnden Arztes hatte der Betroffene ihm telefonisch von seiner Lebenskrise berichtet und diesen gebeten, bei ihm vorbeizukommen und zu helfen. Für den Fall, dass der Arzt die Polizei alarmieren würde, drohte der psychisch kranke Mann mit einer Schusswaffe. Gleichwohl informierte der Arzt die Polizei, die das SEK zum Ort des Geschehens schickte. Der Einsatz wurde durch Fotografen begleitet, die die Festnahme in großen Bildern, z. B. in der Hannoverschen Allgemeinen, ablichteten.

Ich frage die Landesregierung:

1.Welche Richtlinien und Erlasse schreiben den Einsatz des SEK in welchen Fällen vor?

2. Ist es üblich, einen Einsatz gegen einen seelisch Behinderten fotografisch begleiten zu lassen und dies zum Anlass zu nehmen, die effektive Arbeit des SEK für die Öffentlichkeit zu dokumentieren?

3. Welche Wirkung wird nach Ansicht der Landesregierung der "spektakuläre", in der Zeitung mit Bildern versehene Einsatz des SEK gegen einen psychisch Kranken für die Akzeptanz und Toleranz psychisch Kranker in der Öffentlichkeit haben?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Nach einem vorliegenden Bericht der Polizeidirektion Hannover wurde der in Rede stehende Einsatz dem Lagezentrum der Polizeidirektion Hannover am 20.01.2004 um 10.05 Uhr bekannt.

Demnach teilte ein Mitarbeiter für betreutes Wohnen einer Privatklinik mit, dass eine von dort betreute und namentlich bekannte männliche Person sich bei ihm telefonisch gemeldet habe. Die Person befände sich in einer psychischen Krise und habe mitgeteilt, dass sie im Besitz einer "scharfen" 9 mm – Schusswaffe sei. Für den Fall der Hinzuziehung der Polizei wolle sie diese auch einsetzen.

Zuständigkeitshalber wurde die Polizeiinspektion Mitte mit der Durchführung der notwendigen Maßnahmen beauftragt. Auf Grund der o.a. Sachlage war die Einbindung des SEK auch deswegen erforderlich, weil polizeilicherseits bekannt war, dass die namentlich benannte Person bereits zu einem früheren Zeitpunkt tatsächlich bewaffnet war. Insofern war von einem bewaffneten Gegenüber und somit von einem Einsatz mit erhöhtem Gefährdungspotential auszugehen. Dem Einsatz des SEK stimmte das Lagezentrum des Innenministeriums um 10.17 Uhr zu.

Eine Vorabinformation der Presse oder anderer Medien erfolgte seitens der Polizeidirektion Hannover nicht. Dennoch meldete der verantwortliche Einsatzleiter vor Ort um 11.14 Uhr, dass sich mehrere Medienvertreter vor Ort befänden. Eine von ihm selbst bei den Pressevertretern durchgeführte Nachfrage ergab, dass diese Hinweise auf den Einsatz aus der Bevölkerung erhalten hätten.

Um die Medienvertreter zu betreuen, sollte durch das Dezernat Öffentlichkeitsarbeit der PD Hannover eine Pressestelle vor Ort eingerichtet werden, hierzu wurde ein Team um 11.15 Uhr zum Einsatzort verlegt. Als dieses Team um 11.19 Uhr am Einsatzort eintraf, war der Zugriff durch das SEK bereits erfolgt und die Pressevertreter hatten sich entfernt.

Die veröffentlichen Fotos in den Zeitungen lassen den Eindruck einer unmittelbaren örtlichen Nähe der Fotografen zum Zugriffsort vermuten. Eine solche Nähe wurde durch die Einsatzkräfte jedoch nicht gewährt. Sämtliche Fotoreporter befanden sich zum Zeitpunkt des Zugriffs des SEK hinter der Absperrlinie.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Frage der Abg. Helmhold namens der Landesregierung wie folgt:

zu Frage Nr. 1:

Der Einsatz des Spezialeinsatzkommandos (SEK) richtet sich nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 21.06.1984 in der derzeit gültigen Fassung vom 09.09.1994.

Demnach kommt der Einsatz von Kräften des SEK nur dann in Frage, wenn es sich u.a. entweder um

• einen bewaffneten Einsatz gegen gewalttätige Terroristen,

• einen Einsatz bei schweren Kriminalfällen, die besonders geschulte Kräfte erfordern,

• um die Durchführung strafprozessualer Maßnahmen mit hohem Gefährdungsgrad und

• verdeckte Schutzmaßnahmen bei polizeilichen Sonderlagen handelt.

Zu den Aufgaben des SEK gehört die Bekämpfung schwerster Gewaltkriminalität. Es nimmt hierbei Aufgaben mit nicht unerheblichen Gefährdungsgrad wahr. Es ist besonders dann einzusetzen, wenn die Lage ein geschlossenes Vorgehen unter Anwendung unmittelbaren Zwanges gegen Gewalttäter erfordert. Der Einsatz des SEK Niedersachsen obliegt einem Zustimmungsvorbehalt des Lagezentrums des Ministeriums für Inneres und Sport. Die Zustimmung wurde erteilt, weil aufgrund der Sachlage von der Durchführung strafprozessualer Maßnahmen (Festnahme, Identitätsfeststellung, Sicherstellung/Beschlagnahme) unter hohem Gefährdungsgrad vor dem Hintergrund eines Anfangsverdachtes u.a. wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz auszugehen war. Die Person war nach eigenen Angaben im Besitz einer Schusswaffe. Darüber hinaus war polizeilicherseits bekannt, dass er zu einem früheren Zeitpunkt tatsächlich bewaffnet war.

zu Frage Nr. 2 und 3:

Es liegt weder im Interesse der Polizei noch im Interesse der Landesregierung, Einsätze des SEK "fotografisch" begleiten zu lassen. Es ist nicht im Interesse der Landesregierung, dass bei polizeilichen Einsatztaktiken Vorgehensweise und Einsatz öffentlichkeitswirksam darstellen zu lassen. Auf die Vorbemerkung wird hingewiesen. Die Landesregierung hat weder die Ursache für die Presseberichterstattung gesetzt, noch ist sie für die Inhalte der Veröffentlichungen verantwortlich.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

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