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Polizeieinsatz in Lüneburg

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 12.12.2003; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Meihsies (GRÜNE) Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Am 29. November 2003 fand in Lüneburg eine Kundgebung der rechtsextremen NPD statt. Parallel dazu waren mehrere Gegenkundgebungen angemeldet. Unter anderem hatte das Lüneburger Netzwerk gegen Rechts zu einer großen Veranstaltung im Stadtteil Kaltenmoor aufgerufen. Bereits dort wurde die Demonstration von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. In der Innenstadt, in der dann die eigentliche Kundge-bung nach dem Demonstrationszug vom Stadtteil Kaltenmoor bis ins Zentrum stattfand, wurden die Teilnehmer von zahlreichen Polizeikräften erwartet. Bereits während dieser Kundgebung wurden durch die Polizei sowohl Teilnehmer der Demonstration als auch unbetteilige Passanten am Verlassen der Innenstadt in östliche Richtung gehindert. Personen, die auf die Unrechtmäßigkeit der Absperrung hingewiesen und nach Namen der Polizeibeamten gefragt hatten, wurden daraufhin teilweise durchgelassen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Rechtsgrundlage hat die Polizei veranlasst, tausende Bürger über mehrere Stunden hinweg am Verlassen der Innenstadt in Richtung Osten zu hindern?

  2. Wie viele Polizeibeamte und BGS-Beamte waren im Einsatz, um die etwa 150 NPD-Mitglieder bzw. -Anhänger zu schützen, und welche Kosten sind durch diesen Einsatz entstanden?

  3. Wie viele Menschen wurden durch den Einsatz von Pfefferspray seitens der Polizei verletzt, und wie viele Verletze waren unbeteiligte Passanten?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Der NPD-Landesverband Niedersachsen hatte für den 29.11.2003 in Lüneburg eine öffentliche Versammlung mit Aufzug sowie Zwischen- und Hauptkundgebung zum Thema "Heimreise statt Einwanderung – deutsche Kinder braucht das Land" angemeldet, zu der ca. 300 Teilnehmer erwartet wurden.

Das von der Stadt Lüneburg ausgesprochene Versammlungsverbot wurde durch das Verwaltungsgericht Lüneburg unter Erteilung von Auflagen aufgehoben.

Um gegen die versammlungsrechtlichen Aktionen der NPD zu demonstrieren, waren Demonstrationen angemeldet worden, darunter eine Kundgebung des Lüneburger Netzwerkes gegen Rechts und eine Mahnwache der VVN/BdA – KV Lüneburg. Allein für den geplanten Aufzug wurde mit bis zu 1.500 Teilnehmern gerechnet. Bei einem vergleichbaren Einsatz ist es 1999 in Lüneburg zu Übergriffen der linken auf die rechte Szene gekommen.

Die Polizei hat nach Vorgaben des Grundgesetzes, des Niedersächsischen Gefahrenabwehr-gesetzes und des Versammlungsgesetzes die Öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und öffentliche Versammlungen zu ermöglichen.

Insoweit war es erforderlich, den grundgesetzlich geschützten Anspruch der NPD auf Demonstrationsfreiheit zu gewährleisten. Aufgrund der Erfahrungen und der polizeilichen Erkenntnisse über mögliche Störversuche wurden die im Osten der Innenstadt gelegenen Bereiche Bleckeder Landstraße, Dahlenburger Landstraße, Am Stintmarkt und Bahnhof zeitweise freigehalten und Personen ein Durchgangsverbot erteilt, um ein Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Gruppierungen und des NPD-Aufzuges zu verhindern. Ein solches Aufeinandertreffen hätte unaus-weichlich körperliche Auseinandersetzungen zur Folge gehabt.

An dem Aufzug der NPD nahmen ca. 150 Personen und an dem Gegenaufzug ca. 1.500 Personen teil.

Im Laufe des Tages kam es mehrfach zu Versuchen von Störern, die Kundgebungsorte bzw. den Marschweg der NPD im ostwärtigen Bereich der Stadt zu erreichen. Dies konnte durch o. a. polizeilichen Einsatzmaßnahmen unterbunden werden. Dabei wurden durch Steinwürfe und Fußtritte vier eingesetzte Polizeibeamte/-innen leicht verletzt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Einzelmaßnahmen der Abweisung bzw. Erteilung des Durchgangsverbotes erfolgten nach § 17 Abs. 1 NGefAG. Danach können Verwaltungsbehörden und die Polizei zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Die unter diese Regelung auch fallende Absperrung eines bestimmten örtlichen Bereiches war zeitlich auf die Dauer des Aufzuges und der Kundgebungen, die nach Maßgabe der Verfassung zu schützen waren, begrenzt. Dabei wurde selbstverständlich in Einzelfällen – z. B. beim Erfordernis, einen bestimmten Zug zu erreichen – entsprechende Ausnahmen ermöglicht.

Im Übrigen muss entschieden dem mit der Anfrage vermittelten Eindruck widersprochen werden, dass tausende Bürgerinnen und Bürger in der Innenstadt von Lüneburg festgehalten wurden. Das Verlassen des Innenstadtbereiches war vielmehr jederzeit möglich. Auch die östlich gelegenen Stadtbereiche konnten jederzeit erreicht werden; zwar nicht immer auf dem kürzesten Weg, jedoch über einen zumutbaren Umweg.

Zu 2.:

Am 29.11.2003 waren zur Durchführung der polizeilichen Maßnahmen etwa 2.180 Kräfte einge-setzt, davon 480 Kräfte des BGS und etwa 560 Einsatzkräfte von den Ländern Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern.

Eine Erhebung der Kosten für die niedersächsischen Einsatzkräfte erfolgt nicht. Für die unterstützenden Einsatzkräfte des Bundes und der Länder Brandenburg und Hessen sind die entstandenen einsatzbedingten Mehrkosten zu erstatten. Entsprechende Kostenbescheide liegen der Bezirksregierung Lüneburg bisher noch nicht vor. Eine Abrechnung wird erst im Jahr 2004 erwartet.

Zu 3.:

Im Rahmen der Einsatzmaßnahmen gegen Personengruppen, die polizeiliche Absperrungen mit Gewalt überwinden wollten, wurde eine Person durch den Einsatz von Pfefferspray leicht verletzt. Verletzungen von unbeteiligten Passanten sind nicht bekannt geworden.

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